Im Gerichtsprozess um die Vergangenheit von Tschechiens Ex-Premier Andrej Babiš hat das slowakische Innenministerium am Montagabend bekannt gegeben, dass Babiš zu Unrecht als Agent der StB (Tschechoslowakischen Staatssicherheit) eingetragen gewesen sei. 

Von slowakischer Seite aus hieß es, dass die Entscheidung, nicht mehr gegen Babiš vorzugehen, auf zwei Analysen gestützt sei. Einerseits sei die Beweislast gegenüber Babiš nicht ausreichend, da das Dokument, welches seine Unterschrift als StB-Mitarbeiter zeigen soll, nicht auffindbar ist. Andererseits sei das Innenministerium aufgrund vorheriger Beschlüsse handlungsunfähig und es bestehe ein hohes Risiko, einen Rechtsstreit mit Babiš zu verlieren. Dies hätte für die Slowakei große finanzielle Verluste zur Folge. Deshalb – so der slowakische Innenminister Matúš Šutaj Eštok (HLAS) – sei der Vergleich die beste Lösung gewesen. Außerdem teilte Eštok mit, dass der Vorschlag zur Einigung von Seiten Babiš gekommen sei. Die Opposition in der Slowakei kündigte derweil an, einen Antrag auf Entlassung des Innenministers zu stellen. 

Babiš weist StB-Vorwürfe zurück

Nach der Entscheidung äußerte sich Babiš bereits dahingehend, von einer Schadensersatzklage abzusehen. Des Weiteren ziehe er auch seine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EuGH) zurück. Gegenüber der tschechischen Nachrichtenagentur ČTK sagte Babiš: “Ich habe nie mit der StB zusammengearbeitet und deshalb habe ich vor Gericht viermal gewonnen.” Damit gewinnt Babiš einen Rechtsstreit, welcher ihn über Jahre begleitete. Im Jahr 2017 hatte er das Innenministerium der Slowakei angeklagt, welches über seine Vergangenheit in der StB ermittelte. Babiš soll ab 1982 für die Tschechoslowakische Staatssicherheit StB unter dem Decknamen “Bureš” gearbeitet haben. In den drei Jahren, die er dort verbracht haben soll, taucht sein Name in acht verschiedenen Akten auf, die von Preßburg (Bratislava) nach Prag geschickt wurden. 

Kritik aus der Slowakei und Tschechien

Der slowakische Geheimdienst selbst kritisierte die Entscheidung des Innenministeriums und führt Babiš bzw. “Bureš” weiter in seiner Liste verdeckter Mitarbeiter des Stb. Grund dafür sei, dass die ehemalige Agententätigkeit in mehreren Dokumenten belegt sei. Auch mehrere tschechische politische Beobachter kritisieren daher die Entscheidung, den Rechtsstreit beizulegen, als eine Einigung unter politischen Freunden. Journalist und Anwalt Tomáš Němeček sagte in einem Interview mit dem Tschechischen Rundfunk: “Er [Babiš] unterstützte den derzeitigen Präsidenten [Peter Pellegrini] im Wahlkampf, seine Nähe zur Regierung von Robert Fico (Směr) ist offensichtlich und gar nicht so überraschend.” Auch Babišs politische Gegner in Tschechien äußerten sich in eine ähnliche Richtung. So teilte Tschechiens amtierender Premierminister Petr Fiala (ODS) auf X mit: “Die heutige Bekanntgabe der absolut unglaublichen politischen Vereinbarung über seine Zusammenarbeit mit dem StB, die er mit befreundeten Politikern in der Slowakei getroffen hat, ist dessen jüngste Beweis dafür.”

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