Fotogalerie: Zum 50. Jahrestags der Selbstverbrennung des Studenten Jan Palach auf dem Prager Wenzelsplatz gedachten die Tschechen nicht nur dessen Tat am 16. Januar 1969, sondern auch der jüngsten Geschichte ihres Landes.
Jan Palach protestierte vor 50 Jahren – fünf Monate nach der Niederschlagung des Prager Frühlings und des Einmarschs sowjetischer Truppen in die Tschechoslowakei 1968 – gegen staatliche Repressionen und politischen Stillstand. Am Nachmittag des 16. Januar 1969 verbrannte er sich mitten auf dem Prager Wenzelsplatz. In Flammen stehend, lief er noch vom Nationalmuseum über den Platz. In der Manteltasche lag ein Brief, in dem er sein Handeln als bewusst gewählt und richtig erklärt, aber auch anderen Anhängern der regimekritischen Studentenbewegung von Nachahmung abrät.
Erst drei Tage später erlag Palach im Krankenhaus seinen schweren Verbrennungen. In Gesprächen mit Ärzten und der Staatssicherheit blieb er dabei, auch unter Schmerzen: Er bereue nichts. Auf seinen Tod folgten Massendemonstrationen und Trauerzüge mit zehntausenden Anhängern.
„Das sind wir Palach noch schuldig:
Rüsten wir uns!“
Die liebe, gesellschaftliche Ruhe, die die kommunistische Führung der Tschechoslowakei nach der Niederschlagung des Prager Frühlings fünf Monate früher wieder hergestellt haben wollte, ist damit wieder vorbei. Auch wenn Palachs Tod die Politik nicht sofort veränderte.
Wohl bis 1989: Denn 20 Jahre später erinnerte die erste Palach-Woche in Tschechien an den selbstgewählten Flammentod des jungen Studenten. Gedenken und Kundgebungen werden jedoch teils gewalttätig von der Polizei eingeschränkt. Die Ereignisse gelten bis heute als Vorspiel zur Samtenen Revolution im folgenden Herbst.
Jan Palach ist für viele Tschechen ein Held, eine Art Märtyrer. Natürlich ist diese Erhebung seiner Person nicht unumstritten. Erst recht in Zeiten der immer tiefer gehenden Spaltung zwischen Populisten und Demokraten im Land.
„Blumen des strafrechtlich
verfolgten
Verräters,
StB-Zuträgers,
eines Prominenten
des kommunistischen
Regimes, Lügners,
Mafiosi und Premiers
Tschechiens, Andrej Babiš.“
Dennoch: Diese Woche gedenkt Tschechien unter dem Motto „Jan Palach – unser Gewissen“ (Jan Palach – naše svědomí) sowohl Palachs Selbstverbrennung 1969 als auch der Palach-Woche 1989. Zum 50. Jahrestag kamen zahlreiche Menschen, um an der Stelle der Selbstverbrennung vor dem Nationalmuseum am Prager Wenzelsplatz Kerzen anzuzünden, zu singen, zu erinnern. Und so in stillem Gedenken zum Altstädter Ring zu ziehen. Aufgerufen hatte dazu unter anderem die tschechische pro-demokratische Bewegung „Eine Million Momente für Demokratie“ (Milion chvílek pro demokraci).
Und natürlich mischte sich auch das Palach-Gedenken 2019 wieder mit Kritik an der aktuellen Regierung unter Präsident Miloš Zeman und Premier Andrej Babiš. Letzterem wird hier vor allem immer wieder seine mutmaßliche einstige Tätigkeit für die tschechoslowakische Staatssicherheit (StB) vorgeworfen: „Blumen von StB-Mitarbeitern und Normaliierungs-Kommunisten wollen wir hier nicht!“.
„Palachs Vermächtnis ist auch heute noch aktuell!“
Das politisch-historische Gedenkjahr 1989-2019 – 30 Jahre Samtene Revolution – ist damit eröffnet.
In den nächsten Tagen finden noch unterschiedliche Veranstaltung zum 50. Jahrestag der Selbstverbrennung Jan Palachs statt, zum Beispiel:
Film „Jan Palach“ von Robert Sedláček,
Samstag, 19.01.2019, 19:30 Uhr
Kino Pilotů, Donská 168/19, Prag
Palach-Ausstellung des Ústav pro studium totalitních režimů (Amt für das Studium totalitärer Staaten)
bis 30.01.2019,
Wenzelsplatz, Prag
Palach-Woche der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität
Das gesamte Programm finden Sie hier!
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