Im Berliner Gefängnis Plötzensee wurden während des Zweiten Weltkriegs 671 tschechoslowakische Widerstandskämpfer ermordet. Eine Ausstellung im Goethe-Institut Prag erzählt ihre Geschichte.

Von Februar bis Ende April erinnert eine Ausstellung im Goethe-Institut in Prag an die tschechischen Opfer von Plötzensee. Auf 23 Informationstafeln erfahren Besucher mehr über ausgewählte Persönlichkeiten, die im Berliner Strafgefängnis Plötzensee von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Die Ausstellung informiert auch über den historischen Kontext und den Widerstand in den besetzten Gebieten Tschechiens. Organisiert wurde sie von der Gedenkstätte Deutscher Widerstand und dem tschechischen Archiv der Sicherheitskräfte (Archiv Bezpečnostních Složek).

Erinnern, nicht vergessen

Vor einem voll besetzen Saal eröffnete Anaϊs Boelicke, die Leiterin des Goethe-Instituts, am Dienstagabend die Ausstellung. Sie betonte die Bedeutung der Ausstellung, die im Rahmen des diesjährigen Jahresthemas des Goethe-Instituts „Erinnern“ stattfindet. „Wir sind sehr dankbar, dass wir diesen Schwerpunkt mit dieser Ausstellung eröffnen können”, sagte sie und übergab das Wort an den deutschen Botschafter, Andreas Künne. Er würdigte unter anderem die mutigen Taten der Opfer, deren Schicksal in der Vergangenheit zu wenig Beachtung gefunden habe. „Ich finde, dass ein besonderes Verdienst dieser Ausstellung ist, dass sie den Opfern ein Gesicht gibt, dass sie sie herausholt aus diesen anonymen, abstrakten Zahlen“, unterstrich Künne. Die Ausstellung im Goethe-Institut steht unter seiner Schirmherrschaft.

Von links nach rechts: der Deutsche Botschafter Andreas Künne, die Institutsleitung Anaϊs Boelicke und der Grant der Ausstellung Jan Boris Uhlíř.
Von links nach rechts: der Deutsche Botschafter Andreas Künne, die Institutsleitung Anaϊs Boelicke und der Grant der Ausstellung Jan Boris Uhlíř. Credit: Petr Machan/Goethe-Institut

Der Widerstand bekommt ein Gesicht

Das Gefängnis Plötzensee in Berlin war während der Zeit des Nationalsozialismus Schauplatz der Ermordung tausender Menschen, die sich gegen das Regime auflehnten – darunter 671 Menschen aus der Tschechoslowakei. Unter ihnen Irena Bernášková: „Sie ist die erste Frau, die im ehemaligen Dritten Reich für den Widerstand gegen Nationalsozialismus hingerichtet wurde. Das war im August 1942“, erklärt Jan Boris Uhlíř, der Kurator der Ausstellung. In drei verschiedenen Räumen erfahren die Besucher mehr über ihr Schicksal und das vieler anderer, die wegen ihres Kampfes für die Demokratie ermordet wurden. Irena Bernášková war Redakteurin und Herausgeberin der illegalen Zeitschrift „V boj“ („In den Kampf“), der wichtigsten Zeitschrift des Widerstands in der nationalsozialistisch besetzten Tschechoslowakei. Nach ihrer Verhaftung übernahm sie die gesamte Schuld und bewahrte so ihre Mitangeklagten vor der Todesstrafe. „Das ist für mich eine Persönlichkeit, die meiner Meinung nach jeder tschechische Schüler kennen muss“, betont Jan Boris Uhlíř.

Auf den Informationstafeln der Ausstellung bekommen die ermordeten Oper ein Gesicht – auch Irina Bernášková.
Auf den Informationstafeln der Ausstellung bekommen die ermordeten Oper ein Gesicht – auch Irena Bernášková. Credit: Petr Machan/Goethe-Institut

Daneben bekommen viele andere Widerstandskämpfer in der Ausstellung ein Gesicht. Zu ihnen gehört auch der Modelltischler und Sokol-Mitglied František Hánek. Ein Brief, den er einen Monat vor seiner Ermordung an seine Familie schickte, ist in der Ausstellung zu sehen. Er wurde vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und in den sogenannten „Blutnächten“ am 8. September 1943 erhängt.

Begleitendes Programm

Die Ausstellung „Die tschechischen Opfer von Plötzensee“ war zuvor in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin und im tschechischen Abgeordnetenhaus zu sehen. Im Goethe-Institut sind die Informationstafeln erstmals in deutscher und tschechischer Sprache zu sehen. Neben der Ausstellung bietet das Goethe-Institut ein reichhaltiges Begleitprogramm, das Filmvorführungen, Diskussionen und spezielle Veranstaltungen für Schulklassen umfasst.

Mehr Informationen auf der Website des Goethe-Instituts Prag.

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