Am Sonntagabend eröffnete die Jugendorganisation der deutschen Minderheit in Tschechien, JUKON, die Ausstellung „Deutsche Gräber in Tschechien”. Die Ausstellung, die noch bis Anfang November im ersten Stock des Instituts für Translatologie der Karls-Universität (Hybernská 3, Palais Spork) zu sehen ist, ist das Ergebnis eines Fotowettbewerbs.

Schätzungsweise existieren hunderttausende deutsche Gräber in der Tschechischen Republik, die sich in vielen Orten in einem desolaten Zustand befinden. Vergangenen März veranstaltete die Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik (LV) zu diesem Thema eine Konferenz im tschechischen Außenministerium. Dort wurden Möglichkeiten für eine landesweite Lösung des Problems erörtert. 

Auch die JUKON (Jugend- und Kulturorganisation der deutschen Minderheit) wollte auf diese Problematik aufmerksam machen und veranstaltete einen Fotowettbewerb zum Thema der deutschen Gräber in Tschechien. Junge Menschen zwischen 13 und 30 Jahren konnten Bilder und kurze Geschichten dazu einschicken. Dabei sollten vor allem die Fragen beantwortet werden, wo Erinnerungsorte zu finden sind und was diese über die Geschichte des Fundortes erzählen. Zahlreiche Fotos wurden eingereicht und von einer Jury ausgewählt. Diese Auswahl wird nun in der Karls-Universität ausgestellt.

„Ein Sprichwort besagt: ‚Wenn man die Menschen einer Region kennenlernen will, so muss man auf den örtlichen Friedhof gehen’. Im Falle einer ganzen Reihe deutscher Gräber in der Tschechischen Republik verhält es sich jedoch etwas komplizierter“, erklärte LV-Präsident Martin Herbert Dzingel während der Vernissage und machte damit darauf aufmerksam, dass in vielen Ortschaften diese Gräber die letzten Zeugnisse der ehemaligen deutschen Bevölkerung sind. 

Friedhöfe – stumme Zeugen der Geschichte

Die Vernissage begann mit einer Podiumsdiskussion, moderiert von Lenka Svobodová, die selbst aus einer sudetendeutschen Familie stammt. Der Lebensweg ihrer Großeltern ist eng mit dem Grab der Familie verbunden, weswegen sie es für besonders wichtig hält, dieses Andenken auch für künftige Generationen zu bewahren. An der Diskussion nahmen Tomáš Kotrlý aus dem tschechischen Ministerium für regionale Entwicklung und Julius Mlčoch vom Institut für Bestattungswesen der Hauptstadt Prag teil. Dabei wurde die Thematik sowohl auf regionalpolitischer als auch auf Regierungsebene beleuchtet. Einige einführende Worte richtete zuerst Martin Herbert Dzingel an die ca. 40 anwesenden Gäste. Dabei betonte er, dass die deutsche Minderheit schon lange ein großes Interesse an der Pflege zurückgelassener deutscher Gräber habe. Besonders seit 2015 träten verstärkt Bestrebungen hervor, Friedhöfe als Gedächtnisorte wieder in einen besseren Zustand zu bringen.

Julius Mlčoch vom Institut für Bestattungswesen der Hauptstadt Prag sprach über die Bedeutung von Gräbern als Kulturgut. Foto: Lena Pierskalla

Preisverleihung im Rahmen des JUKON-Fotowettbewerbs

Die Vernissage fand zusammen mit der Preisverleihung im Rahmen des JUKON-Fotowettbewerbs statt. Den ersten Platz belegte dabei Ondřej Procházka mit seinem Foto „Antlitz im Efeu“ (Obličej v břečťanu). Ein positives Beispiel, wie deutsche Friedhöfe erhalten bleiben können, dokumentierte Alžběta Bartáková mit ihrem Foto „Ergänzung“ (Doplnění). Das Foto zeigt einen Grabstein auf dem Evangelischen Friedhof in Straschnitz (Strašnice), welcher seit 2002 ein Kulturdenkmal ist und 2015 saniert wurde. Die Fotografin selbst schreibt: „Er ist nun ein würdevoller Ort des Gedenkens.” Außerdem wurde ein Kreativpreis verliehen, den Kateřina Uhlářová mit ihrem Foto „Pietät?“ (Pieta?) erhielt. Der Öffentlichkeitspreis wurde an Matouš Petruň mit „Ein würdevoller Ort“ (Pietní místo) verliehen und der Preis der deutschen Minderheit ging an Tereza Tokošová mit „Engel“ (Anděl).

Die Moderatorin Lenka Svovodová (links) im Gespräch während der Vernissage. Foto: Lena Pierskalla

Zum Abschluss richtete Ilyas Zivana, ifa-Kulturmanager bei der LV und Organisator des Wettbewerbs, einige Worte an die Gäste. Für ihn sind Friedhöfe Orte, die ganz unterschiedliche Gefühle hervorrufen. „Sie zeugen vom ehemaligen Reichtum unserer Landschaften und der Bindung der Hinterbliebenen zu ihren Verstorbenen. Die eingeschickten und ausgestellten Bilder zeigen dabei nur einen kleinen Ausschnitt dieser Geschichten und Schicksale”, so Zivana.


Sieger des JUKON-Fotowettbewerbs

Erster Platz: Ondřej Procházka: „Antlitz im Efeu“/„Obličej v břečťanu“

Kreativpreis: Kateřina Uhlářová: „Pietät?“/ „Pieta?“

Öffentlichkeitspreis: Matouš Petruň: „Ein würdevoller Ort“ / „Pietní místo“

Preis der deutschen Minderheit: Tereza Tokošová: „Engel“/ „Anděl“

Die Ausstellung „Deutsche Gräber in Tschechien“ ist noch bis 10. November im ersten Stock des Instituts für Translatologie der Karls-Universität (Hybernská 3, Palais Spork) zu sehen.

Werden Sie noch heute LandesECHO-Leser.

Mit einem Abo des LandesECHO sind Sie immer auf dem Laufenden, was sich in den deutsch-tschechischen Beziehungen tut - in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder Kultur. Sie unterstützen eine unabhängige, nichtkommerzielle und meinungsfreudige Zeitschrift. Außerdem erfahren Sie mehr über die deutsche Minderheit, ihre Geschichte und ihr Leben in der Tschechischen Republik. Für weitere Informationen klicken Sie hier.