Am Samstag versammelten sich Tausende Menschen auf dem Prager Wenzelsplatz zu Protesten gegen die tschechische Regierung. Nach der offiziellen Kundgebung versuchten einige Demonstrationsteilnehmer, die ukrainische Flagge vom Nationalmuseum zu entfernen. Es kam zu insgesamt 18 Verhaftungen.
Die Partei „Právo Respekt Odbornost“ (PRO) (dt. Recht Respekt Expertentum) rief am Samstag zu einer Demonstration gegen die tschechische Regierung unter dem Titel „Česko proti bídě“ (dt. Tschechien gegen Armut) auf. Die Teilnehmer – nach Schätzung Tausende – füllten den oberen Teil des Wenzelsplatzes. Es kam zu insgesamt 18 Verhaftungen am Ende der Kundgebung. Gegen einen Teilnehmer wird wegen Billigung eines Völkermordes ermittelt.
Gegen steigende Preise und Ukraine-Politik
Die Demonstranten forderten den Rücktritt von Premierminister Petr Fiala (ODS). Als Gründe nannten sie die steigenden Lebensmittelpreise und die Inflation, zudem kritisierten sie die verlangsamte Erhöhung der Renten. Neben der Kritik an den steigenden Lebenshaltungskosten und dem Umgang der Regierung damit, bestimmten allerdings auch Positionen zum Krieg in der Ukraine das Geschehen. Die Teilnehmer forderten ein Ende der Waffenlieferungen nach Kiew und das Abnehmen ukrainischer Flaggen in Tschechien. Nach dem Ende der Kundgebung zogen mehrere hundert Demonstranten vor das Nationalmuseum und forderten unter „Tschechien den Tschechen“-Rufen das Einholen der ukrainischen Flagge.
Innenminister Vít Rakušan (STAN) erklärte, dass er die Angst vor Armut verstehe. „Um der drohenden Armut zu begegnen, verfügt unser Staat mit einem robusten Sozialsystem über genügend funktionsfähige Instrumente. Es lässt niemanden ohne Hilfe und wird noch lange nicht von allen genutzt, denen es zusteht“, versicherte er. Die Aktionen vor dem Nationalmuseum hingegen seien für den Minister inakzeptabel. „Das erweckt den Eindruck, dass die ganze sogenannte Demonstration gegen die Armut nur ein Deckmantel für pro-russische Provokation war, und wir können solche Manifestationen definitiv nicht tolerieren“, so Rakušan.
Verfahren gegen 18 Demonstranten eingeleitet
Ein Demonstrationsteilnehmer hatte einen gut sichtbaren „Z“-Aufnäher auf seinem Rucksack und das Symbol der Wagner-Söldner auf der Jacke. Das „Z“ war auf den Fahrzeugen der russischen Invasoren zu sehen und wurde später durch Putins Propagandamaschine zum Symbol für die Kriegsunterstützung erhoben. Die Wagner-Gruppe soll für zahlreiche Kriegsverbrechen verantwortlich sein. Deshalb verdächtigt die Polizei den Demonstranten nun der Straftat, einen Völkermord zu leugnen, in Frage zu stellen oder zu billigen.
Auch gegen 18 weitere Demonstrationsteilnehmer werden Verfahren eingeleitet. Sie sollen versucht haben, in das Nationalmuseum einzubrechen, um die ukrainische Flagge zu entfernen. Bei den Auseinandersetzungen vor dem Gebäude wurden nach Polizeiangaben zwei Polizisten verletzt. „Ich erwarte, dass sich die Organisatoren von diesen Gewalttaten distanzieren“, forderte Innenminister Rakušan. Die Partei „Pravo Respekt Odbornost“ (PRO) hingegen behauptete, dass die Polizei die Ausschreitungen provoziert habe.
Die Partei PRO wurde 2022 von tschechischen Impfgegnern gegründet. Es handelt sich dabei um eine rechte Abspaltung von der Rechtsaußen-Kleinstpartei Trikolóra von Václav Klaus Junior. PRO versucht hierbei vor allem als Anti-Regierungs-Partei mit pro-russischen Positionen aufzutreten.