Richard Neugebauer, zweiter Vize-Präsident der LV, vertrat die deutsche Minderheit aus der Tschechischen Republik beim Schulvereinstag in Wien.
Vom 12.-13.Mai fand in Wien der Schulvereinstag statt. Der Schulverein wurde 1880 gegründet und sollte das deutsche Schulwesen fördern. Auch in der von der deutschen Sprache beherrschten Habsburger Monarchie war es notwendig, den Deutschunterricht zu schützen, denn die Deutschen stellten nur 24 Prozent der Bevölkerung des Vielvölkerstaates dar. Die anderen Minderheiten wuchsen schneller und setzten sich kräftig durch. An den zahlreichen Sprachgrenzen von Südtirol bis Teschen waren die deutschen Schulen existenziell bedroht. Nach dem Zerfall der Monarchie und noch mehr nach der Vertreibung der Deutschen aus dem östlichen Europa ist der Schutz der deutschen Minderheiten aktueller denn je.
Der Schulvereinstag wird von der Österreichischen Landsmannschaft getragen. Es nehmen die deutschen Minderheiten aus dem ehemaligen Gebiet der Monarchie, aber auch aus Polnisch-Schlesien, Rumänien, Ukraine, Russland, Kasachstan oder Serbien teil. Ich durfte dieses Jahr die Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik vertreten. Ich hatte also die Gelegenheit, mehr über die aktuelle Lage der deutschen Minderheiten aus den verschiedenen Ländern zu erfahren.
Das Programm begann mit der Besichtigung des Österreichischen Parlaments am Dr. Karl-Renner-Ring 3. Der große Komplex im Stil des „Prager Nationalmuseums“ wurde neulich gänzlich renoviert und die Folgen der drei Bombenexplosionen aus dem Zweiten Weltkrieg wurden beseitigt. Vor dem Parlament erhebt sich weder „Germania“ noch „Austria“, sondern eine Pallas-Athena-Statue als Symbol der übernationalen Weisheit.
Beim Gespräch mit den Vertretern des Parlaments wurden wir aufgefordert, eventuelle Vorschläge zu äußern, wie uns Österreich helfen kann. Ich habe vorgeschlagen, einen Österreichisch-Tschechischen Zukunftsfonds zu gründen, ähnlich wie es den Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds gibt. Es wäre auch gut, ein EU-Programm zur Förderung der nationalen Minderheiten einzurichten. Schließlich habe ich die Parlaments- und Regierungsvertreter eingeladen, uns sowohl in Prag als auch auf dem Lande zu besuchen.
Die eigentliche Tagung fand im Schulvereinsgebäude in der Fuhrmanngasse 18 in der Josefstadt statt. Das Gebäude wurde dem Schulverein vom Brünner Unternehmer Robert Primavesi 1914 gestiftet. In kurzen Referaten zeigte sich die Lage der Minderheiten in einzelnen Ländern. Sie ist sehr ähnlich.
In Polen werden die Mittel für den Deutschunterricht gekürzt. Die Österreichische Landsmannschaft hat wesentlich geholfen, den Ausfall eines Drittels der Mittel von der polnischen Regierung zu ersetzen. Diese Kürzung betraf allein die deutsche Minderheit in Polen.
Die Anzahl der Deutschen sinkt in Rumänien, Slowenien und Russland. Da manche Deutschen aus Russland Richtung Kasachstan auswandern, sind heute etwa 60.000 Deutsche in Kasachstan zu finden.
Es kommt zu einem Generationswechsel bei den Amtsträgern und dieser gestaltet sich oft schwierig, da sich sehr schwer jemand findet, der bereit ist, die Last zu übernehmen. Nach wie vor ist außerdem eine Auswanderung Jugendlicher gen Westen zu beobachten. Dies schwächt die lokale Minderheit weiter.
Die finanzielle und personelle Schwäche beeinflusst unsere Minderheitsarbeit wesentlich. Das haben wir auch bei lockeren Gesprächen auf dem Donauschiff am Ende des Schulvereinstages festgestellt.