Im Verlag Tschirner & Kosová erschien am 11. März eine Neuausgabe des Egerländer Kochbuchs von Erna und Heinz Lorenz. Neben deftigen und süßen Rezepten finden sich darin Anekdoten, Verse und mehr über das Egerländer Brauchtum.
Vor fast genau einem Jahr klingelte bei Familie Lorenz in der Oberpfalz das Telefon. Als Karin Lorenz den Hörer abnahm, muss die Überraschung groß gewesen sein. Am anderen Ende der Leitung meldete sich Jürgen Tschirner aus Leipzig und stellte sich als Verleger vor. Er wolle gerne das Kochbuch von Erna und Heinz Lorenz, Karin Lorenz` Eltern, neu herausgeben. Das Büchlein mit dem Titel „Altbewährte, schmackhafte Leibgerichte und Brauchtum aus dem Egerland“ habe er in einem Antiquariat entdeckt und es wäre doch schade, wenn die vielen Rezepte, ergänzt durch humoristische Texte und Gedichte zum Egerländer Brauchtum, in Vergessenheit gerieten. Familie Lorenz war begeistert.
Die Zeit, als Jürgen Tschirner Kontakt zur Familie Lorenz aufnahm, war eine des Abschiednehmens. Heinz Lorenz war vor Kurzem im Alter von knapp 92 Jahren verstorben. Seine Frau Erna starb im September vergangenen Jahres, hochbetagt mit 93 Jahren. Und so konnten die beiden Autoren leider nicht mehr miterleben, wie ihr Kochbuch, das sie vor zwölf Jahren zusammenstellten, nun neu aufgelegt wurde. Erna Lorenz sei aber durch Erzählungen und Berichte der Familie noch in die Entstehung des neuen Buchs involviert gewesen, schreibt Karin Lorenz im Vorwort von „Wahre Schätze aus der Egerländer Küche“, das am 11. März im Verlag Tschirner & Kosová erschienen ist.
Alles fing im Egerland an
Die Geschichte von Heinz und Erna Lorenz (beide Jahrgang 1930) begann im Egerland, genauer gesagt in Falkenau (Sokolov). Dort wuchsen sie auf, gingen aber zunächst getrennte Wege. Das Kriegsende bedeutete für beide einen jähen Einschnitt. Erna konnte ihre Ausbildung zur Volksschullehrerin nicht beenden und auch Heinz konnte die Wirtschaftsoberschule in Eger (Cheb) nicht abschließen. Beide Familien blieben aber zunächst von der Vertreibung verschont. Da sie sich jedoch weigerten, die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft anzunehmen, erfolgte zwischen 1946 und 1948 schließlich doch die Aussiedlung nach Bayern. Dort, in der Oberpfalz, lernten sich Erna und Heinz kennen. 1955 heirateten sie und blieben bis zum Tod von Heinz im Jahr 2022 ein Paar.
Fortan führten sie ein beschauliches Leben, Heinz übernahm in den 1960er Jahren das kleine Lebensmittelgeschäft seines Vaters und baute es kontinuierlich weiter aus. Später betrieb er den ersten „Schnellkaufladen“ in der Region. Erna war seit der Geburt von Tochter Cornelia 1956 als Hausfrau aktiv. 1965 kam mit Karin ihre zweite Tochter zur Welt. Erna kochte und buk mit Leidenschaft und blieb der Egerländer Küche Zeit ihres Lebens eng verbunden.
