Zum ersten Mal innerhalb seiner Amtszeit hat der tschechische Präsident Petr Pavel ein Veto gegen eine Gesetzesänderung eingelegt. Damit scheiterte das Vorhaben des Parlaments, ab Januar 2025 für Teile der Rechtsprechung keine Schöffenrichter mehr einzusetzen.

Der Abschaffung von Schöffen in Gerichtskammern, besonders in einem solch großen Umfang, hätte eine gründlichere Analyse vorangehen müssen, begründete Pavel sein Veto in einem Brief an die Präsidentin des Repräsentantenhauses, Markéta Pekarová Adamová (TOP 09). Damit machte der Präsident zum ersten Mal innerhalb seiner knapp anderthalbjährigen Amtszeit von seinem Recht Gebrauch, ein Gesetz an das Parlament zurückzugeben.

Novelle soll Bürokratie abbauen

Wie Adamová bekanntgab, respektiere das Parlament das Veto des Präsidenten. Der Gesetzentwurf sei in ihren Augen jedoch ein notwendiger Teil einer Regierungsmaßnahme, um Bürokratie abzubauen und Gerichtsverfahren effizienter zu gestalten. Durch die im Rahmen des Bürokratieabbaus getroffenen Maßnahmen rechnet die Regierung mit jährlichen Einsparungen von bis zu acht Millionen Kronen (etwa 320.000 Euro).

Schöffenrichter sollten demnach nicht mehr in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten im Zivilbereich eingesetzt werden und auch nicht in den Strafsenaten der Bezirksgerichte. In diesen Verfahren hätte nur ein Einzelrichter den Vorsitz. Pavel schlug hingegen vor, das System der Schöffenrichter zu verbessern, statt es derart einzuschränken. „Ich glaube auch, dass der Verabschiedung einer so wichtigen Änderung im Justizwesen als einer der Säulen der Demokratie eine ausführliche politische Debatte hätte vorausgehen müssen, damit der Gesetzentwurf auch in der Opposition mehr Unterstützung finden würde“, so der Präsident.

Schöffen sind Teil der Rechtskultur

Wie Pavel weiter ausführte, sei die Beteiligung von Schöffen an der Ausübung der richterlichen Gewalt Teil der Rechtskultur. Nicht nur in Tschechien, sondern in weiten Teilen Europas, wie etwa in Frankreich, Spanien oder Dänemark. „Ich halte den angenommenen Änderungsantrag für schlecht durchdacht, unzureichend und wenig überzeugend begründet und im Kontext der europäischen Rechtskultur äußerst ungewöhnlich.“ Der Einsatz von Schöffenrichtern trägt im politischen System zu einer stärkeren Demokratisierung, Legitimität und Offenheit der Justiz bei. In der Woche vom 13. September kann sich das Parlament erneut mit den Änderungen der Novelle befassen.

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