Die Mannschaft des Deutschen Fußball Clubs Prag 1904. Foto: Wikimedia Commons 
Die Mannschaft des Deutschen Fußball Clubs Prag 1904. Foto: Wikimedia Commons 

Die Anfänge des Fußballs in Böhmen wurden auch von deutschen Teams geprägt. Dabei entstand sogar eine Verbandsauswahl, die international Spiele bestritt. 

Es herrscht hoher Betrieb im Team der Landesversammlung, das die Teilnahme an der diesjährigen EUROPEADA organisiert. Aktuell gilt es vor allem, die ersten Trainings zu organisieren und eine Mannschaft für das Turnier zu formen. Bereits Mitte März soll es damit losgehen. Für die deutsche Minderheit aus der Tschechischen Republik ist es das erste Mal, dass sie an der Fußballeuropameisterschaft der nationalen Minderheiten teilnimmt. 

Die lange Tradition des deutschen Fußballs in Böhmen 

Mit einem Team zur EUROPEADA zu reisen, ist sicherlich ein sportlicher Meilenstein für die deutsche Minderheit in der Tschechischen Republik seit 1989. Die Wurzeln des deutschen Fußballs in Böhmen reichen jedoch bis in die 1890er Jahre zurück. In Prag waren es vor allem die Ruderer des Clubs Regatta, des wahrscheinlich ältesten Sportvereins in Böhmen überhaupt, die sich zusehends dem Fußball widmeten. Gespielt wurde nach den sogenannten Assoziationsregeln. Dieses Regelwerk wurde 1863 vom ersten Fußballverband der Welt in England festgelegt mit dem Ziel, sich vom älteren Rugby-Sport abzugrenzen. In jenen Jahren hatte sich auch auf dem Schloss in Loučeň eine Fußballmannschaft aus Gärtnern und Bediensteten gebildet. Das Team suchte 1893 einen Gegner in Prag und fand die Ruderer der Regatta. Das auf der Kaiserinsel ausgetragene Match gilt bis heute als das erste Fußballspiel im Land. Die kickenden Ruderer sollten drei Jahre später den Deutschen Fußballclub Prag (DFC) gründen. Bereits 1983 gründeten sich mit Slavia und Sparta die heute größten Fußballvereine in Prag. Allerdings widmeten sie sich in den ersten Jahren vor allem dem Radfahren und der Athletik, bevor sie auch begannen, Fußball zu spielen. Daher gilt der DFC auch als der älteste dezidierte Fußballverein. 

Erste deutsche Fußballauswahl in Böhmen

In den Folgejahren setzte ein Boom ein und überall im Land entstanden neue Klubs. Dies machte recht bald die Gründung von Verbänden erforderlich, um so einen geordneten Spielbetrieb und einheitliche Regeln festzulegen. Um das Jahr 1900 gründete sich daher auch der Verband der Prager Deutschen Fußball-Vereine, dem der DFC zunächst fernblieb. Stattdessen beteiligte sich der Club an der Gründung des Deutschen Fußballbundes (DFB) in Leipzig. Mit der Gründung der FIFA legte man jedoch fest, dass Fußballclubs Verbände nur im eigenen Land betreten durften. Mit der Gründung des Österreichischen Fußballverbands musste der DFC daher aus dem DFB wieder austreten. Auch der Verband der Prager Deutschen Fußball-Vereine verlor in dieser Zeit zunehmend an Bedeutung und löste sich letztlich auf. Allerdings verfügten sie während ihrer kurzen Existenz über eine Auswahlmannschaft, die auch zu einigen Spielen antrat. An Ostern 1901 maß man sich mit einer Mannschaft aus Leipzig. Das Prager Team setzte sich aus Spielern unterschiedlicher Vereine zusammen, unterlag schlussendlich den Leipzigern aber mit 0:4. Ohne Torerfolg blieb auch der Prager Stürmer Udo Steinberg, der ein Jahr später für den FC Barcelona auflief. Im allerersten Duell gegen Real Madrid, dem bis heute legendären Clasico, schoss er die ersten beiden Tore. 

Portrait von Udo Steinberg 1902. Foto: Wikimedia Commons

Die EUROPEADA ist die Fußball-Europameisterschaft der autochthonen nationalen Minderheiten in Europa. Das Turnier ist ein großes Sportereignis mit mehr als 1000 Teilnehmenden. 2008 wurde die EUROPEADA von der FUEN gegründet und wird alle vier Jahre gemeinsam mit lokalen Veranstaltern organisiert. Neben den Fußballspielen steht auch der kulturelle Austausch zwischen den Minderheiten im Mittelpunkt der Veranstaltung. In diesem Jahr findet die Veranstaltung in Nord- und Südschleswig statt. Insgesamt haben sich 27 Herren- und 9 Frauenteams angemeldet. 

Dieser beitrag erschien zuerst in der landesecho-ausgabe 3/2024

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