Petr Fiala. Foto: ČTK/ Krumphanzl Michal

Die Partei des tschechischen Premiers Petr Fiala, die konservative ODS, wurde seit dem Regierungsantritt immer beliebter. Dieser Erfolg könnte allerdings das Wahlbündnis SPOLU und damit die anstehende Präsidentschaftswahl gefährden.

Mit Sonntagsfragen in Tschechien ist es immer etwas schwierig umzugehen. Es gibt mehrere seriöse Agenturen, die regelmäßig die politische Stimmung im Land einfangen. Obwohl es sich dabei um repräsentative Studien handelt, sind zwischen den Agenturen immer auch Schwankungen zu beobachten, was allerdings ganz normal ist. Manche messen Zustimmungswerte zu Bündnissen, andere nur zu Parteien, manche fragen auch nach Kleinstparteien und andere nicht, das alles hat Auswirkungen auf die Endergebnisse. Der allgemeine Trend ist aber bei allen ziemlich eindeutig. Da sich seit der letzten Wahl viel getan hat, wagen wir ein halbes Jahr später einen Blick auf die politische Stimmung im Land.

Die Beliebtheit des Premiers…

Viele Bürger der Tschechischen Republik sind mit ihrem Premier Petr Fiala (ODS) durchaus zufrieden. Die Agentur Kantar berichtete sogar, dass die Befragten gezielt ihre Zuneigung zu dem Premier während der Befragung hervorhoben. Der Professor der Politikwissenschaft setzt nach eigener Aussage auf eine Politik der Ehrlichkeit. Politische Entscheidungen, die eine Verschlechterung für die Bürger bedeuten, benennt er als solche und begründet, warum diese dennoch notwendig sind. Damit versucht er einen Kontrast zu seinem Vorgänger Andrej Babiš (ANO) zu setzten, dem er eine Politik des Populismus nachsagt. Dieses Politikverständnis scheint in der Bevölkerung momentan gut anzukommen, auch wenn ANO in den Umfragen noch immer die stärkste Einzelpartei ist.

…ein Problem für SPOLU

Seit der Wahl stieg die Beliebtheit der ODS konstant an, bis zum Jahreswechsel. Zu diesem Zeitpunkt erlebte sie einen kleinen Einbruch, seit dem Krieg in der Ukraine gewann sie wieder konstant an Unterstützung und ist nun so beliebt wie lange nicht mehr. Selbiges trifft allerdings nicht auf das Wahlbündnis SPOLU zu, in welchem sie gemeinsam mit der KDU-ČSL (Christdemokraten) und TOP 09 (Wirtschaftsliberale) die letzte Wahl gewann. Nach der Wahl verlor das Bündnis an Zustimmung und fiel wieder unter die Werte von ANO, hält sich dort aber auf konstant hohem Niveau. Betrachtet man allerdings die Zustimmungswerte für die Einzelparteien des Bündnisses und rechnet sie zusammen, so liegen diese noch immer über ANO. Abschließend lässt sich also nicht eindeutig sagen, ob das liberal-konservative Bündnis oder die Oppositionspartei ANO momentan mehr Zustimmung erhält.

Es zeigt sich allerdings klar, dass das Bündnis um den Premierminister die kleineren Partner zu schlucken droht, eine durchaus gefährliche Entwicklung für SPOLU. Die christlich-konservative KDU-ČSL schafft momentan nach den Umfragen nicht die Fünf-Prozent-Hürde, TOP 09 schafft die fünf Prozent nur gerade so. Beide Parteien verzeichnen gefährliche Verluste in ihren Zustimmungswerten, die meisten wandern zu Fialas ODS ab. Diese Entwicklung könnte negative Auswirkungen auf SPOLU haben, das gemeinsam zu den Kommunalwahlen und der Präsidentschaftswahl antreten möchte. Auch in den Parteien wurde bereits registriert, dass die aktuelle Politik zu einer Stärkung der ODS in SPOLU führt, fraglich ist, wie lange die Partner das noch so hinnehmen werden. Gerade in der Präsidentschaftswahl gegen Ex-Premier Babiš ist der Zusammenhalt des Bündnisses für die Konservativen und Liberalen zentral.

Piraten verlieren, STAN konstant

Das zweite Bündnis der fünf-Parteien-Regierungskoalition besteht aus der Piratenpartei und der Bürgermeisterpartei STAN. Piráti a Starostové, vor der Wahl der größte Konkurrent von ANO und in den Umfragen eine Zeit lang die stärkste Kraft, verlor konstant an Zustimmung. Zeitweise bei fast 30 Prozent, liegen die Zustimmungswerte nun zwischen 15 und 17 Prozent. Vor allem die Piratenpartei verlor an Zustimmung. Die guten Wahlergebnisse für das Bündnis bedeuteten bereits einen unerwarteten Rückschritt für die ehemals große Partei, da – eine Besonderheit im tschechischen Wahlsystem – vor allem Mitglieder des eigentlich kleineren Partners STAN die Vorzugsstimmen und damit Parlamentssitze erhielten. Auch diese Entwicklung setzt sich fort, während die Zustimmung zu STAN konstant, aber niedrig, geblieben ist, fallen die Werte der Piraten seit dem Regierungsantritt.

