Wie muss eine Stadt sein, in der sich Neuankömmlinge wohl fühlen und gut integrieren können? Das untersucht und diskutiert die Ausstellung „Arrival City: Jihozápadní město // Southwest City“ in der Prager Kasarna Karlín.
Auf dem Grund eines alten Schwimmbeckens zu sitzen, das aussieht wie eine typische tschechische U-Bahnstation, passiert einem nicht alle Tage. Doch genau dies ist das Herzstück der Ausstellung „Arrival City“ (Ankunftsstadt). Die besondere Atmosphäre wird hierbei übermittelt, indem in den als Video dargestellten, einfahrenden Zügen Migranten ihre persönlichen Geschichten erzählen. Alle paar Minuten verlässt ein Zug den imaginären Bahnstieg und ein neuer fährt ein, wieder mit einer neuen individuellen Geschichte. Leicht kann der Besucher nun die einzelnen Situationen derer nachzuvollziehen, die als Fremde und oft auch nicht freiwillig ihre Heimat verlassen und in eine unbekannte Stadt in der Ferne ziehen mussten.
Die „Kasarna Karlín“ (Kaserne Karlin) in Prag ist heute vor allem als Aufenthaltsort für Immigranten gedacht, aber selbstverständlich ist dort jeder willkommen. Immer wieder stellt sich hier die Frage: Wie muss eine Stadt auf Migration reagieren? Welche Bedingungen müssen geschaffen werden, um Integration zu ermöglichen? Die Kasarna widmet diesem Themenfeld regelmäßig vielfältige Freizeitangebote. Nun wird hier in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Prag in der Ausstellung: „Arrival City“ die deutsche Sichtweise gezeigt und parallel, wie die Lage von Migranten in Prag derzeitig aussieht.
Der deutsche Teil der Ausstellung greift die acht Thesen des britisch-kanadischen Journalisten und Autoren Doug Saunders auf. Diese wollen Kriterien für eine ideale Integrationsstadt anbieten, für eine sogenannte Ankunftsstadt innerhalb einer Stadt. Die Wichtigsten dieser Thesen beschäftigen sich erstens mit der preislichen Lage, denn Wohnraum darf nicht zu teuer sein, damit er für die Bewohner noch bezahlbar bleibt. Außerdem sollten genügend Arbeitsmöglichkeiten vorhanden sein, um den Migranten auch die Möglichkeit zu bieten, auf eigenen Beinen zu stehen. Zusätzlich sollten die Häuser der neuen Bewohner möglichst selbstgebaut und ausbaufähig sein, so dass eine Möglichkeit zur eigenständigen Erweiterung des eigenen Wohnraumes gegenben ist. Dafür ist es auch wichtig, dass nur auf Höhe des Erdgeschosses gebaut wird. Damit die Kinder eine gute Zukunft haben, fordert Saunders in diesen Städten auch die besten Schulen. Entstehen soll in einer solchen Stadt ein Netzwerk von und für Immigranten, damit diese sich willkommen und irgendwann auch heimisch fühlen können.
Während sich der deutsche Teil der Ausstellung um verschiedene Beispielstädte in Deutschland dreht, geht es auf der tschechischen Seite hauptsächlich um die aktuelle Situation in der tschechischen Hauptstadt. Die meisten Immigranten hier kamen und kommen aus Russland, der Ukraine und Vietnam. Davon geht der Großteil von ihnen nach Prag 13, eines der beliebtesten Stadtviertel für Migranten. Die liegt an der großen Fläche, den zahlreichen neuen, großen und erschwinglichen Wohnanlagen und den weiten Grünflachen. Dabei handelt es sich bei den Gebäuden um große Plattenbauten, in denen neue Migranten schon auf ein bestehendes Netzwerk verschiedener Kulturen treffen können. Dies ist sehr wichtig bei der Auswahl des Wohnortes, denn so fällt es Neuankömmlingen leichter, sich zu integrieren.
Zukünftig soll „Arrival City“ als Ausstellung auch in anderen Ländern gezeigt werden. Der deutsche Teil wird dabei fast gleich bleiben, der andere Teil aber soll sich jedes Mal auf die jeweilige neue Stadt beziehen. Die nächste Station wird wahrscheinlich in Lima, Peru, sein.
Ausstellung „Arrival City: Jihozápadní město // Southwest City“
15.09.-13.10.2018
Kasarna Karlín, Prvního pluku 20/2, Praha 8-Karlín
M Florenc
Geöffnet täglich von 14.00 bis 20.00
Eintritt frei