Vor 78 Jahren wurden mehr als 20.000 deutschsprachige Brünner aus ihrer Heimat vertrieben. Die Stadt erinnert mit einem Versöhnungsmarsch daran.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es in der Tschechoslowakei zur sogenannten „wilden Vertreibung“ der deutschsprachigen Bevölkerung. In Brünn (Brno) wurden die Deutschen am 31. Mai 1945 im Garten des Augustinerklosters zusammengetrieben. Vor allem Frauen, Kinder und Alte mussten die Todesmärsche antreten – die Männer waren zum Großteil in Kriegsgefangenschaft oder leisteten Zwangsarbeit.

Am Tag darauf wurden sie von der tschechischen Bevölkerung gemeinsam mit den deutschsprachigen Bewohnern der umliegenden Dörfer auf den kräftezehrenden Fußmarsch Richtung Österreich getrieben. Aufgrund der Anstrengung und der fehlenden Versorgung mit Wasser und Nahrungsmitteln starben auf den etwa 60 Kilometern von Brünn zur österreichischen Grenze mindestens 1.700 Menschen, einige kamen auch gewaltsam durch Erschießungen zu Tode. Knapp 900 von ihnen sind in einem Massengrab in Pohrlitz (Pohořelice) begraben.

Erinnerung an die Opfer

Seit 18 Jahren erinnert die Stadt Brünn mit einem Versöhnungsmarsch an dieses Ereignis und seit 2015 wird der Marsch symbolisch umgedreht, das heißt er startet in bei dem Massengrab und endet bei dem Kloster in Brünn. Vor sechs Jahren verabschiedete die Stadt Brünn eine Deklaration zur Versöhnung und gemeinsamen Zukunft der tschechischen und deutschsprachigen Bevölkerung – laut den Veranstaltern „ein historischer Meilenstein im Prozess der Auseinandersetzung der tschechischen Gesellschaft mit diesem Kapitel ihrer Geschichte“. An dem Marsch nehmen Zeitzeugen und deren Nachfahren, aber auch Personen des öffentlichen Lebens aus Tschechien, Deutschland und Österreich teil.

In diesem Jahr findet er am 24. Juni statt: Um 9.30 Uhr beginnt der Marsch in Pohrlitz nach der Eröffnungsrede von Monsignore Dieter Olbrich und dem Gedenken an die Opfer. Etwa um 12 Uhr wird der Zug im zehn Kilometer entfernten Laatz (Ledce) eintreffen. Um 14 Uhr gibt es ein Mittagessen in Großraigern (Rajhrad). Die nächsten Treffpunkte sind um 16.30 Uhr in Mödritz (Modřice) und um 17.45 Uhr in Brünn beim Gymnasium Vídeňská, wo es ebenfalls Verpflegung geben wird. Um 18 Uhr kommt der Zug im Garten der Augustinerabtei am Mendelplatz an, wo zum Gedenken für die Vertriebenen Kerzen angezündet werden. Auf der Strecke präsentieren sich zudem Organisationen der deutsch-tschechischen und österreichisch-tschechischen Kommunikation mit Infoständen.

Im Laufe der Veranstaltung pendeln Sonderbusse entlang der Route, sodass man sich dem Versöhnungsmarsch an einem beliebigen Ort anschließen oder ihn verlassen kann. Den Busfahrplan sowie das ganze Programm finden Sie hier.

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