In keinem anderen Land der Welt wird so viel Bier getrunken wie in Tschechien. Höchste Zeit also, einen genaueren Blick aufs tschechische Bier, seine Preise und Herkunft zu werfen. Landesblogger Hendrik nimmt Sie mit auf eine Reise durch das Land der Biertrinker.
Gut 55 Prozent aller Tschechien gaben 2022 in einer Umfrage an, mindestens ein Mal pro Woche in eine Bar zu gehen, um ein Bier zu trinken. Sogar rund 71 aller Befragten öffnen sich wöchentlich mindestens ein Flaschenbier in ihren eigenen vier Wänden. Zum Vergleich: In Deutschland besucht bloß etwa jeder Vierte mehrmals im Monat eine Gaststätte oder Kneipe.
Tschechien – das Land der Biertrinker
Wenig überraschend also, dass Tschechien im jährlichen Konsum von Bier pro Kopf europa- und sogar weltweit führend ist. Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern, konsumierte im Jahr 2022 jeder Tscheche im Schnitt 136 Liter des Gerstensaftes, gefolgt von Österreich mit 102 Litern auf Rang zwei und Deutschland mit 92 Litern auf Position drei.
Das ist sicherlich nicht nur, aber zumindest zu einem großen Teil auf die moderaten Bierpreise in Prag und Tschechien zurückzuführen. Nirgendwo ist Flaschenbier so günstig wie in Tschechien. Für eine 0,5-Liter-Flasche bezahlt man in einem Prager Supermarkt im Schnitt 22,8 Tschechische Kronen (ca. 91 Cent).
Und auch, was das Bier vom Fass im Restaurant betrifft, toppt Tschechiens Hauptstadt die europäische Konkurrenz. Mit durchschnittlich nur etwa 60 Kronen (ca. 2,36 Euro) liegt Prag knapp vor Lissabon auf Platz 1 im Preisranking.
Noch verrückter: In Reykjavik, Oslo, Genf, Helsinki, London und Dublin bezahlt man für Flaschenbier im Supermarkt mehr als für ein frisch gezapftes Bier in der Bar.
Günstigstes Bier gibt’s in Tschechien
In kaum einem anderen Land liegen die Preise von Flaschenbier im Einkaufsladen und Fassbier im Restaurant so nah beieinander und sind zudem auch noch so preiswert. Dahinter steckt ein durchdachter Plan der tschechischen Regierung.
Auf alkoholhaltige Biererzeugnisse gilt in Tschechien seit Langem der Mehrtwertsteuersatz von 21 Prozent. Um aber den Prozess des Biertrinkens von der Straße in die Gasthäuser zurückzuholen, hat die Regierung den Steuersatz für in Restaurants gezapftes Bier für den Verzehr vor Ort vor etwa vier Jahren auf zehn Prozent gesenkt. So haben zum einen mehr Menschen einen Anreiz, den Bierabend in der nächstgelegenen Kneipe abzuhalten und zum anderen reduziert man den durch die pfandfreien Bierdosen entstehenden Müll in den Städten.
Doch auch innerhalb von Tschechien gibt es Schwankungen des Fassbierpreises in Restaurants. In Prag ist man mit etwa 60 Tschechischen Kronen am teuersten dran, in der Region Olmütz (Olomouc) zahlt man pro Bier im Schnitt nur 50 Kronen (2 Euro).
568 Brauereien
Am liebsten trinken die Tschechien Bier aus landeseigener Produktion. Die größte Brauerei in Tschechien ist die von Pilsner Urquell (Plzeňský Prazdroj) in Pilsen (Plzeň) mit einer jährlichen Abfüllmenge von über 7,3 Millionen Hektolitern. Das Unternehmen gehört der japanischen Aktiengruppe Asahi Breweries und führt neben dem Pilsner Urquell auch die Produktion von Kozel, Gambrinus, Radegast und Birell. Sicher auch vielen aus Deutschland bekannt: Staropramen. Die Brauerei im Prager Stadtteil Smíchov kann jährlich etwa 952.000 Hektoliter Bier absetzen.
Eine Besonderheit in Tschechien: Die Republik verfügt über eine Brauerei in Staatsbesitz. Die 1895 gegründete Budweiser-Brauerei im gleichnamigen Budweis (České Budějovice) ist Tschechiens zweitstärkste Exportbrauerei und kommt auf einen jährlichen Absatz von rund 1,79 Millionen Litern Bier, von denen 1,2 Millionen ins Ausland gehen.
Tschechien ist aber auch für seine vielen, kleinen Brauereien bekannt. Im Land mit dem weltweit höchsten Bierkonsum pro Kopf gibt es insgesamt 568 Brauereien, von denen 515 als sogenannte Mikrobrauereien geführt werden. Ihr Bier ist oft nur lokal verbreitet, schmeckt aber nicht selten besser als die Biere der großproduzierenden Brauereien.
Pilsner Urquell am beliebtesten
Die Tschechen haben ihren klaren Favoriten. Im Restaurant konsumieren 18 Prozent am liebsten Pilsner Urquell, gefolgt von Kozel mit zwölf und Radegast mit elf Prozent. Gambrinus kommt auf zehn, gefolgt von Svijany mit sieben Prozent. Staropramen und Budweiser schneiden mit vier und drei Prozent relativ schlecht ab.
Was die Preise für Flaschenbier im Supermarkt angeht, weiß Pilsner Urquell seine marktführende Position durchaus auszunutzen. Für eine Flasche bezahlt man hier mit 25-35 Kronen teilweise 10 Kronen mehr als für Biere aus anderen tschechischen Brauereien.
Noch ein interessanter Fakt: In Tschechien werden die Biere nach ihren entsprechenden Stammwürzen unterteilt. Wer bereits in einem tschechischen Restaurant ein Bier bestellt hat, wird bestimmt schon einmal auf die Bezeichnungen 10˚, 11˚ und 12˚ gestoßen sein. Die Stammwürze gibt den Gehalt von Malzzucker, Eiweiß und Mineralien im Bier an und hat mit dem Alkoholgehalt nicht direkt etwas zu tun, auch wenn er mit steigender Stammwürze ansteigt. In Tschechiens Kneipen und Bars ist Pils mit 11˚ und vier Prozent Alkohol üblich.
Kampf gegen den Alkoholtourismus
Doch es gibt auch negative Schlagzeilen zum Thema Bierkonsum aus Tschechien. So hat zum Beispiel die Prager Stadtverwaltung im vergangenen Oktober geführte Kneipentouren durch die tschechische Hauptstadt von 22 bis 6 Uhr verboten. Bei den Rundgängen durch Prager Bars wurde laut den Verantwortlichen so exzessiv Alkohol konsumiert, dass es nicht selten zu Ruhestörung und Verschmutzung der Innenstadt kam.
Dennoch sind Tschechien und Prag weiterhin ein guter Anlaufpunkt für alle, die günstiges und zudem auch sehr leckeres Bier genießen wollen. Und das kann auch gern so bleiben.
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