Kurz vor dem Regierungswechsel hat Ex-Premierminister Petr Fiala einen umfangreichen Bericht zur Lage der Tschechischen Republik vorgelegt. Das Dokument soll Orientierung für die Übergangsphase bieten und nach Fialas Darstellung zeigen, dass das Land stabil und zukunftsfähig aufgestellt sei – trotz der politischen Turbulenzen der vergangenen Jahre.

Der ehemalige Premierminister Petr Fiala (ODS) hat am Montag seine Bilanzbroschüre Česko 2025 an seinen Nachfolger Andrej Babiš (ANO) übergeben. Der 80-seitige Bericht soll laut Fiala sicherstellen, dass der Regierungswechsel „ohne Chaos“ gelingt und zentrale politische Projekte nahtlos weitergeführt werden. „Tschechien ist in sehr guter Verfassung“, erklärte Fiala – eine Formulierung, die den Tenor des gesamten Dokuments prägt.

Der Bericht fasst wirtschaftliche Entwicklungen, Haushaltszahlen, Reformprojekte und internationale Rankings zusammen. Fiala betont, es handle sich weder um Wahlwerbung noch um ein politisches Manifest, sondern um eine sachliche Bestandsaufnahme. Das Material ist öffentlich auf seiner Website abrufbar.

„In den vier Jahren unserer Regierungszeit hat sich die Tschechische Republik stärker verändert, als wir es bisher gewohnt waren. Es war nämlich keine gewöhnliche Zeit. Als wir uns bei den Wahlen 2021 um das Vertrauen der Bürger bewarben, hatten wir eine klare Vorstellung davon, worauf wir uns einließen. Wir rechneten damit, dass es nicht einfach sein würde, unseren Staat zu reformieren, und dass dies in vier Jahren nicht vollständig zu schaffen sein würde. Niemand von uns hatte jedoch damit gerechnet, unter welchen Druck uns die weltweiten Entwicklungen setzen würden“, schreibt Fiala im Vorwort der Broschüre.

Ukraine-Krieg als größte Herausforderung

Fiala hebt hervor, dass seine Regierung das Tempo der Staatsverschuldung verlangsamt und Haushalte beschlossen habe, die einen schrittweisen Schuldenabbau ermöglichen sollen. Zudem verweist er auf Investitionen in Infrastruktur und Wirtschaft sowie auf eine gestärkte internationale Rolle des Landes.

Ein zentraler Punkt ist aus Sicht des Ex-Premiers die energiepolitische Neuausrichtung. Fiala erklärt, seine Regierung habe die Abhängigkeit von russischen Gas- und Öllieferungen beendet und damit die Versorgungssicherheit des Landes erhöht. Auch den Umgang mit den Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, insbesondere die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen, bennent er als eine der großen Herausforderungen der vergangenen Jahre.

Verantwortung und kritischer Rückblick

Laut Fialas Darlegung sei die Tschechische Republik heute widerstandsfähiger und besser auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet als zu Beginn seiner Amtszeit im Jahr 2021. Zugleich räumt er ein, dass seine Regierung nicht fehlerfrei gehandelt habe. Angesichts außergewöhnlicher Krisen – darunter der Krieg in der Ukraine, Migrationsbewegungen und der Energieschock – hätte die scheidende Regierung jedoch verantwortungsvoll regiert. Diese Politik habe sich seiner Einschätzung nach in einer verbesserten Sicherheitslage, einer stabileren internationalen Position und einem umsichtigeren Umgang mit öffentlichen Finanzen niedergeschlagen.

Angesichts des Machtwechsels kündigte Fiala an, die Arbeit der neuen Regierung künftig aus dem Parlament heraus aufmerksam zu begleiten. Dabei werde er darauf achten, dass erreichte Fortschritte nicht leichtfertig aufgegeben würden. „Vom ersten Tag der neuen Regierung an muss allen klar sein, dass in einer Demokratie nicht nur die Macht, sondern auch die Verantwortung übertragen wird“, betonte Fiala in einem Video auf X am Montag.

Aus der Niederlage bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus im vergangenen Oktober zog Fiala auch persönliche Konsequenzen. Bereits kurz nach der Wahl kündigte er an, nicht erneut für den Vorsitz der ODS kandidieren zu wollen. Unklar bleibt auch die Zukunft des konservativ-liberalen Wahlbündnisses SPOLU, dem neben der ODS auch die Parteien TOP 09 und KDU-ČSL angehören.

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