Trotz großer Aufmerksamkeit und wiederholter Versprechungen im Vorwahlkampf soll Tschechien der Korruptionsbekämpfung zu wenig Beachtung schenken. Das warf die international agierende Organisation Transparency International (TI) der tschechischen Regierung vor.
TI bewertet die Wahrnehmung von Korruption in 180 Ländern und Regionen. Nach Ansicht der Organisation mangelt es an strategischen und programmatischen Lösungsansätzen, um sich aktiv mit der Korruptionsbekämpfung auseinandersetzen zu können. Die Vorwürfe wurden als Reaktion auf die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse des Corruption Perceptions Index (CPI) für 2023 erhoben. Der Index zeigt das wahrgenommene Ausmaß von Korruption im öffentlichen Sektor, definiert als Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Vorteil. Die Bewertung erfolgt durch Experteneinschätzung und Meinungsumfragen.
Tschechien liegt demnach mit 57 von 100 möglichen Punkten auf dem 41. Platz von insgesamt 180 bewerteten Ländern. „Die Position Tschechiens in den neuen Ergebnissen des Corruption Perceptions Index bestätigt die langjährige Stagnation und die Zurückhaltung der politischen Vertretung, Korruption systematisch anzugehen und konsequent zu bekämpfen“, so der Vorstandsvorsitzende des tschechischen Büros von TI, Jan Spáčil.
Justizministerium hält aktuelle Maßnahmen für ausreichend
„Tschechien belegt im Ländervergleich der Europäischen Union den 16. Platz und weist weiterhin die beste Bewertung unter den V4-Ländern auf“, äußerte sich das tschechische Justizministerium zu den Ergebnissen des CPI. Außerdem können sich die Auswirkungen des 2023 verabschiedeten Gesetzes zum Schutz von Whistleblowern noch nicht im aktuellen CTI abzeichnen, damit sei erst in den nächsten Jahren zu rechnen.
Für das Ministerium markiert 2023 einen Wendepunkt im Kampf gegen Korruption, wobei die in Kraft getretene Gesetzesänderung den Grundstein legte. Bis 2026 plant die Regierung außerdem weitere Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung, die aktuell ausgearbeitet und zur Abstimmung gebracht werden sollen. Einige wichtige Korruptionsgesetze liegen aktuell im Kabinett zur Abstimmung vor.
TI sieht Potenzial für weitere Antikorruptionsgesetze
Entgegen der Auffassung des Justizministeriums bewerten Vertreter von TI den Erlass von neuen Antikorruptionsgesetzen in Tschechien als rückläufig. Die Regierung würde nur im Notfall oder nach Klagen der Europäischen Kommission auf Korruption reagieren. Das grundlegende Problem sieht Petr Leyer, Anwalt und Vorstandsmitglied von TI, in der fehlenden Bereitschaft der Regierung, Korruption als grundsätzliches Problem anzusehen.
Die größte Initiative zur Korruptionsbekämpfung zeigte die Regierung unter Petr Fiala (ODS) nach Ansicht von TI im vergangenen August, als das Gesetz zum Schutz von Whistleblowern verabschiedet wurde. Trotz der Kritik gehört Tschechien als Teil der Europäischen Union und der Region Westeuropa weiterhin zu der am besten bewerteten Region der Welt.