Bernd Posselt (CSU) präsentiert in Prag sein Europa-Buch und sich selbst als vermittelnden Europäer. Im Mai will er wieder ins Europaparlament gewählt werden.

Der Saal der Prager Václav-Havel-Bibliothek ist übervoll, nicht alle Zuhörer bekommen noch einen Sitzplatz. Gut 150 Menschen wollen in der tschechischen Hauptstadt sehen, was der Europapolitiker Bernd Posselt zu schreiben und zu sagen hat. Schließlich ist der CSU-Politiker und Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe nicht unumstritten in Tschechien. So war er zuletzt mit einer Aussage angeeckt, wonach Teile des politischen Establishments Tschechiens auf die kommunistische Vergangenheit zusteuerten.

Diesmal aber schlug Posselt leisere Töne an. Man müsse Geduld haben, zumal Polarisierung und Populismus ja in allen Ecken Europas um sich griffen. In Frankreich, Österreich, Deutschland wie in Tschechien, Polen und Ungarn. Posselt betont: „Man kann und muss Europa lieben!“ Und ohne die Europäische Union – das „real existierende Europa“ – gäbe es den Frieden, Wohlstand und die Freiheit nicht, die in der wir hier lebten.

In seinem Buch „Bernd Posselt erzählt Europa“ erzählt er denn auch seine eigene Geschichte innerhalb eines großen europäischen Narrativs. Er beginnt mit seiner Herkunft: Ihn als „ersten Posselt, der in Deutschland geboren wurde“, hätte der Standpunkt seiner Eltern stark beeinflusst. Der Vater aus Böhmen und die Mutter aus der Steiermark hätten ihm und seinen Geschwistern immer wieder gesagt: „Ihr müsst dafür sorgen, dass so etwas nie wieder passiert!“ Damit meinten sie die zerstörerische Wirkung des Nationalismus, nicht nur des Nationalismus der anderen, sondern auch des eigenen. Die Deutsche Minderheit sieht Posselt dabei in einer Vermittlerrolle: „Die Angehörigen der Deutschen Minderheit in Tschechien können dabei perfekte Übersetzer zwischen den politischen Kulturen sein.“

Posselt will die „Europa-Idee“ lebendig machen, betont „Solidarität“ als wichtigstes europäisches Wort. „Mein Buch ist keine Aufforderung zum Einschlafen, sondern zum Aktivismus“, so Posselt. Alleine könnten die europäischen Staaten langfristig nicht bestehen. „Europa muss ein starkes Dach sein für die europäische Vielfalt gegen den sauren Regen der Globalisierung und Bedrohungen von außen“, sagt Posselt, der im Mai wieder für das Europaparlament kandidiert.

Buchpräsentation in Prag: "Bernd Posselt erzählt Europa" / Foto: Peggy LohseSeine Buch-Tour durch Europa ist damit auch Teil seines Wahlkampfes. Und so bleibt er nicht im historischen und kulinarischen – „Sie sehen ja, vom Essen verstehe ich etwas!“ – Teil seines Buchs stecken, sondern kommentiert auf zahlreiche kritische Nachfragen des Publikums hin auch das aktuelle politische Geschehen. Posselt stellt sich hinter Kanzlerin Angela Merkel, den französischen Präsidenten Macron und betont zum Thema Flucht und Migration: „Lampedusa liegt nicht in Italien, sondern in Europa, also auch in Deutschland.“

Und so war es am Ende des Abends gar nicht mehr verwunderlich, dass auch Gesprächspartner Milan Horáček, Mitbegründer der Grünen in Deutschland, kaum Kritikpunkte an Posselts Darstellung fand. Dessen Fazit, mit dem er auch das Buch beschließt, findet an diesem Abend viel Kopfnicken und Zustimmung: „Civis europaeus sum.“ – „Ich bin europäischer Bürger.“


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