Der ehemalige NATO-General Petr Pavel gewinnt die Stichwahl zum nächsten Präsidenten der Tschechischen Republik deutlich. Ex-Premier Andrej Babiš erreichte nur etwa 42 Prozent der Stimmen.

Nach Auszählung von ca. 99,9 Prozent der Stimmen gewinnt Petr Pavel mit 58,3 Prozent gegen seinen Konkurrenten Andrej Babiš (ANO), der nur auf knapp 42 Prozent kam. Damit siegte Pavel mit großem Abstand, er gewann in sämtlichen Regionen außer in Ostrau (Ostrava). Die Wahlbeteiligung war mit 70,2 Prozent höher als zum ersten Wahlgang, was auch an dem hoch polarisierenden Wahlkampf lag. Bereits nach der Auszählung von etwa 80 Prozent aller Wahlkreise hatte Pavel uneinholbar vor Babiš gelegen. „In dieser Wahl ging es um Werte. Gewonnen haben Wahrheit, Respekt und Anstand“, so Pavel nach seinem Wahlsieg.

Grafik web Ergebnis Stichwahl

Ex-NATO-General auf der Burg

Mit Petr Pavel gewinnt der bürgerliche Kandidat die Wahl in der Tschechischen Republik. Der Wunschkandidat der aktuellen Regierungskoalition gilt als konservativ und offen für liberale und grüne Positionen wie die Ehe für alle und Klimaschutz. Mit ihm entschieden sich die Bürger Tschechiens für eine klare Westanbindung und die weitere Unterstützung der Ukraine. Innerhalb der EU denkt Pavel öffentlich über eine neue Ausrichtung der Republik nach. „Wir sind mit Ungarn und teilweise mit Polen in ganz grundsätzlichen Fragen unterschiedlicher Meinung, und ich frage mich ob so eine Gruppe noch sinnvoll ist“, erklärte er über das Staatenbündnis der Visegrád-Gruppe.

Damit konnte sich Pavel gegen Andrej Babiš durchsetzen. Dieser ging als oppositioneller Kandidat ins Rennen. Er kritisierte immer wieder die Unterstützung der Ukraine und forderte einen stärkeren Fokus auf die eigene Bevölkerung. Auf Grund seiner populistischen Äußerungen, seines aggressiven Auftretens und zahlreichen Falschaussagen galt er seinen Gegnern als tschechische Version von Trump, Orbán oder Berlusconi. Babiš wurde durch seinen Konzern Agrofert zu einem der reichsten Tschechen und kaufte gezielt große Medien auf, die er in dem Konzern Mafra zusammenfasste. Dennoch gilt er vielen als der Kandidat des kleinen Mannes, da er vor allem mit den Rentenerhöhungen zu seiner Zeit als Premier in Verbindung gebracht wird.

Polarisierender Wahlkampf

Direkt nach der ersten Runde der Wahl griff Babiš seinen Konkurrenten hart an. Er versuchte Angst vor einem Krieg zu schüren, der mit einem Soldaten als Präsident käme. Zudem instrumentalisierte er Pavels Ausbildung in der kommunistischen Militärspionage, indem er ihn mit Putin gleichsetzte. Babiš selbst war nachweislich als Spitzel für die tschechoslowakische Staatssicherheit (StB) tätig. „Wir haben einen sehr unangenehmen Wahlkampf erlebt, vielleicht den schlimmsten in der modernen Geschichte der Tschechischen Republik“, erklärte Premier Petr Fiala (ODS), nachdem er seine Stimme zur Stichwahl abgegeben hat.

Andrej Babiš sagte auf Grund von Morddrohungen seine Auftritte ab, über Petr Pavel war die Falschmeldung im Umlauf, er sei am Tag vor der Wahl verstorben. Vielen Kommentatoren galt diese Wahl daher nicht nur als politische Richtungswahl, sondern auch als eine Entscheidung über die politische Kultur und ein Referendum um die Person Andrej Babiš.

Eine große Rolle spielten auch die Unterstützer der jeweiligen Kandidaten. So erklärten die meisten Unterlegenen der ersten Runde ihre Unterstützung für Pavel. Eine Geste, die wirkte. Die meisten wanderten zum gewählten Präsidenten. Babiš hingegen mobilisierte vor allem die Wähler der rechts-außen Partei SPD, auch die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens (KSČM) rief dazu auf, den Unternehmer zu wählen.

Probleme als Gemeinschaft lösen

„Es ist wichtig, dass wir Probleme gemeinsam als eine Gemeinschaft lösen können“, erklärte Petr Pavel nach seinem Wahlsieg. Die Gesellschaft leide unter den Krisen, mit denen Tschechien in letzter Zeit konfrontiert war. Die Politik müsse sich ändern, von der Suche nach Ausreden hin zur Suche nach Lösungen. „Wir brauchen die Hilfe aller Bürger, um das durchzuziehen“, so Pavel.

„Zunächst einmal gratuliere ich Petr Pavel zur Wahl zum vierten Präsidenten der Tschechischen Republik. Der bürgerliche Kandidat gewann“, erklärte Ministerpräsident Petr Fiala (ODS). Er freue sich auf die Zusammenarbeit mit dem neuen Staatsoberhaupt. Das Wahlergebnis sei der Anfang vom Ende für Andrej Babiš in der tschechischen Politik. „Unsere Gesellschaft geht gespalten aus diesem Wahlkampf hervor“, so Fiala. Nun läge es an der Politik, die Lage wieder zu beruhigen. Die slowakische Präsidentin Zuzana Čaputová gratulierte Pavel ebenfalls zu seiner Wahl zum neuen tschechischen Präsidenten.

Babiš: „ANO wird weiter für euch da sein“

In einer ersten Reaktion rief der in der Stichwahl unterlegene Andrej Babiš seine Anhänger dazu auf, seine Wahlniederlage anzuerkennen. In einer kurzen Pressekonferenz gratulierte Babiš seinem Gegenkandidaten Pavel und rief ihn dazu auf, Präsident aller Bürger zu sein und für die Interessen Tschechiens zu kämpfen. Daneben dankte er seinen Wählern für die Unterstützung und bezeichnete das Wahlergebnis als „famos“. „Die Bewegung ANO wird weiter für euch da sein“, so Babiš. Die Präsidentschaftswahl sei eine neue Motivation für ANO. Sie sei die einzige Partei, die den Menschen helfe.

Die Amtseinführung des neuen Präsidenten ist für den 9. März 2023 geplant.


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