Erste Version des Kochbuchs mit Preis ausgezeichnet
Zur ersten Version des ursprünglichen Kochbuchs kam es, als Erna und Heinz schon längst ihren Ruhestand genossen. Das Paar blieb weiterhin sehr aktiv, ging gerne wandern und machte Ausflüge in die Umgebung, auch in ihre ehemalige Heimat. Ein besonderer Schwung kam in ihr Leben, als sich Heinz in einem Instrumentenbaukurs ein „Bassettl“ baute und darauf spielen lernte. Bald fand er auch einen geeigneten Partner mit ausdrucksvoller Stimme, den er begleiten konnte. Das Jaga Duo „Pius & Heinz“ war geboren. Gemeinsam mit den Ehefrauen war das Duo gerngesehener Gast auf Musiktagen und Festen. Sie spielten böhmische und Egerländer Lieder, Heinz sorgte für humorvolle Einlagen mit lustigen Versen und Geschichten. Erna trug mit ihrem Talent zum Kochen und Backen oft zum leiblichen Wohl solcher Veranstaltungen bei. Gerne begrüßten sie auch Gäste in ihrem eigenen Zuhause und bewirteten diese mit Köstlichkeiten aus der Heimat.
„Die Rezepte wie auch die Sprüche existierten dabei zumeist in ihren Köpfen. Verstreut gab es kleine Notizen und auch alte Quellen von Familienrezepten, doch zusammengetragen war das Wenigste. Beim Kochen brauchte meine Mutter auch kaum ein Rezept. Sie verließ sich intuitiv auf ihr Gespür, wann der Teig richtig war oder die Gewürzmengen stimmig. Das Ergebnis schmeckte meist fantastisch“, schreibt Karin Lorenz. Irgendwann kam die Idee, alles einmal aufzuschreiben und zusammenzutragen. Für viele Speisen drehte Erna mehrere Kochrunden und hielt die genaue Menge an Zutaten fest. Heinz schrieb die Rezepte fein säuberlich nieder, ordnete sie und fügte lustige Sprüche sowie Gedichte zum Egerländer Brauchtum hinzu, vieles in der Egerländer Mundart. So entstand ein erstes Büchlein, das per Kopierer vervielfältigt wurde und einen kleinen, interessierten Leserkreis fand. Besonders freuten sich Erna und Heinz, als sie für ihr Werk mit dem Bayerischen Landespreis für ältere Menschen ausgezeichnet wurden.
Nichts für Veganer und Asketen
Nun ist das Buch im Verlag Tschirner & Kosová in einer neuen Ausgabe als Hardcover erschienen, mit sowohl neuem Titel als auch Titelbild. „Wir haben aus dem handgeschriebenen Büchlein ein richtiges Kochbuch gemacht, das es auch in die Regale von Thalia, Hugendubel und Co. schaffen soll“, beschreibt Jürgen Tschirner seine Ambitionen.
Die Rezepte aus der ursprünglichen Version sind beibehalten worden. Von Suppen, Soßen, Salaten über Fleisch- und Fischgerichte, Knödeln und Süßspeisen dürfte kaum ein kulinarischer Wunsch offenbleiben. Mit einer Einschränkung: „Für Asketen oder Veganer ist das Kochbuch wohl eher nichts“, muss Tschirner schmunzelnd zugeben und empfiehlt, nach dem – im Falle der meisten Gerichte – deftigen Genuss vielleicht einen Spaziergang zu machen.
Das Buch ist schlussendlich nicht nur eine Rezeptsammlung, sondern auch ein kulturelles Dokument, das durch seine Geschichten und Anekdoten ein lebendiges Bild der Egerländer Kultur zeichnet. Die liebevollen Illustrationen (von Kateřina Tschirner-Kosová) und Fotografien (aus dem Egerland-Museum Marktredwitz) tragen dazu bei, die Küche des Egerlands auch visuell erlebbar zu machen.
Wahre Schätze aus der Egerländer Küche – Rezepte, Brauchtum & Verse. Erna & Heinz Lorenz, 184 Seiten, Hardcover mit Leinenbezug, ISBN: 978-3-9825526-3-7. Preis: 35 EUR. Erhältlich im Buchhandel oder über den Verlag Tschirner & Kosová.
Dieser beitrag erschien zuerst in der landesecho-ausgabe 3/2024
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