Man sieht es auf den ersten Blick nicht, aber dieses Gebäude in der Slunečná 2267/21 im ruhigen Stadtteil Strašnice (Prag 10) war einst ein Haus Gottes. Natürlich keine Kirche, sondern ein Haus, in dem tatsächlich einmal Gott wohnte – nämlich kein Geringerer als Karel Gott. So, als ob der Sänger hier immer noch lebte, versteckt sich das Haus kaum sichtbar hinter Hecken und Zäunen.
Karel Gott bedarf keiner Einführung. Er war in der Welt des Schlagers der tschechische Weltstar schlechthin. Vielleicht war er selbst von dem Erfolg überrascht, denn da ja Musik meist brotlose Kunst ist, schloss er erst einmal eine Elektrikerlehre ab, bevor er am Prager Konservatorium Gesang studierte. Bei Auftritten zur Finanzierung des Studiums entdeckte er dann den talentierten Schlagersänger in sich. Seine erste Single Měsíční řeka, eine tschechische Cover-Version von Moon River, wurde 1963 gleich zum Hit. Aus dem Hit wurde eine Hitserie. Beim Grand Prix Eurovision 1968 – heute nennt man ihn Eurovision Song Contest – trat er seltsamerweise sogar für Österreich an, aber das war nur ein Zeichen dafür, dass er von nun an eine internationale Karriere machte.
Dank seiner Sprachbegabung sang er Lieder in unzähligen Sprachen – vor allem in Deutschland (Ost und West!), wuchs die Zahl seiner Fans ins Unermässliche und es regnete Goldene Schallplatten. Der bekannteste Song war wohl das Titellied der erfolgreichen Trickserie Biene Maja von 1975. Mein Lieblingslied ist seine äußerst schräge Version des bekannten Rocksongs Paint it Black (1966) der Rolling Stones, die in Deutsch im gleichen Jahr unter dem Titel Schwarz und Rot herauskam. Als er im Oktober 2019 an Krebs starb, erwiesen ihm Hunderttausende die Ehre am Žofín Palast, wo sein Leichnam aufgebahrt wurde, und im Veitsdom hielt der Prager Erzbischof ein Begräbnis mit staatlichen Ehren. Auf seinem Grab in Smíchov häufen sich immer noch die Blumen der auf über den Tod treu geblieben Fans (wir berichteten hier).

Während des Höhenflugs seiner Karriere im Jahre 1969 beschloss Karel Gott, sich ein eigenes Domizil zu bauen. Ursprünglich kam er aus Pilsen (Plzeň), wo er 1939 geboren wurde, aber noch vor Beginn seiner Sangeskarriere zog er 1948 mit seinen Eltern in ein Haus im nahelegenen Prager Stadtteil Kobylisy (Prag 8), wo er bald seine Elektrikerlehre und seine Abendauftritte in Tanzcafés und Klubs aufnahm. Seine Erfolge ermöglichten ihm, nunmehr ein neues und luxuriöseres Haus zu erbauen, wozu er den bekannten Architekten Jiří Siegel anheuerte, der früher auch als Basketballer bekannt war und etliche sportbezogene Gebäude geplant hatte, etwa die Sporthalle Folimanka (Sportovní hala Folimanka) von 1976 (wir berichteten hier). Der baute ihm ein für damalige Zeit recht ungewöhnliches Gebäude.
Das Haus, das 1971 fertiggestellt wurde, sieht schon von außen anders aus, als das meiste, was in kommunistischer Zeit gebaut wurde. Es sieht aus wie ein damals moderner amerikanischer Bungalow. Es war in Sachen Luxus und Qualität voll „up to date“: Die großen stahlgerahmten Schiebefenster zum Garten, die Bodenkonvektionsheizung, das Außenpool mit Blick auf die Stadt, holzvertäfelte Decken und steinverkleidete Wände. In der damaligen Zeit war das ein wahres Wunderwerk und irgendwie passend zu dem oft amerikanisch angehauchten Repertoire des Sängers. Hier also zog er mit seinen Eltern ein (zur Information über den Familienstand: Gott heiratete erst im Jahre 2008 Ivana Gottová, geb. Macháčková, mit der er schon 2006 ein gemeinsames Kind hatte).

Lange blieben die Gotts hier aber nicht. Schon 1974 zogen sie wieder aus. Die recht hohe Bodenfeuchtigkeit in der unmittelbaren Umgebung, die auf auf den Keller übergriff, schien Gotts Stimmbändern zu schaden, was ja nun wirklich und gerade bei ihm auf keinen Fall geschehen durfte. Den Bungalow, der übrigens handwerklich sehr solide gebaut war (die Holzvertäfelungen gibt es z.B. noch immer), verkaufte er an den Politiker Karel Polák, der 1976 Bauminister wurde und es über mehrere Kabinette bis 1987 blieb. Gott selbst kaufte sich eine größere alte Villa im Art-Déco-Stil in der Nad Bertramkou 2141/18 in Smíchov (Prag 5), die er so schön fand, dass er sagte, er wolle hier nie mehr ausziehen. Er verpflichtete sogar seine Frau testamentarisch, es nach seinem Tod nicht zu verkaufen. Seit einiger Zeit ist hier ein Museum zu Ehren des Sängers geplant.

Ahoj aus Prag! Seit September 2016 leben wir berufsbedingt in Prag. Wir – eigentlich Rheinländer – haben sie schon voll in unser Herz geschlossen, diese Stadt! Deshalb dieser Blog, in dem wir Fotos und Kurzberichte über das posten, was diese Stadt so zu bieten hat und was wir so erleben. Wir, das sind:
Lieselotte Stockhausen-Doering und Detmar Doering
… und unser Hund Lady Edith! Wer sich in Prag einmal umschauen möchte, wird auf diesem Blog nach einiger Zeit sicher Interessantes finden, was nicht jeder zu sehen bekommt, der die Stadt besucht. Viel Spaß beim Lesen!
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