Im Sommer lockt das heiße Wetter alle zu den Teichen, Flüssen und ins Schwimmbad. Heute kennt kaum noch jemand die früheren Bewohner der Gewässer.

In den großen Fischteichen, die es früher im Schönhengster Land (Hřebečsko) gab, in Brunnen und Bächen lebten Wassermänner mit ihren Familien. Alte Leute erinnerten sich früher noch daran, sie gesehen zu haben, denn die Wassermänner kamen immer zu den an Mühlen gelegenen Gewässern und mischten sich unter die Mahlenden. Man konnte sie an ihrer kleinen Statur erkennen und an ihrem grünen Schoßfrack, von dessen einem Flügel immerfort Wasser tropfte.

Untereinander waren sich benachbarte Wassermänner immer spinnefeind und verteidigten ihren Tümpel gegen alle Rivalen, bis er endlich nur noch ihnen gehörte. Das größte Vergnügen der Wassermänner war es aber, im Wipfel einer Weide, Erle oder Pappel zu sitzen und zu schaukeln. Beim Herannahen von Menschen sprangen sie mit einem großen Plumpser ins Wasser und erschreckten den Wanderer.Ein Wassermann in Krumau (Český Krumlov) - Foto: Jerzy Strzelecki, Wikimedia, CC BY-SA 3.0

Wassermanns Stiefel

In einer Einbuchtung des Romschatals (Romže) zwischen den Orten Czunin (Čunín) und Maleny liegt unterhalb des Dammes eines mächtigen Teichs die „Hrazner-“ oder Dammühle (Hrázný mlýn). Sie gehörte zu den leistungsfähigsten Mühlen der ganzen Gegend und war Teil eines alten Klosterguts. Die Bauern von Runarz (Runářov), Ölhütten (Lhota u Konice) und Schwanenberg (Labutice) mahlten ihr Getreide fast ausschließlich in dieser Mühle und waren dort fast wie zu Hause. Als unter Kaiser Josef II. auch das Klostergut in Konitz (Konice) aufgelöst wurde, erwarb die Mühle der Ahnherr einer Müllersfamilie.

Im großen Teich hielt sich ein Wassermann auf. Er war ein gutartiges Wesen, das wohl dennoch mit dem Müller und dessen Kunden seinen Schabernack trieb, ihnen aber niemals etwas ernstlich Schlimmes zufügte.

Eines Abends ging der Müller später als sonst aus dem Dorf nach Hause. Es war mondhell und warm. Als er zum Bach kam, saß mitten auf dem Steg der Wassermann und nähte eifrig an einem neuen Stiefel. Ein zweiter stand schon fertig neben ihm.

Am Himmel zogen Wolken vorbei und schoben sich von Zeit zu Zeit vor den Mond. Jedes Mal blickte der Wassermann ungehalten zu ihm empor und greinte: „Bellst d´lächt: bänn nie, loß´s blein!“ (Willst leuchten? Wenn nicht – dann lass es bleiben!) Der Müller war ein wenig erschrocken, betrat aber mit einem herzhaften Fluch den Steg.

Sofort war der Wassermann im Teich verschwunden. Den fertigen Stiefel vergaß er in der Eile. Der Müller nahm ihn mit sich und ließ, weil er ihm passte einen zweiten dazu herstellen. So lang er lebte, brauchte er sich immer nur einen neuen Stiefel machen lassen, der andere blieb unzerstörbar. Der Wassermann zeigte sich nimmer, er soll fortgezogen sein. Und nach dem Tod des Müllers verschwand auch der Geisterstiefel.

Wassermann am Wehr

Am Anger beim sogenannten Spittelwehr für die Spittelmühle (Špitálský mlýn) erschien immer wieder ein Wassermann. Eigentlich ein Wassermännchen, denn es war ein kleines Männlein, bunt angezogen mit grüner Jacke, roter Weste und blauem Spitzhütl. In der Nacht, wenn Leute vorübergingen, ließ es wunderschöne Lieder erklingen, die zum Nähergehen verlockten. Kam aber jemand dem Wasser zu nah, zog ihn der Wassermann hinein.

Viele Versuche hat es gegeben, dem unheilvollen Treiben ein Ende zu bereiten. Erst als die Bauersleut ein großes Grastuch rot einfärbten, konnten sie den Wassermann mit der im Mondschein leuchtenden Farbe anlocken. Mit einem beherzten Ruck fingen sie den Wassergeist und konnten fortan wieder unbeschadet ans Spittelwehr gehen.


 

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