Zu Jahresbeginn hat Präsident Petr Pavel in seiner Neujahrsansprache die Debatte um die Einführung des Euros in Tschechien wieder neu entfacht. Die Regierungskoalition steht nicht geeint hinter dem Vorschlag. Die Opposition bereitet ein Referendum vor.
Die Regierung plant in diesem Jahr eine Reform der öffentlichen Finanzen und die Senkung des Staatsdefizits von 3,6 auf 2,2 Prozent des BIP. Damit sehen Befürworter des Euros eines der Maastricht-Kriterien erfüllt, welche die Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung in Tschechien erst möglich machen.
Erste Maastricht-Kriterien sollen 2024 erfüllt werden
Insgesamt vier Kriterien sieht der Maastricht-Vertrag zur Einführung des Euros vor: Die Inflationsrate muss 1,5 Prozentpunkte unter der durchschnittlichen Inflation der drei Euro-Länder mit dem geringsten Preiswachstum liegen und der Zinssatz darf nicht mehr als 2 Prozentpunkte über dem Durchschnitt der drei Euro-Länder mit der niedrigsten Inflation liegen. Die maximale Höhe des Haushaltsdefizits ist auf 3 Prozent des BIP festgesetzt und die maximale Höhe der Verschuldung beträgt 60 Prozent des Wechselkursmechanismus.
Davon wolle die tschechische Regierung in diesem Jahr zumindest drei Kriterien erfüllen, wie Marian Jurečka (KDU-ČSL) am Sonntag in der Polit-Talk-Sendung „Otázky Václava Moravce“ erklärte. Aktuell gebe es jedoch noch keine Einigung über den Beitritt zur Eurozone. „Wenn wir realistisch sprechen, möchte die Tschechische Republik irgendwann im Jahr 2030 den Euro einführen und im Jahr 2028 in den europäischen Wechselkursmechanismus eintreten“, so Jurečka weiter.
Regierungskoalition nicht geschlossen für den Euro
Innerhalb der Regierungskoalition unterstützen vor allem die STAN und TOP 09 die Einführung des Euros. Die Parteien drängen darauf, die Erfüllung der Maastricht-Kriterien in diesem Jahr auf den Weg zu bringen und werden dabei von Vertretern der Piraten und der KDU-ČSL unterstützt.
„Wir haben ein Regierungsdokument auf dem Tisch, in dem unsere Bereitschaft [zur Einführung des Euro; Anm. d. Red.] bewertet wird, wie in einem Regierungsbeschluss vom letzten Jahr gefordert. Überraschenderweise heißt es in dem Dokument, dass wir grundsätzlich bereit sind, alle Kriterien in diesem oder im nächsten Jahr zu erfüllen“, sagte Martin Dvořák (STAN), Minister für europäische Angelegenheiten, im Tschechischen Fernsehen. Die Entscheidung für den Euro sei viel mehr eine politische als eine wirtschaftliche, erklärte er und verwies auf die Vorteile für die die tschechische Wirtschaft. So würden etwa Wechselkursrisiken entfallen. Abgesehen davon würden viele tschechische Unternehmen ohnehin bereits in Euro handeln.
Der fünfte Koalitionspartner – die ODS – besteht hingegen weiterhin auf die Tschechische Krone und spricht sich gemeinsam mit der parlamentarischen Opposition (ANO und SPD) gegen die Einführung des Euros aus. Die Uneinigkeit der Regierungsparteien zeigt sich deutlich im Abgeordnetenhaus: Bei sofortiger Abstimmung über den Vorschlag in der Abgeordnetenkammer würde die Einführung des Euros abgelehnt werden.
Insbesondere Premierminister Petr Fiala und Finanzminister Zbyněk Stanjura (beide ODS) sprachen sich öffentlich gegen die Einführung des Euros aus. Ihrer Ansicht nach sei die Debatte über den Euro zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht. „In unserer Programmerklärung geht es darum, die öffentlichen Finanzen in Ordnung zu bringen, erst danach können wir mit der Debatte über die Einführung des Euro beginnen“, so der Finanzminister. Auch Jan Skopeček (ODS) betont, dass zum jetzigen Zeitpunkt kein Grund bestünde, die europäische Währung anzunehmen. Die EU dränge Tschechien nicht zu diesem Schritt und der Euro sei kein Garant für eine niedrige Inflation. Die Tschechische Krone schade der tschechischen Wirtschaft in keiner Weise.
Opposition fordert Referendum
Auch die oppositionelle ANO-Bewegung und Vertreter der rechtsnationalen SPD sprachen sich gegen die Einführung des Euros aus. Laut dem früheren Europaabgeordneten und SPD-Wirtschaftsberater Petr Mach sei die Tschechische Krone ein Symbol und ein Teil der staatlichen Souveränität. Die stellvertretende ANO-Parteichefin Alena Schillerová kündigte an, dass ihre Partei ein Referendum vorbereiten werde, um die Meinung der Bürger zu berücksichtigen.
Schillerová begründete ihre Ablehnung einer einheitlichen europäischen Währung in der stabilen Wirtschaft Tschechiens sowie der hohen Verschuldungsrate der Euro-Zone und erinnerte an die Ergebnisse einer Umfrage des Zentrums für Meinungsforschung vom vergangenen Juni, in der sie die Notwendigkeit einer Volksabstimmung begründet sieht.
Umfrage zeigt: Tschechische Öffentlichkeit ist gegen den Euro
Wie die jüngsten Umfragewerte des Zentrums für Meinungsforschung (CVVM) zeigen, sprachen sich noch im Juni 2023 rund drei Viertel der Befragten gegen die Einführung des Euros in Tschechien aus. Knapp 22 Prozent erklärten sich hingegen zu Befürwortern einer einheitlich europäischen Währung.
Ende 2023 war die tschechische Währung gegenüber dem Euro allerdings auf dem schwächsten Stand seit Herbst 2022, was in der hohen Inflation und der schwachen Entwicklung der Wirtschaft begründet liegt, was das öffentliche Meinungsbild mittlerweile geändert haben könnte.