Peter Pellegrini gewann am vergangenen Samstag die slowakischen Präsidentschaftswahlen. Mitte Juni wird er die amtierende Präsidentin Zuzana Čaputová ablösen. Foto: © European Union, 2024, Peter Pellegrini, 2024, CC BY 4.0
Peter Pellegrini gewann am vergangenen Samstag die slowakischen Präsidentschaftswahlen. Mitte Juni wird er die amtierende Präsidentin Zuzana Čaputová ablösen. Foto: © European Union, 2024, Peter Pellegrini, 2024, CC BY 4.0

Die Slowakei hat am vergangenen Samstag Peter Pellegrini zum neuen Staatsoberhaupt gewählt. Dieser ist auf Kurs mit dem russlandfreundlichen Premier Robert Fico und setzte sich überraschend deutlich gegen seinen liberalen Kontrahenten Ivan Korčok durch. Aus Tschechien kommen gemischte Reaktionen.

Pellegrini gewann die Stichwahl am vergangenen Samstag mit einer Stimmenmehrheit von 53 Prozent gegen den von der liberalen Opposition unterstützten Kontrahenten Ivan Korčok. Pellegrini ist Mitglied der an der Regierung beteiligten Partei Hlas – sociálna demokracia (dt. Stimme der Sozialdemokratie), die er 2020 nach einem Zerwürfnis mit Robert Fico gegründet hatte, und wird die amtierende, als liberal geltende Präsidentin Zuzana Čaputová im Juni ablösen. Diese war nicht erneut zur Wahl angetreten.

Tschechische Regierung zeigt sich offiziell zuversichtlich

Tschechiens Premierminister Petr Fiala (ODS) teilte seine Glückwünsche zu Pellegrinis Sieg über das X-Netzwerk mit. Gleichzeitig gab er an, weiterhin von einer ausgezeichneten und engen Beziehung zwischen Tschechien und der Slowakei überzeugt zu sein. Auch Außenminister Jan Lipavský (Piraten) zeigte sich zuversichtlich in Hinblick auf die zukünftige Zusammenarbeit beider Länder und bezeichnete Pellegrini als einen Garant für die feste Verankerung der Slowakei in europäischen und transatlantischen Strukturen. Präsident Petr Pavel zufolge hat mit Pellegrini ein Präsident das Amt inne, der die Tradition außergewöhnlich guter nachbarschaftlicher Beziehungen zweifelslos fortsetzen wird. Tschechien war das erste Land, das dem zukünftigen Präsidenten der Slowakei öffentlich gratulierte.

Diese Reaktionen dürften aber vor allem als ein Apell an das künftige Staatsoberhaupt der Slowakei verstanden werden. Seit dem Antritt der linksnationalen Regierung unter Robert Fico ist das Verhältnis der beiden Nachbarn aufgrund von Unstimmigkeiten vor allem in der Außenpolitik und im Umgang mit der Ukraine und Russland zunehmend zerrüttet. Anfang März hatte Tschechiens Regierungschef Petr Fiala angekündigt, die bilateralen Regierungstreffen aufgrund der Spannungen für unbestimmte Zeit auszusetzen.

Auch kritische Stimmen aus dem Regierungslager

Einige Politiker aus der tschechischen Regierungskoalition äußerten sich allerdings besorgt über die Entwicklungen in der Slowakei. Der Europaabgeordnete Jiří Pospíšil (TOP 09) bezeichnete die Ernennung Pellegrinis als ein weiteres „Trojanisches Pferd“ des russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Europäischen Union.

Am Rande seines Besuchs in Ruanda ließ auch Präsident Pavel durchscheinen, dass Pellegrini nicht sein Wunschkandidat gewesen ist: „Die slowakischen Wähler haben entschieden. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als diese souveräne Entscheidung zu akzeptieren, dem Wahlsieger zu gratulieren und die Hoffnung zu äußern, dass die hervorragenden Beziehungen auf Präsidentenebene, die derzeit mit Zuzana Čaputová bestehen, fortgeführt werden. Ich für meinen Teil werde dafür mein Bestes geben.“

„Die tschechisch-slowakischen Beziehungen werden sich nicht grundlegend ändern“

Mehreren Politikwissenschaftlern zufolge werde sich durch den Amtswechsel nichts Grundlegendes an den tschechisch-slowakischen Beziehungen ändern. Nach Ansicht des Politologen Jan Kubáček werden sich die Beziehungen nun beruhigen und weniger politisiert werden. Auch Lubomír Kopeček von der Fakultät für Sozialwissenschaften der Masaryk-Universität Brünn erwartet keine grundlegenden Veränderungen. Der politische Analyst Pavel Šaradín merkte an, dass die Beziehungen nicht so herzlich sein werden, wie es die Allianz zwischen dem tschechischen Präsidenten Petr Pavel und der derzeitigen slowakischen Präsidentin Zuzana Čaputová war.

Der ČTK-Analyst Grigorij Mesežnikov bewertete den Ausgang der Präsidentschaftswahl in der Slowakei als bedenklich für den Fortbestand des liberal-demokratischen Systems des Landes. Die Wahl zeige, dass die slowakische Gesellschaft gespalten sei und mit Pellegrini als Staatsoberhaupt sei davon auszugehen, dass sich die Außenpolitik von einer engen Zusammenarbeit mit Europa und der NATO distanzieren werde, so Mesežnikov gegenüber der tschechischen Nachrichtenagentur ČTK. 

Opposition feiert Pellegrinis Wahlsieg

Einer der ersten tschechischen Politiker, die Pellegrini zu seinem Wahlsieg gratulierten, war Tschechiens Ex-Premierminister und Oppositionsführer Andrej Babiš (ANO). Auf der sozialen Plattform „X“ (ehemals Twitter) schrieb er, dass die Slowaken die richtige Wahl getroffen und sich für einen „stolzen Präsidenten“ entschieden hätten. Babiš, der selbst aus der Slowakei stammt und sich derzeit Chancen ausrechnet, ab 2025 erneut tschechischer Regierungschef zu werden, hatte Pellegrini während des Wahlkampfes offen unterstützt.

Der stellvertretende Vorsitzende von ANO, Karel Havlíček, reagierte auf die Äußerungen von Pospíšil: „Ich verstehe die Kommentare einiger Politiker der tschechischen Regierungskoalition nicht, die behaupten, Peter Pellegrini sei ein prorussischer Politiker, ja sogar ein ‚Trojanisches Pferd Putins‘. Eine Besserung [der tschechisch-slowakischen Beziehungen] wird wohl erst eintreten, wenn ANO wieder regiert.“

das könnte sie auch interessieren

Parlamentswahlen in der Slowakei: Um Tschechien wird es einsam

Nach einer massiven Desinformationskampagne geht der linksnationale Ex-Premier Robert Fico siegreich aus den Parlamentswahlen hervor. Diese Rolle rückwärts der Slowakei hat Auswirkungen auf Europa und die Ukraine. Nicht zuletzt könnte Tschechien innerhalb der V4-Staaten bald alleine dastehen, meint unser Autor Tobias Eisch.

Mehr…

Werden Sie noch heute LandesECHO-Leser.

Mit einem Abo des LandesECHO sind Sie immer auf dem Laufenden, was sich in den deutsch-tschechischen Beziehungen tut - in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder Kultur. Sie unterstützen eine unabhängige, nichtkommerzielle und meinungsfreudige Zeitschrift. Außerdem erfahren Sie mehr über die deutsche Minderheit, ihre Geschichte und ihr Leben in der Tschechischen Republik. Für weitere Informationen klicken Sie hier.