Wenn man durch die Prager Altstadt wandert, sieht man so einige Touristenattraktionen. Die außergewöhnlichste ist jedoch mit Sicherheit das Museum für Sexspielzeuge. Unsere Landesbloggerin Jasmin hat es besucht und berichtet über ihr Erlebnis.

Als ich letztes Jahr in Prag Urlaub mit meinem Freund gemacht habe, sind wir mitten in der Altstadt auf einen seltsamen Ort gestoßen: das „Sex Maschines Museum”. Es liegt auf der Melantrichova-Straße, kurz vor dem Prager Rathaus. Anfangs waren wir unsicher, ob wir uns die Ausstellung anschauen wollen. Doch dann überwog unser Interesse daran, was sich dahinter wohl verbergen wird. Ich schaute mir die Webseite an und fand heraus, dass dieses Museum seit der Eröffnung 2001 weltweit das einzige sein soll, das sich speziell mit Maschinen und Utensilien für sexuelle Praktiken beschäftigt (bei einer Google-Suche waren allerdings noch weitere Museen dieser Art zu finden). Gleich am nächsten Tag beschlossen wir, einen Trip dorthin zu unternehmen und uns das Spektakel mit eigenen Augen anzuschauen.

Wir wurden nicht enttäuscht, das Ganze war wahnsinnig interessant. Da das Thema in unserer Gesellschaft so stark tabuisiert wird, war ich vorher nie auf die Idee gekommen, dass es vor hundert Jahren schon eine Industrie gegeben haben könnte, die sich damit befasste, Sexutensilien zu erschaffen. Es war wie eine Wanderung durch die Geschichte: Die Gegenstände unterschieden sich je nach ihrer Erschaffungszeit. Anfangs gab es große Holzkonstruktionen, die die Geschlechtsteile und Bewegungen von Männern oder Frauen beim Geschlechtsverkehr nachahmen. Weiter ging es mit riesigen Puppen, sogar lebensgroßen Plüschbären, die dem Zweck der sexuellen Befriedigung dienten und einer BDSM-Rubrik – mitsamt Pferdemasken, einer großen Kollektion an bunt verziertem Intimschmuck und riesiger Bondage-Seile, die von der Decke baumelten. Schließlich wurden die Maschinen immer öfter elektronisch, bis sie schließlich die Form von heute bekannten Vibratoren annahmen.

Eindämmung der männlichen Liebeslust

Im Kontrast zu den Gegenständen, die dem freien Ausleben der Sexualität dienten, lag es zeitweise offenbar im Trend, vor allem die männliche Erregung ganz zu unterdrücken. So gab es Konstruktionen, die den Kindern nachts um das Glied gelegt wurden. An dieser war eine Schnur befestigt, die ins Schlafzimmer der Eltern führte. Wenn der Sohn eine Erektion bekam, klingelte es bei den Eltern – nach dem guten alten Dosentelefon-Prinzip.

Ganz in der Nähe wurden Maschinen ausgestellt, die ich besonders spannend fand. Diese führte sich die Frau zum Schutz vor sexuellen Übergriffen in die Vagina ein. Wenn ein Mann sie vergewaltigte, wurde sein Glied wortwörtlich aufgespießt. Ein bisschen habe ich mich gefragt, warum es so etwas heute nicht mehr gibt. Interessanterweise diente auch der recht bekannte Keuschheitsgürtel wohl diesem Zweck. Ich hatte bis dahin nur gehört, dass dieser Frauen davon abhalten sollte, sexuelle Handlungen vorzunehmen.

Eine Zeit lang versuchte man mit verschiedenen Hilfsmitteln, Erektionen heranwachsender Männer zu kontrollieren. Bild: sexmachinesmuseum.com

Um auf das unangenehme Thema mit den Nadeln zurückzukommen: Scheinbar existieren Menschen, die auch dafür eine gewisse Vorliebe haben. Hier gab es mehrere Konstruktionen, die einem Splitter an sämtliche Körperstellen stachen. Vielleicht hatten es Jungs mit dieser Vorliebe früher sogar leichter. Es gab nämlich auch Erregungs-Unterhosen, die dem Mann Nadeln in sein Glied stachen, wenn er eine Erektion bekam.

Der Beginn der Pornografie

Neben den drei Etagen, auf denen über 350 Ausstellungsstücke existieren, gibt es noch ein kleines Kino. Hier wurden die ersten erotischen Schwarz-Weiß-Filme gezeigt. Wir haben uns nur die ersten zwanzig Minuten eines Films angeschaut, weil wir dann los mussten. Die Darstellung unterschied sich stark von  pornografischen Filmen. Abgesehen vom haarigeren Schönheitsbild standen die Schauspieler manchmal einfach ein paar Minuten herum, redeten und tranken Wein. An dieser Stelle sollte ich erwähnen, dass das Ganze ein Stummfilm war… Ansonsten schlief im Film jeder mit jedem: Meistens waren drei Personen in einem Raum. Davon hatten zwei miteinander „Spaß” und die dritte Person befriedigte sich selbst.

Das Erotik-Kino zeigt Filme aus den Jahren 1900 bis 1930. Bild: sexmachinesmuseum.com

Manchmal schaute sie dabei auch nur durchs Schlüsselloch, während es die Ehefrau drinnen krachen ließ. Dabei hatten auch einmal zwei Frauen etwas miteinander – zwei Männer waren in dem Ausschnitt, den wir gesehen haben, nicht gemeinsam in einem Raum. Das war aber nicht sehr verwunderlich, da queere Sexualpraktiken in dem Museum generell nicht betrachtet werden. Insgesamt war ich sehr erstaunt, wie „verpönt“ die Szenen vor dem Hintergrund der damaligen gesellschaftlichen Normen waren. Allerdings bestand vielleicht genau darin der Reiz. Was ist wohl mit der Person passiert, die sich diesen Skandal ausgedacht hat?

Wenn ihr also noch eine Lücke in eurem Terminkalender habt, kann ich einen Besuch des Sex-Maschinen-Museums nur empfehlen. Da dieses Thema wohl kaum in den Geschichtsschulbüchern behandelt wird, werdet ihr auf jeden Fall etwas Neues dabei lernen. Die Infotafeln an den einzelnen Exponaten sind auch ins Deutsche übersetzt.

Geöffnet ist das Museum täglich von 10 bis 23 Uhr. Der Eintritt ist ab 18 Jahren möglich. Weitere Informationen und Tickets finden Sie hier: https://sexmachinesmuseum.com/ 


Dobrý den! Ich bin Jasmin, 20 Jahre alt und absolviere ein dreimonatiges Praktikum hier in Prag. Aufgewachsen bin ich in einem Brandenburger Dorf, momentan studiere ich Journalismus in Magdeburg. In Prag habe ich mich vor einigen Jahren verliebt, als ich mit meinem damaligen Tanz-Team für einen Wettkampf hierher gekommen bin. Daher freue ich mich sehr, die nächsten Monate das Leben hier so richtig kennenzulernen und einmal mitzuerleben, wie es ist, Teil einer Redaktion zu sein.

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