In Aussig an der Elbe (Ústí nad Labem) fand am 31. Juli die jährliche Gedenkfeier für die Opfer des Aussig-Massakers statt, das sich 2025 zum 80. Mal jährte. Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Minderheit, der Lokalpolitik und Bayerischen Repräsentanz, der deutsche Botschafter sowie Zeitzeugen gedachten gemeinsam der Opfer.

Am 31. Juli 1945 erschütterte eine schwere Explosion die Zuckerfabrik im Stadtteil Schönpriesen (Krásné Březno), die damals als Munitionslager diente. Die Ursache ist bis heute ungeklärt. 27 Menschen starben, Dutzende wurden verletzt. In der Folge entlud sich brutale Gewalt gegen die deutschsprachige Bevölkerung. Auf öffentlichen Plätzen und der heutigen Edvard-Beneš-Brücke kam es zu Pogromen, bei denen schätzungsweise 220 Menschen ermordet oder in die Elbe gestoßen und dort getötet wurden.

Verständigung statt Vergeltung

Um der Ereignisse zu gedenken und ein Zeichen für die deutsch-tschechische Versöhnung zu setzen, versammelten sich am 31. Juli um 14 Uhr auf Einladung des Kulturverbands, der Stadt Aussig sowie des Heimatkreises Aussig rund 50 Menschen vor der alten Zuckerfabrik. Nach mehreren Ansprachen und einem gemeinsamen Gebet wurden Blumenkränze an der Gedenktafel niedergelegt. Die Rednerinnen und Redner betonten die Bedeutung einer Erinnerungskultur, die auf Verständigung statt Vergeltung setzt. „Die Toten von Aussig dürfen nicht vergessen werden. Ihre Namen mögen verloren gegangen sein, doch ihr Leid verpflichtet uns. Es verpflichtet uns zur Wahrheit, zur Erinnerung und zur Menschlichkeit. Unser Gedenken gilt den Opfern, doch es richtet sich auch an die Lebenden“, sagte Steffen Hörtler, Stiftungsdirektor der Stiftung Sudetendeutsches Bildungswerk und stellvertretender Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft.

Zum Gedenken an die Explosionsopfer versammelten sich rund 50 Personen vor der alten Zuckerfabrik. Foto: Aurelia Kanzleiter
Zum Gedenken an die Explosionsopfer versammelten sich rund 50 Personen vor der alten Zuckerfabrik. Foto: Aurelia Kanzleiter

Rosen in die Elbe

Der zweite Teil der Gedenkfeier findet üblicherweise an der Gedenktafel auf der Edvard-Beneš-Brücke statt. Da die Brücke derzeit saniert wird, trafen sich die Teilnehmenden stattdessen an der Eisenbahnbrücke, wo provisorisch eine Nachbildung der Gedenktafel angebracht wurde. Dort sprachen unter anderem die Zeitzeugin Brigitta Gottmann, die ihre persönlichen Erinnerungen teilte, und Radek Novák vom Kulturverband, der an die Menschlichkeit als Rezept gegen den Hass appellierte: „Lasst uns alle anfangen, Mensch zu sein, und seid Menschen!“

Der deutsche Botschafter Andreas Künne würdigte in seiner Rede die vertrauensvollen deutsch-tschechischen Beziehungen 80 Jahre nach dem Massaker, mahnte aber auch dazu, die Geschichte nie zu vergessen: „Ich bin überzeugt, dass das gemeinsame Gedenken von zentraler Bedeutung ist, um der Opfer zu gedenken, aber auch um einen Blick in eine andere und eine hoffentlich bessere Zukunft zu werfen.“

Zum Abschluss der Zeremonie versammelten sich die Anwesenden erneut zum Gebet, ehe sie symbolisch Rosen in die Elbe warfen.

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