Das Kunstgewerbemuseum in Prag zeigt die Ausstellung „Die Sprache der Plakate 1890-1936“.

Für Kuratorin Lucie Vlčková war es nicht einfach, für die neue Plakat-Ausstellung des Kunstgewerbemuseums Prag eine Auswahl zu treffen. Denn das Haus hat im Laufe der Zeit in seinem Fundus rund 30.000 Plakate zusammengetragen. Damit zählt sie zu den ältesten europäischen Plakatsammlungen überhaupt. Schließlich hat die Kuratorin 280 Exponate ausgewählt, die Künstler aus dem In- und Ausland geschaffen haben. Unter ihnen finden wir klangvolle Namen wie Henri de Toulouse-Lautrec, Jules Chéret, Howard Chandler Cristy, Alfons Mucha, Vojtěch Preissig oder František Zelenka. Die Ausstellung zeigt außer großflächigen Kunstobjekte 50 weitere Exponate, darunter historische Kunstzeitschriften und Bücher.

Parfüm-Werbung gestaltet von Jupp Wiertz aus dem Jahr 1927. Foto: UPM Praha

Berühmte Künstler

„Das Plakat stellt ein selbständiges visuelles Kommunikationsmedium dar, das die Ästhetik der sogenannten Hochkunst auf bestimmte Weise mit den Bildschemata von Popkultur vereint“, erklärt Kuratorin Vlčková. „Das Plakat hielt man zwar mit Beginn seiner massiven Verbreitung Ende des 19. Jahrhunderts für ein selbstständiges Kunstwerk, doch seine Existenz war vom Anfang an mit dem kommerziellen Zweck verbunden“, fährt sie fort. Daher hatte die Mehrzahl der Plakate keine künstlerischen Ambitionen, doch wie die aktuelle Ausstellung beweist, gab es eine Menge von Ausnahmen, auf denen man die Entwicklung des graphischen Designs hinsichtlich ihrer künstlerischen, historischen und kulturellen Bedeutung verfolgen kann. „Da das Plakat immer auf Bestellung entsteht, beeinflussen seine Gestalt viele nichtkünstlerische Aspekte, von Forderungen und Geschmack des Auftraggebers, den Verkaufsstrategien bis hin zum Zielpublikum“, erklärt die Kuratorin.

Werbung, Kunst und Ideologie

Seit seiner Entstehung in den 1880er Jahren besaß das Plakat als Medium im Bereich der Kultur, Wirtschaft und Propaganda seine eigene Sprache. Die Ausstellung verdeutlicht das anhand von drei Themenbereichen: Kunst, Werbung und Ideologie.

Den ersten Bereich beherrschen berühmte Künstlerplakate, allen voran von Henri Toulouse-Lautrec, auf denen er häufig das ausschweifende Leben um Montmartre abbildete. Die hiesige Künstlerszene vertritt selbstverständlich Alfons Mucha, der dank seines Veranstaltungsplakats zum Theaterstück „Gismonda“ für Sarah Bernhard zu einem der begehrtesten Plakatkünstler des Jugendstils wurde. Im frühen Plakatschaffen verbanden sich zeitgenössische Malerei und die Inspiration des japanischen Holzschnittes. Außerdem ist für die damalige Plakatkunst eine zentrale Frauenfigur bezeichnend, die klischeehaft die Plakatgeschichte begleitet, bis hin zum Mittel als Manifestation der aufkommenden Emanzipation.

Das Plakat, mit dem das Kunstgewerbemuseum für die Ausstellung wirbt, gestaltete František Zelenka (1904-1944). Der leider immer noch wenig bekannte Architekt, Bühnenbildner und Designer wirkte im Befreiten Theater des Komikerduos Jan Werich und Jiří Voskovec. Parallel zur Bühnenarbeit entwarf er Theaterkostüme, aber auch Plakate sowie Schallplattenumschläge. Sein Stil wird von klaren Farbflächen geprägt, auf die er Titel, graphische Symbole und Fotografien aufteilt. Wie bei diesem Plakat, arbeitete er häufig mit diagonalen Motiven, die vom Bauhaus-Einfluss zeugen. Seine Sichtweise charakterisiert die Poetik. Kein Wunder, Zelenka war ein Mitglied des tschechischen Avantgarde-Vereins Devětsil. Zu seinen bekanntesten Werken im Innenbereich gehört das Blaue Zimmer von Jaroslav Ježek, das man bis heute in der Kaprova-Straße in Prag besuchen kann. Der begabte Künstler wurde mit seiner Frau und ihrem achtjährigen Sohn wegen seiner jüdischen Abstammung im Konzentrationslager Auschwitz ermordet.

Teures Filmplakat

In der zweiten Abteilung, die sich der Werbung nach 1920 widmet, werden Werke aus spezialisierten Ateliers präsentiert, wie beispielsweise das Studio von Vilém Rotter oder Rudolf Höns. Zu bewundern sind auch Originalplakate der Schuhwerke Baťa in Zlín oder des Prager Kaufhauses Brouk und Babka.

Die Plakatverzierung, die man für unnötig hielt, wird durch allgemein verständliche Muster und Grundfarbtöne ersetzt, um die Schlüsselbotschaft deutlich zu vermitteln. Daher wurde die Sprache des Plakats sparsamer, visuell jedoch eindringlicher. Gemeinsam mit den Werbeplakaten werden auch farbenfrohe Kinoplakate ausgestellt. Darunter sticht vor allem eines der teuersten Kinoplakate aller Zeiten zum Film „King Kong“ ins Auge, dessen Wert heute auf bis zu 650.000 US-Dollar gestiegen ist.

Der letzte Ausstellungsteil behandelt die Rolle des Plakats für die Ideologie. Als Propagandamittel diente das Plakat während der Gründungsphase der Tschechoslowakei zur Stärkung des Nationalbewusstseins      sowie während der beiden Weltkriege. Zum häufigen Plakatmotiv wurde die Anwerbung in die Armee, wobei der Soldat nicht selten einem Actionhelden ähnelte.

Die Ausstellung „Die Sprache der Plakate 1890-1936“ ist im Kunstgewerbemuseum in Prag, ulice 17. listopadu in Prag 1, täglich außer montags von 10-18 Uhr, dienstags 10-20 Uhr, bis 9. April 2023 geöffnet. Mehr auf www.upm.cz

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