Die tschechischen Sozialdemokraten und Kommunisten gehen im Vorfeld der Parlamentswahlen 2025 eine neue Partnerschaft ein. SOCDEM-Vorsitzende Jana Maláčová  wird die Kandidatenliste von Stačilo! in Prag anführen. Ziel des Bündnisses ist es, eine linke Alternative für patriotisch und sozial orientierte Wähler zu schaffen.

Am Montag unterzeichneten die beiden Parteien zusammen mit der Tschechischen Nationalsozialen Partei (ČSNS) und den Vereinigten Demokraten – Vereinigung der Unabhängigen (SD-SN) ein Memorandum als Grundlage für den gemeinsamen Wahlkampf. Die Zusammenarbeit war lange umstritten, da sich frühere SOCDEM-Mitglieder gegen eine Annäherung an die Kommunisten ausgesprochen hatten. Nun führt Jana Maláčová die Liste in der Hauptstadt an, während der stellvertretende Parteivorsitzende Jiří Nedvěd in der Region Karlsbad kandidiert.

Linksbündnis will Senat abschaffen

Das Bündnis setzt auf eine klar linke Agenda und positioniert sich als sozial orientierte, patriotische Alternative zu den etablierten Parteien. Zu den zentralen Forderungen zählen die Abschaffung des Senats und die Einführung von allgemeinen Referenden, um den Bürgern mehr Mitspracherecht in außen- und innenpolitischen Fragen zu ermöglichen. Besonderes Gewicht legt Stačilo! zudem auf bezahlbaren Wohnraum und den Zugang zu Grundnahrungsmitteln für alle.

Strittig bleibt innerhalb des Bündnisses vor allem die Außenpolitik. So erklärte die Vorsitzende der Kommunisten, Kateřina Konečná, ein Referendum zu allen außenpolitischen Fragen bleibe weiterhin auf der Agenda. Besonders sensibel ist dabei die Diskussion über einen möglichen Austritt aus der NATO oder der EU. Dennoch betonen beide Parteien, dass sie sich in rund 90 Prozent ihrer politischen Positionen bereits einig seien.

Kritik an der Zusammenarbeit

Das Bündnis mit den Kommunisten stieß auf breite Kritik – nicht zuletzt wegen der historischen Spannungen zwischen beiden Parteien. Besonders umstritten ist die sogenannte „Bohumín-Resolution“ von 1995, in der sich die Sozialdemokraten ausdrücklich gegen eine Zusammenarbeit mit der KSČM ausgesprochen hatten.

Einige Kritiker sehen in dem nun geschlossenen Bündnis einen Bruch mit den Grundprinzipien der Partei. Führende Vertreter der SOCDEM werden sogar mit dem umstrittenen Verhalten des damaligen Sozialdemokraten Zdeněk Fierlinger im Jahr 1948 verglichen, der eine enge Kooperation mit den Kommunisten einging. Die Parteiführung hingegen verteidigt den Schulterschluss mit Verweis auf die veränderten politischen Rahmenbedingungen und spricht von einer notwendigen strategischen Neuausrichtung.

Wahlbündnisse aus drei oder mehr Parteien müssen gemeinsam auf mindestens elf Prozent der Stimmen kommen, um ins Abgeordnetenhaus einzuziehen. Umfragen sehen Stačilo! derzeit bei etwa fünf Prozent der Stimmen, die Sozialdemokraten liegen aktuell bei etwa drei Prozent. Falls es das Bündnis ins Abgeordentenhaus schaffen sollte, wollen die beteiligten Parteien laut Memorandum eine gemeinsame Fraktion bilden.

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