In einem Interview mit dem Tschechischen Fernsehen sprach Präsident Petr Pavel am Donnerstagabend über aktuelle politische Herausforderungen – im Inland wie im Ausland. Für die zukünftige Sicherheit des Landes seien vor allem die Armee und der Zusammenhalt der Gesellschaft entscheidend.
Im Hinblick auf die aktuelle US-amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik unter Donald Trump diskutiert die tschechische Regierung über die Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf bis zu drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Bis 2030 sollen diese jährlich um 0,2 Prozent des BIP steigen. Viel entscheidender für die Verteidigungsfähigkeit eines Landes sei nach Ansicht des Präsidenten jedoch sein Wille zur Selbstverteidigung. Tschechien müsse sich wie auch der Rest Europas stärker auf sich selbst verlassen. Das sagte Tschechiens Präsident Petr Pavel am Donnerstagabend in einem ausführlichen TV-Bilanz-Interview zwei Jahre nach seinem Amtsantritt.
Investition in die eigene Sicherheit
Pavel wies darauf hin, dass es innerhalb der EU, der NATO und den Vereinten Nationen zu erheblichen Veränderungen kommen werde. Europa sei schon zu lange davon überzeugt, ohne die USA nicht in der Lage zu sein, die Sicherheit des Kontinents zu gewährleisten. Europa sei bislang eher auf gegenseitige Zusammenarbeit ausgerichtet gewesen. Doch Russland und der Druck der USA stellen ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. „Wir haben keine andere Wahl, als sehr schnell aufzuwachen und zu erkennen, dass wir das Potenzial und die Kapazität haben“, so der tschechische Präsident.
Statt sich auf die Verteidigungsfähigkeit anhand eines Prozentsatzes der Verteidigungsausgaben im Verhältnis zum BIP zu verlassen, will Pavel eine leistungsfähige Armee und aktive Reserven für die Erhöhung der inneren Sicherheit schaffen. Als Beispiel nannte er IT-Spezialisten, Angehörige des Gesundheitswesens und der Feuerwehr.
Ukraine benötigt Sicherheitsgarantie
Auch für die von den USA angestrebten Friedensverhandlungen in der Ukraine fand Pavel klare Worte und erinnerte an das Münchner Abkommen von 1938, als die damalige Tschechoslowakei auf das Sudetenland verzichtete – im Glauben, damit einen größeren Krieg zu verhindern. Die Ukraine müsse Zusicherungen erhalten, die Gebiete, die sie verteidigt, behalten zu dürfen, so Pavel. Außerdem sollte ihre Integration in die EU und die NATO fortgesetzt werden. Allerdings hält auch Pavel einen Kompromiss angesichts der Realität auf dem Schlachtfeld für notwendig. Es sei momentan schlicht unmöglich, alle besetzten Gebiete zu befreien, ohne weitere enorme Verluste an Menschenleben in Kauf zu nehmen.
Europa hat großes Potenzial
Neben seiner Überzeugung, dass Europa selbst über eine ausreichende Verteidigungsstärke verfügen könne, sieht Pavel ebenfalls Potenzial in den wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Ressourcen. „Wir müssen es nur wecken und in eine Richtung lenken, und dann können wir mit völlig gutem Gewissen und Selbstvertrauen die Rolle einer der Säulen einer multipolaren Welt spielen“, fügte er hinzu.