Bis Mitte November absolviert ifa-Redakteur Lennard Halfmann vom LandesEcho eine Hospitanz im Bundestag – ganz nah dran am Politikbetrieb. Seine erste Woche im Bundestag ist geschafft.

„Dann müssen wir einen Hammelsprung machen“, ruft Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) in den Plenarsaal hinein. Die Stenographen an den Tischen vor ihr schreiben fleißig mit und dokumentieren jedes Wort. Es ist Donnerstagmorgen gegen 10.30 Uhr, ich sitze auf der Besuchertribüne und verfolge eine Debatte der Grünen zum Thema: „25 Jahre Resolution 1325 ‚Frauen, Frieden, Sicherheit‘ – Feministische Außenpolitik verteidigen, Frieden geschlechtergerecht gestalten“. Der Plenarsaal ist nur mäßig gefüllt. Angesichts des Themas hatte Irene Mihalic, die Parlamentarische Geschäftsführerin der grünen Oppositionspartei, nur wenige Minuten zuvor gefordert, Außenminister Johann Wadephul (CDU) herbeizuzitieren. Die Abstimmung der anwesenden Abgeordneten fällt denkbar knapp aus – und die Bundestagspräsidentin ruft ein Verfahren aus dem Jahr 1874 auf den Plan.

Der Hammelsprung

„Ist der aus einem Sitzungspräsidenten und zwei Schriftführern gebildete Sitzungsvorstand über das Ergebnis einer Abstimmung uneins, müssen die Abgeordneten durch den Hammelsprung gezählt werden: Die Abgeordneten verlassen den Plenarsaal und betreten ihn durch verschiedene Türen, die mit ‚Ja‘, ‚Nein‘ und ‚Enthaltung‘ markiert sind. Dabei werden sie von jeweils zwei Schriftführern an jeder Tür gezählt“, verrät ein Blick ins Glossar des Bundestages, unter H wie Hammelsprung. Die Debatte ist also erstmal unterbrochen. Alle Anwesenden verlassen den Saal,  nach einer Extraaufforderung durch Bundestagspräsidentin Klöckner begibt sich auch der Fraktionsvorsitzende der CDU, Jens Spahn, zum Ausgang. In den gleichen Sekunden tönt ein Alarm durch sämtliche Liegenschaften des Bundestages, der allen Abgeordneten zu verstehen gibt, dass sie sich zur Abstimmung vor den Türen des Plenarsaals versammeln sollen. Auch Außenminister Wadephul selbst ist nun gefordert, zu erscheinen, um über sein Erscheinen abzustimmen. Kurios.

Die Phoenix-Sprecherkabine bietet beste Sicht direkt in den Plenarsaal.
Die Phoenix-Sprecherkabine bietet beste Sicht direkt in den Plenarsaal. Credit: Lennard Halfmann

Die erste Woche ist geschafft

Neben dem Besuch einer Plenarsitzung erwarten mich und die übrigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bundestaghospitanzprogramms #Insidebundestag am Donnerstag ein Gespräch mit Phoenix-Parlamentskorrespondent Erhard Scherfer, sowie ein anschließender Besuch seiner Sprecherkabine. Am Freitag treffen wir außerdem Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) zum Hintergrundgespräch und besuchen das RTL-Hauptstadtstudio. Kurz vor dem dringend notwendigen Wochenende, nach Abschluss der ersten Woche im Deutschen Bundestag, notiere ich mir:

  • Der Bundestag lebt von einer gewissen Theatralik
  • Es gibt Situationen, in denen sind moralische Fragen unangebracht
  • Beim Fragenstellen sollte es nicht darum gehen, möglichst schlau zu wirken
  • MdBs haben viele Befindlichkeiten
  • Man muss seine Fragen nicht immer rechtfertigen
  • Hintergrundgespräche sind dazu da, genutzt zu werden
  • Am Bundestag hängen viele Arbeitsplätze

Warten wir ab, um welche Erkenntnisse ich meine Liste in der nächsten Woche erweitern kann, wenn es auf die Zielgerade meiner Hospitanz im Bundestag geht.

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