Die Hexe aus Braunseifen. Zeichnung;: Jiří Bernard

Sagen sind ein Teil unserer Heimat. Sie überliefern altes Kulturgut und sind somit Erbe unserer Vorfahren, das wir bewahren möchten. Einige Regionen und ihre Sagenwelten haben wir in den vergangenen Jahren schon bereist. Heute nehmen wir Sie ein weiteres Mal mit ins Altvatergebirge.

Das verzauberte Schloss bei Hangenstein

Am rechten Ufer des Hangensteiner Baches, unweit von den Reschener Wasserfällen (Rešovské vodopády), befinden sich noch Reste des Schlosses, das angeblich Sidonia Heidenreich gehörte. Sidonia war die Tochter eines Tiroler Grafen, die ihr Vater wegen eines unerlaubten Verhältnisses mit einem Diener vertrieben hat.

Der Vater hat ihr dann einen Teil des Rabensteiner Grundbesitzes gekauft und dort ein Schloss erbaut. Sidonia hat den Hangensteiner Katholiken eine Kirche aufbauen lassen. Am Eingang in die Kirche wollte sie beerdigt werden, damit jede fromme Person auf sie, die „Unwürdige“, treten kann.

Unter der Kanzel ist noch ein Relief erhalten geblieben: 23. Oktober 1572 – das ist der Sterbetag der Edelfrau Sidonia Heidenreich. Die volkstümliche Fantasie besagt, dass in den Trümmern enorme Schätze vergraben sind, bei denen Geister sorgsam verzauberte Prinzen und Prinzessinnen bewahren.

Die Hexe aus Braunseifen

An die Zeit der Hexen knüpft sich die folgende Sage an, die noch heute in Braunseifen bekannt ist: In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts lebte in Braunseifen (Rýžoviště) eine alte Frau namens Barbara. Sie hatte ein großes, schönes Haus am Stadtplatz und galt in der Stadt als Hexe. Die Bewohner haben ihr alles Böse zugerechnet, und als sie hörten, dass sie gestorben ist, haben sie dies mit Erleichterung empfangen. Erst nun haben sie sich jedoch überzeugt, dass sie tatsächlich und wirklich eine Zauberin war, denn während für sie in der Kirche Trauerlieder gesungen wurden, stand sie auf dem Dachfirst ihres Hauses und sang mit.

Sie haben sie auf den Friedhof beerdigt, aber sie stieg jede Nacht aus ihrem Grab und machte sich lustig über ihre ehemaligen Nachbarn. Es ging so weit, dass sie ihre Leiche ausgraben mussten und sie auf einer nicht eingeweihten Stelle in der offenen Landschaft beerdigten, an der Grenze zwischen Arnsdorf und dem Dittersdorfer Wald, dort, wo der alte Weg aus Braunseifen nach Dittersdorf die Ecke des Waldes abschert.

Aber ihr wurde nicht einmal dort die Ruhe vergönnt. Ein Bürger aus Braunseifen namens Pilhatsch ging einmal abends betrunken an ihrem Haus vorbei und rief: „Barber, Barber.“ Da hat es auf dem Dachfirst ihres Hauses aufgeschrien: „Pilhatsch, Trilatsch“, und schon stürmte die Hexe gegen den erschrockenen Bürger, der schnell in sein Haus lief und sich nur damit rettete, dass er sich fromm bekreuzigte. Noch heute ist zu erkennen, wie in der Umgebung ihres Grabes Wäsche, Fezen und Ähnliches liegen. Dann sagen die Leute: „Barbara hängt die Wäsche auf“, und halten dies für ein Anzeichen bevorstehenden schlechten Wetters.

Der Altarstein in Friedrichsdorf

Auf einem Feld in Friedrichsdorf (Bedřichov) erhebt sich ein Felsen – der Altarstein. Zur Zeit der Raubritter führte von hier ein unterirdischer Gang zur Burg Rabenstein. Der Gang war so geräumig, dass durch ihn ein Ritter auf einem Pferd reiten und sogar das Burgfräulein in einer Kutsche, gezogen von zwei Pferdepaaren, hindurchfahren konnte. Am Ausgang haben die Rabensteiner Ritter am Altarstein ein gläsernes Haus gebaut. Hier hielten sie Wache, um jede Gelegenheit zum Überfall auf Passanten oder auf am Feld arbeitende Personen zu nutzen. Wenn sie eine Falle stellten, entwendeten sie dem Unglücklichen alles, was er besaß, und jagten ihn in die Burg. Sie ließen ihn im Verlies verhungern, denn sie kannten kein Erbarmen. Da sandte der Kaiser seine treuen Ritter, die die Burg zerstörten, und die Raubritter mussten ihre Schuld mit dem Tod verbüßen.

Nur einer ist entkommen, der jedoch eine hochwertige, herrliche Kette aus allerfeinstem Gold besaß. Um sie seinen Verfolgern nicht aushändigen zu müssen, vergrub er die Kette an einem unbekannten Ort auf dem Feld in der Nähe des Altarsteins. Diesen Schatz des Raubritters bemühten sich im Laufe der Zeit viele Leute auszugraben, aber erfolglos. Eine weise Frau, die die Zukunft kannte, prophezeite: „Dem wird die goldene Kette gehören, der einmal auf dem Feld mit einem Pflug, gezogen von zwei schneeweißen Pferden, ackern wird.“ So wartet noch heute der kostbare Schatz im Schoß der Erde auf einen glücklichen Ackermann.

Quelle: Römerstädter Sagen
Zusammengetragen von Irene Kunc

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