Auch hier zeigt sich klar, wer am meisten unter der Beliebtheit des Premiers Petr Fiala leidet, nämlich seine Koalitionspartner. Die starke mediale Präsenz des Innenministers Vít Rakušan ist wahrscheinlich ein Grund für die konstanten Ergebnisse von STAN. Die Piraten hingegen schaffen es kaum mehr in das Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit, da die sonstigen Regierungsmitglieder mit starker medialer Präsenz beide aus der ODS kommen, nämlich der Premier Petr Fiala und die Verteidigungsministerin Jana Černochova. Die Zufriedenheit mit der Regierungspolitik sorgt also für eine Stärkung der Person Petr Fiala und zieht die Wähler der Koalitionsparteien zur ODS, eine gefährliche Entwicklung für eine Koalition aus fünf Parteien.

ANO wird immer beliebter

Die Opposition wird hingegen klar von der Partei des ehemaligen Premiers Andrej Babiš dominiert. Seit der Wahl gewann ANO an Zustimmung, momentan ist sie mit ungefähr 27 Prozent die beliebteste Einzelpartei. Gerade in den Zeiten der Krise setzt die Partei verstärkt auf Sozialpolitik und kritisiert aus dieser Position heraus die Regierung. Die erneuten Ermittlungen gegen Andrej Babiš wegen Veruntreuung von EU-Geldern sowie diverse Verfahren gegen Mitglieder seiner alten Regierung scheinen seiner Beliebtheit keinen Abbruch zu tun. Babiš inszeniert sich als Opfer politisch motivierter Gerichtsverfahren, zugleich versucht er ein Staatsmännisches Image zu wahren.

Er wird nächstes Jahr auf das Präsidentenamt kandidieren, das höchste Amt der Republik. SPOLU kündigte an, einen gemeinsamen überparteilichen Gegenkandidaten aufzustellen, bisher hat sie diesen allerdings nicht gefunden. Die Beliebtheit von ANO und Babiš wird folglich auch die nächsten großen Wahlen in Tschechien bestimmen. Das regierende Bündnis, das vor allem als Allianz gegen Babiš, Korruption und Populismus gewählt wurde, tut sich allem Anschein nach schwer mit der Suche nach einem schlagkräftigen Gegner für den ehemaligen Premier.

Kommunisten und Sozialdemokraten in der Bedeutungslosigkeit

Am schlechtesten fallen die Umfragewerte für die Kommunisten und Sozialdemokraten aus. Diese haben anscheinend noch keinen öffentlich wahrnehmbaren außerparlamentarischen Arbeitsmodus gefunden. Die Sozialdemokraten waren ebenfalls Mitglied der Regierung Babiš, welche nur durch die Duldung der Kommunisten arbeitsfähig war. Bei der Wahl scheiterten die beiden Parteien, welche auf eine lange Tradition in Tschechien zurückblicken, an der Fünf-Prozent-Hürde. Sie verloren seitdem weiter an Unterstützung, beide versammeln jeweils 2,5 Prozent der Wähler hinter sich. Seit ihrem Verschwinden wird sozialpolitische Kritik an der Regierung vor allem von Nationalisten geäußert, nämlich von der populistischen ANO und der rechtsaußen-Partei SPD.

Die SPD gewann, im Gegensatz zu ANO, in den vergangenen Monaten nicht an Zustimmung. Sie hatte sich vor allem mit ihrer Gegnerschaft zu den Anti-Corona-Maßnahmen versucht zu profilieren. Diese gibt es allerdings in Tschechien inzwischen kaum mehr. Momentan nimmt sie in dem Ukraine-Krieg eher russische Positionen ein, eine absolute Minderheitenmeinung in Tschechien. Mit 9,5 Prozent in den aktuellen Umfragen ist die Partei ungefähr so stark wie zur Wahl, im Vergleich zum Vorjahr verlor sie allerdings zwei Prozentpunkte.

Werden Sie noch heute LandesECHO-Leser.

Mit einem Abo des LandesECHO sind Sie immer auf dem Laufenden, was sich in den deutsch-tschechischen Beziehungen tut - in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder Kultur. Sie unterstützen eine unabhängige, nichtkommerzielle und meinungsfreudige Zeitschrift. Außerdem erfahren Sie mehr über die deutsche Minderheit, ihre Geschichte und ihr Leben in der Tschechischen Republik. Für weitere Informationen klicken Sie hier.