Die Führungskräfte der deutschen Minderheit kamen zu einem Seminar im schlesischen Teschen zusammen. Vor der Fronleichnamskirche im Dorf Gutty versammelten sich alle Teilnehmer für ein Gruppenfoto. Foto: Richard Šulko
Die Führungskräfte der deutschen Minderheit kamen zu einem Seminar im schlesischen Teschen zusammen. Vor der Fronleichnamskirche im Dorf Gutty versammelten sich alle Teilnehmer für ein Gruppenfoto. Foto: Richard Šulko

Die Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik lud im Juni wieder zu einem Seminar für die Führungskräfte der deutschen Minderheit ein. Diesmal ging es ins schlesische Tschechisch-Teschen (Český Těšín)

Das diesjährige Führungskräfteseminar in Teschen nahe der polnischen Grenze vom 7. bis 9. Juni diente nicht nur zur Vertiefung des Umgangs mit Anträgen und Abrechnungen, sondern auch zum Kennenlernen der Orte,  an denen die deutsche Minderheit aktiv ist. 

Die Anfahrt der meisten Teilnehmer ins Hotel Piast gegenüber vom Bahnhof war angenehm kurz, aber aus dem Egerland dauerte die Anreise am Freitagnachmittag über acht Stunden. Es lohnte sich aber, die lange Fahrt auf sich zu nehmen, weil bei dem Seminar wichtige Fragen zur Antragstellung und Projektabrechnung behandelt wurden und ein Erfahrungsaustausch zwischen den einzelnen Antragstellern wichtig ist. Am späten Freitagnachmittag startete das Seminar mit der Begrüßung der Vorsitzenden des örtlichen Verbandes, Hana Slížová, die gemeinsam mit ihrem Mann Mirek die Begegnung organisierte. Martin Herbert Dzingel, Präsident der Landesversammlung, stellte anschließend das Programm vor und erklärte den Teilnehmern mit Unterstützung des ifa-Kulturmanagers Ilyas Zivana die einzelnen Excel-Tabellen. Während des Abendessens folgte eine breite Diskussion.

Heimatland Schlesien

Da das Hotelrestaurant einen indischen Koch engagiert hat, konnten die Seminarteilnehmer die indische Küche probieren. Man isst in dieser Region nicht sehr oft diese Speisen, aber es schmeckte gut und weil unter dem Kesselchen mit dem Essen eine Kerze brannte, blieb es warm. Einige nahmen nach dem Essen an einem Spaziergang durch den polnischen Stadtteil teil. Samstags wird bei diesen Seminaren immer ein bestimmtes Thema behandelt. Diesmal lautete das Thema: „Die deutsche Minderheit in Teschner Schlesien – Schlesien, mein Heimatland“. Nach dem indischen Mittagessen folgte eine Exkursion durch die Stadt. Das erste Ziel war das Gemeindezentrum „Christlicher Chorus“ in Teschen. Dort treffen sich die örtlichen Vereinsmitglieder regelmäßig und kostenfrei. So eine Einrichtung mit einem sehr entgegenkommenden Team wäre in jedem Verein in Tschechien wünschenswert. Beim Kaffee hielt Hana Slížová den Vortrag „Teschner Schlesien – Geschichte und Gegenwart.“ 

Das Bahnhofsgebäude in Tschechisch-Teschen (Český Těšín) mit Blick auf die Stadt. Foto: Richard Šulko 

Zwischenstopp in der Kirche

Aus dem Gemeindezentrum führte der Weg nach Gutty (Guty) bei Trzynietz (Třinec). Dort befindet sich eine berühmte Fronleichnam-Holzkirche. Eine Schnitzerei über der Tür zur Sakristei deutete auf die Erbauung im Jahr 1563 hin, es wird aber nicht ausgeschlossen, dass der Bau wesentlich älter ist. Die älteste Glocke der Kirche wurde 1565 gegossen. Zu jener Zeit war die Region um Gutty lutherisch geprägt. In der Nacht vom 1. auf den 2. August 2017 brannte die Kirche durch Brandstiftung vollständig nieder. Durch viele Spenden wurde die Nachbildung der Kirche am 6. Juni 2021, am Fronleichnamsfest, vom damaligen Apostolischen Administrator der Diözese Mährisch Ostrau- Troppau Martin David, wieder feierlich geweiht. Nach der Besichtigung und Erklärung durch eine örtliche Gläubige beteten einige Führungskräfte in dieser Kirche das „Vaterunser“ und „Gegrüßt seist Du Maria“ und dann sangen alle Teilnehmer das Lied „Leise sinkt der Abend nieder“. Danach ging es wieder weiter. Das Abendessen folgte in dem Dorf Rzeka (Řeka). Bei wunderschönem Wetter sang die Gruppe noch „Kein schöner Land“ und damit nahmen wir Abschied von den Beskiden. 

In der Fronleichnam-Holzkirche in Gutty bei Trzynietz. Foto: Richard Šulko

Auf deutschen Spuren

Einige Teilnehmer nahmen ihren christlichen Glauben ernst und standen am Sonntagmorgen sehr früh auf, um am Fest „Herz Jesu“ in der dortigen Pfarrkirche teilzunehmen. Die Kirche war voll besetzt mit vielen jungen Menschen. Im Park gegenüber der Kirche findet man ein renoviertes Kriegerdenkmal für die Gefallenen aus dem Ersten Weltkrieg, an dem man sehr viele deutsche Namen findet. Das ist scheinbar die einzige Spur der deutschen Vergangenheit in Teschen. Dagegen steht nicht weit vom Hotel, in der Nähe vom Schützenhaus, direkt am Grenzfluss Olsa (Olše), ein Haus, wo die polnische Minderheit ihre Büroräume hat. Interessant war die Tatsache, dass der Text auf den Tafeln oben auf Polnisch und darunter auf Tschechisch stand. Bei der Einfahrt in die Stadt sind die zweisprachigen Ortstafeln gleich groß, jedoch ist die polnische Bezeichnung unter der tschechischen angebracht. Das liegt daran, dass der polnische Einfluss in dieser Gegend stark ist. Nach dem Frühstück folgte der zweite Teil der Vorträge über Anträge und Abrechnungen. 

Das Seminar fand mit Unterstützung der „Sudetendeutschen Landsmannschaft, Landesgruppe Baden-Württemberg e.V.“ statt. Das nächste Seminar soll 2025 vom 27. bis zum 29. Juni in Tepl (Teplá) stattfinden. 

Dieser beitrag erschien zuerst in der landesecho-ausgabe 7/2024

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