50 Jahre nachdem sich Jan Palach aus Protest gegen die sowjetische Besatzung öffentlich verbrannte wurde in seinem Heimatort ein eindrückliches Museum eröffnet.
In der Smetana-Straße 337 in Wschetat (Všetaty), etwa 50 Kilometer nördlich von Prag steht ein unauffälliges Familienhaus. Nur eine einfache Gedenktafel erinnerte Jahrzehnte daran, dass hier der Student Jan Palach wohnte. Palach war am 16. Januar 1969 von hier mit dem Zug Richtung Prag aufgebrochen, um nie wieder heim zu kehren. Um das tschechoslowakische Volk nach der sowjetischen Okkupation im August 1968 aus seiner Lethargie und Hoffnungslosigkeit wachzurütteln, verbrannte sich der zwanzigjährige Philosophiestudent auf dem Wenzelsplatz. Drei Tage später starb er an den Folgen seiner Verbrennungen. Palachs Begräbnis am 25. Januar 1969 wurde zur Massendemonstration, an der rund 200.000 Menschen teilnahmen.
Die Kante des Bösen
Das Elternhaus, das Palach an jenem Januartag verließ, bewohnten noch weitere zehn Jahre seine Mutter und sein älterer Bruder Jiří. Danach wechselte das Gebäude seine Besitzer, es wurde umgebaut. Letztlich stand es jahrelang leer. Erst 2015 erwarb der Staat das heruntergekommene Objekt, um es dem Nationalmuseum zu übergeben. Von Anfang an war klar: Hier sollte kein traditionelles Museum, sondern ein modernes und würdiges Palach-Denkmal entstehen. Zu seiner Eröffnung kam es aufgrund mehrerer Erschwernisse allerdings erst am 9. Oktober dieses Jahres, also mehr als fünfzig Jahre nach Palachs Tat.
Wenn man das Haus von vorn betrachtet, sieht man ein normales frisch renoviertes Haus. Dabei hat das Prager MCA-Atelier, das sich in einem architektonischen Wettbewerb durchsetzte, einzelne historische Bauelemente erhalten. Ihr Baukonzept erkennt man erst von der Seitenfront, in die eine „Kante des Bösen“ in Form einer riesigen zugespitzten rostfarbigen Metallplatte eindringt. Für das Architektenduo Pavla Melková und Miroslav Cikán steht sie für die totalitäre Macht, die gewalttätig in die Privatsphäre der Familie Palach eingebrochen ist. Um dieses Moment zu verdeutlichen, endet der Stahlkeil im Hausinneren knapp vor dem verlassenen Familientisch. Da das Denkmal nicht zum früheren Zimmer von Jan Palachs umgebaut werden, sondern allein durch seine Atmosphäre wirken sollte, ließen es die Architekten leer. Alle Fenster im Erdgeschoss sind bis auf kleine Fensterspalten verdeckt. Man befindet sich dadurch im Halbdunkel, ähnlich wie in einer Zelle. Das einzige Licht strömt hier von oben. Ein Treppentorso deutet darauf, dass man hier einst in den ersten Stock hinaufstieg, wo sich das reale Studentenzimmer Palachs befand. Doch heute kommt man nur auf eine Ebene, die einer Kanzel ähnelt.
Beim Ein- und Ausgehen geht man unter einer horizontalen Glasvitrine durch, hinter der die tschechoslowakische Fahne angebracht ist, womit man Palachs toten Körper verhüllte. Es ist ein Leinen mit viel Abdrücken. Unweit steht die Skulptur „Zlatý Jan“ („Goldener Jan“) von Olbram Zoubek von 1969.
Im Garten ein Pavillon
Ein kleiner Garten mit einem Bach, einer Holzbank und drei Obstbäumen führt zu einem Pavillon. Hier finden Bildungsseminare für Schulklassen statt. Außerdem werden hier authentische Privatgegenstände Palachs gezeigt, wie seine Aktentasche, die er am Ort der Selbstverbrennung mit einem Brief ablegte sowie verschiedene Zeitdokumente. Ein wichtiger Teil der Ausstellung, die sich vor allem an die jüngere Generation richtet, ist das Filmdokument von Olga Sommerová über Jan Palach, das die tschechische Regisseurin eigens für das Mahnmal drehte.
Das Palach-Denkmal ist täglich außer montags von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.