Ein Ausnahmedenkmal: Denn normalerweise zögerte man ja in der gerade vom Habsburgerreich unabhängig gewordenen Ersten Tschechoslowakischen Republik, bei Denkmälern für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs, Soldaten in der Uniform darzustellen, in der realiter die meisten Tschechen gekämpft hatten – in der Uniform der österreichisch-ungarischen Streitkräfte.

Tatsächlich pflegte man in der Republik besonders das geradezu mythische Andenken der Tschechoslowakischen Legionen (wir berichteten u.a. hier und hier), die auf Seiten der Alliierten Russland, Frankreich oder Italien für die Unabhängigkeit gegen die Habsburger kämpften, aber tatsächlich eine leicht zu überschätzende Minderheit darstellten. Warum man sich beim Denkmal der Samariter (Pomník samaritánů) dann doch aufraffte, die Skulptur in eine österreichische Uniform zu stecken, ist aber klar – spätestens wenn man die Armbinde des Soldaten sieht.

Das Denkmal befindet sich im Innenhof des Ende des 17. Jahrhunderts erbauten Neustädter Jesuitenkollegs am Karlsplatz (Karlovo nám. 504/36), zu dem die große Kirche des Heiligen Ignatius (Kostel sv. Ignáce) gehört (wir berichteten hier). Nach der Auflösung des Jesuitenordens 1773 wurde das Gebäude (heute Teil eines zivilen Krankenhauses) zum Armeehospital umgewandelt. Das blieb es auch, als 1814 die Jesuiten wieder zugelassen wurden, denn von dem ganzen Gebäudekomplex bekamen sie nur die Kirche rückerstattet.

In diesem Hospital bemühten sich Ärzte Sanitäter und Schwestern um die oft schrecklich verstümmelten und Verletzten des mörderischen Krieges. Und draußen auf den Schlachtfeldern ließen unzählige Sanitätskräfte ihr Leben. Eigentlich durfte das nicht geschehen. Denn der Sanitätsdienst, der im Ersten Weltkrieg dem Armeeoberkommando unterstellt war, war ja eigentlich vor Kriegshandlungen geschützt. Österreich war der Genfer Konvention im Juli 1866 beigetreten, die den völkerrechtlichen Schutz von durch ein Schutzzeichen (das Rote Kreuz) gekennzeichneten Nichtkombatanten garantierte, die sich im Kriegsfall um Verwundete und Kranke kümmerten. Auch die Gegner hatten die Konvention früh unterzeichnet. Aber im mit industriellen Mitteln geführten Massenkrieg, bei dem Sanitäter oft noch während eines Artilleriebeschusses Verwundete bergen mussten, ließen sich hohe Verluste nicht vermeiden.

Hier an diesem Ort, in dem sich der Sanitätsdienst um die Verletzten kümmerte, stellte man 1919 bereits dieses Denkmal zu ihren Ehren auf. Es ist das Werk der beiden Bildhauer Josef Fojtík, einem Schüler des bekannten Bildhauers Bohumil Kafka (wir erwähnten ihn u.a. bereits hier), und Josef Vála. Es handelt sich um einen Obelisk im Zentrum einer halbrunden Fläche für Gedenktafeln für gefallene Sanitäter. Davor befindet sich ein leider noch nicht wieder funktionierender Brunnen. Auf der rechten Seite sieht man einen Sanitätssoldaten in österreichischer Uniform, das Rote Kreuz auf der Armbinde deutlich sichtbar; auf der rechten eine trauernde Frauengestalt, die ein Gefäß mit Heilmitteln (?) in der Hand hält. Es gibt wenige Denkmäler dieser Art, die denen gedenken, die die Not des Krieges wenigstens ein wenig lindern wollten.

Das Denkmal steht in dem Innenhof, der heute ein eher unansehnlicher Dienstparkplatz des Krankenhauses ist, etwas abgelegen und verloren herum. Lange Zeit – vor allem in kommunistischen Zeiten – ließ man es allmählich verfallen. Immerhin stellte man es danach 2010 unter Denkmalschutz und dann, im Jahre 2018, führte man eine gründliche Renovierung durch. Das größte Problem waren dabei die Tafeln mit den Namen der Gefallenen, die aus porösem Material hergestellt worden waren. Einige waren völlig verschwunden. Man beschloss, neue Platten aus solidem Gusseisen anzubringen, die optisch den alten Platten entsprachen. Zum Glück fand man noch Archivphotos, die es erlaubten, dass rund 80 Prozent der Namen der gefallenen Soldaten, Offiziere und Ärzte, einschließlich ihrer Ränge, wieder aufgelistet werden konnten. In der Mitte sind leere Platten angebracht, falls sich nochmals Namen rekonstruieren lassen. Denn das Gedenken an die wackeren Helfer sollte wachgehalten werden.


Ahoj aus Prag Titelbild

Ahoj aus Prag! Seit September 2016 leben wir berufsbedingt in Prag. Wir – eigentlich Rheinländer – haben sie schon voll in unser Herz geschlossen, diese Stadt! Deshalb dieser Blog, in dem wir Fotos und Kurzberichte über das posten, was diese Stadt so zu bieten hat und was wir so erleben. Wir, das sind:

Lieselotte Stockhausen-Doering und Detmar Doering

… und unser Hund Lady Edith! Wer sich in Prag einmal umschauen möchte, wird auf diesem Blog nach einiger Zeit sicher Interessantes finden, was nicht jeder zu sehen bekommt, der die Stadt besucht. Viel Spaß beim Lesen!

Werden Sie noch heute LandesECHO-Leser.

Mit einem Abo des LandesECHO sind Sie immer auf dem Laufenden, was sich in den deutsch-tschechischen Beziehungen tut - in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder Kultur. Sie unterstützen eine unabhängige, nichtkommerzielle und meinungsfreudige Zeitschrift. Außerdem erfahren Sie mehr über die deutsche Minderheit, ihre Geschichte und ihr Leben in der Tschechischen Republik. Für weitere Informationen klicken Sie hier.