Die Prager Staatsoper bringt Alexander Zemlinskys „Kleider machen Leute“ wieder auf die Bühne. Am 24. Feburar feiert das Stück seine Premiere.

Im Herbst 2020 startete die Staatsoper Prag mit dem Zyklus „Musica non grata“, in dem Werke von Komponisten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aufgeführt werden. Es handelt sich um Künstler, die vom nazistischen Regime aus religiösen, politischen oder rassischen Gründen verfolgt wurden. Nachdem Pavel Haas, Gideon Klein, Arnold Schönberg, Vítězslava Kaprálová oder Ilse Weber präsentiert wurden, zeigt die Staatsoper Prag nun Alexander Zemlinsky (1871-1942) mit der musikalischen Komödie „Kleider machen Leute“ nach der gleichnamigen Erzählung des Schweizer Schriftstellers Gottfried Keller.

Opernchef in Prag

„Alexander Zemlinsky ist aufgrund seines Lebensschicksals nicht nur die zentrale Persönlichkeit des Projekts ‚Musica non grata’, sondern auch einer der führenden Künstler, der mit der Geschichte der Staatsoper Prag verbunden ist“, betont der künstlerische Direktor der Oper des Nationaltheaters und der Staatsoper Per Boye Hansen. Er verweist auf 16 Prager Wirkungsjahre Zemlinsky’s zwischen 1911 und 1927, in denen er die Prager Opernbühne auf die Stufe namhafter europäischer Opernhäuser gehoben hat. In der Moldaustadt komponierte Zemlinsky auch seine bedeutendsten Opernwerke, darunter „Eine florentinische Tragödie“ und „Der Zwerg“ sowie die „Lyrische Symphonie“, die in Prag Weltpremiere feierte.

Alexander Zemlinsky. Foto: Arnold Schönberg Center Wien,

An der Oper „Kleider machen Leute“ arbeitete Zemlinsky von 1907 bis 1909, als ihn sein Freund und Berater Gustav Mahler an den Wiener Hof einlud. Die Premiere feierte das Stück 1910 in der Wiener Volksoper. Später jedoch, schon auf dem Posten des Opernchefs im Neuen deutschen Theater in Prag, kam Zemlinsky mit der zweiten Fassung. Am 20. April 1922 wurde die Oper in der heutigen Staatsoper Prag uraufgeführt.

Amüsantes Verwirrspiel

Das Libretto des Werkes, das zwischen einer Komödie und einem Märchen schwebt, verfasste Leo Feld. Die Handlung beginnt in dem Augenblick, als auf dem Hauptplatz des verschlafenen Provinzstädtchens Goldach ein geheimnisvoller Besucher aus der Kutsche aussteigt. Da der Kutscher zu wenig Trinkgeld bekommen hat, stellt er ihn aus der Rache als einen polnischen Grafen vor. In Wirklichkeit geht es jedoch um den gutgekleideten Schneidergesellen Wenzel Strapinski. Ein amüsantes Verwirrspiel nimmt seinen Lauf, während dem die Bewohner von Goldach hoffen, durch die Gunst des geheimnisvollen Herren zu einem glücklicheren Leben zu kommen.

Dirigiert wird die Wiederaufführung von Giedrė Šlekytė. „Dieses Stück trägt viel vom Wiener Esprit, in dem Sinne, dass alles möglich ist. Ganz bestimmt fährt man nicht im ‚Sparregime‘, sondern man setzt einen Großteil des Orchesters ein“, beschreibt die litauische Künstlerin die musikalische Seite von Zemlinskys Oper. „Die Musik zeichnet sich durch einen vollen Klang des Orchesters aus, besonders in den zwei fantastisch komponierten Zwischenspielen, die ungewöhnlich für eine Oper sind. Die Musik von Zemlinsky ähnelt einem Feuerwerk: Sie ist wunderbar farbig und energiegeladen. Was mir persönlich gefällt, ist die Anmut einzelner Figuren, die sehr gut geschildert werden, was die Auswahl an Stimmen und Tempo betrifft“, so die Dirigentin weiter. Sie verrät auch ihre Lieblingspassage: „Es ist der Anfang des zweiten Aktes, eigentlich ein Konzert auf der Bühne. Dabei ertönt Heinrich Heines Lied ‚Lehn deine Wang an meine Wang‘“, sagt Šlekytė.

Das Plakat der Uraufführung der Zweitfassung von „Kleider machen Leute“ in Prag. Foto: Theaterarchiv Nationaltheater

Zeitloses Thema

Die Regie übernahm Jetske Mijnssen aus den Niederlanden, die von der Kritik für ihre Visualität der Musik geschätzt wird. Worauf sie besonders aufmerksam macht, ist die Aktualität der Oper: „Wieviele von uns folgen wie die Helden unserer Erzählung jemandem, der für uns nichts tun kann, und doch sind wir davon fest überzeugt, dass es sich schließlich lohnen wird?“, fragt die Regisseurin. Übrigens ist es Mijnssen zu verdanken, dass Šlekytė das Dirigat am Nationaltheater übernommen hat. Denn wie Šlekytė verrät, habe die vorhergehende Zusammenarbeit in Berlin beiden „einen Riesenspaß“ gemacht, den sie sich auch in Prag nicht entgehen lassen möchten.

Die Premiere wird am 24. Februar 2023 in der Staatsoper Prag gefeiert. Die weiteren Aufführungen folgen am 26. Februar sowie am 3., 9. und 18. März in der deutschen Originalsprache, mit englischen und tschechischen Untertiteln.

Mehr dazu auf www.narodni-divadlo.cz und https://www.musicanongrata.cz/

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