Der Prager Künstler David Černý hat Anfang April im Stadtteil Smíchov eine dauerhafte Ausstellung seiner Werke eröffnet. Das „Musoleum“ zeigt Skulpturen, Zeichnungen und Fotografien aus mehr als 30 Jahren Arbeit, die nicht selten die Gemüter erregten. Schlagzeilen machte auch die Preispolitik des „Musoleums“: Kunst- oder „linksgerichtete“ Studenten sollen beim Eintritt mehr bezahlen müssen.

Wer durch Prag spaziert, dem ist es praktisch unmöglich, nicht mit ihm in Berührung zu kommen. Sei es Franz Kafkas rotierender Kopf neben dem Quadrio-Einkaufszentrum, Babys, die den Fernsehturm in Žižkov hochkrabbeln oder eine riesige Frau, die ein Wohnhaus in Karlín stützt: David Černýs Kunst ist in der tschechischen Hauptstadt allgegenwärtig. Seit mehr als 30 Jahren erregt der Künstler weltweit Aufmerksamkeit, seine Kunst gilt aufgrund der teils politischen Aussagen und bizarren Motive als umstritten. In seiner Karriere malte er schon sowjetische Kriegsdenkmale pink an, versenkte eine lebensgroße Saddam-Hussein-Puppe in Formaldehyd und nahm in seiner „Entropa“-Skulptur die EU-Mitgliedsstaaten aufs Korn.

Im „Musoleum“ stellt David Černý seine Kunstwerke aus. Foto: Johanna Flint

Nun hat der Künstler für mehrere Hundert seiner Kunstwerke ein Museum in Prag eröffnet. Umgeben von einer großen Baustelle steht das „Musoleum“ auf dem Gelände der ehemaligen Schnapsbrennerei „Lihovar“ im Prager Stadtteil Smíchov. Auf sechs Etagen und 1200 Quadratmetern stellt Černý Werke aus seinem Atelier und Modelle von größeren Installationen aus. Auch einige Skulpturen, die denen aus der Innenstadt ähneln, sind zu finden. Das „Musoleum“ sei ein Querschnitt seiner Künstlerkarriere, so Černý. Der Name setzt sich aus den Begriffen Museum und Mausoleum zusammen, der Ort ist für seine Werke also Ausstellung und letzte Ruhestätte in einem.

Vielfältige Ausstellungsstücke

Angst, Wut, Belustigung, Ekel, Verwunderung – das sind nur einige der Emotionen, die man verspüren mag, wenn man die Ausstellung besucht. Die Kunstwerke sind laut, farbenfroh und teilweise verstörend. Von gigantischen detaillierten Geschlechtsteil-Skulpturen über bunte Röntgenaufnahmen von Koffern, die mit Gewehren und Granaten gefüllt sind, bis hin zu per Bewegungsmelder aktivierten, sich drehenden Skulpturen im dunklen Keller, bei denen einem das Herz in die Hose rutscht. Die Kunstwerke sind so vielfältig, dass man kaum glauben kann, dass sie alle von derselben Person geschaffen wurden.

Auch einige „Klassiker“ sind zu sehen, beziehungsweise deren Modelle. Für die „Entropa“-Skulptur, die Černý 2009 zur EU-Ratspräsidentschaft Tschechiens gebaut hat, bediente sich der Künstler damals an allen möglichen Klischees. Deutschland wurde beispielsweise mit einem Autobahnnetz dargestellt, dessen Anordnung als Hakenkreuz verstanden werden kann. Auch zu sehen ist ein roter Doppeldeckerbus, der Liegestützen macht. Das Original stand 2012 während der Olympischen Spiele in London.

Doch nicht nur Černýs eigene Kunst ist im „Musoleum“ zu sehen. Einer der Räume steht für wechselnde Ausstellungen zur Verfügung, die kostenlos zugänglich sind. Den Anfang macht der Fotograf Dan Materna: Seine großflächigen Fotografien zeigen Detailaufnahmen der Brennerei vor ihrer Restauration.

In einem der Räume stellt der Fotograf Dan Materna für kurze Zeit seine Fotografien aus. Foto: Johanna Flint

Gelände wird Wohnkomplex

Zwischen Etage vier und fünf gibt es eine Terrasse, von der aus man einen interessanten Blick auf die Stadt hat, vor allem aber auf die umliegende Baustelle. Von den ursprünglichen Gebäuden der Brennerei steht neben dem „Musoleum“ nur noch ein Schornstein. Die Firma Trigema baut auf dem Gelände einen Wohnkomplex, der teilweise schon bis zum Ende dieses Jahres fertig werden soll. An der Konzeption der Häuser war Černý mit seinem Architekturbüro „Black n‘ Arch“ maßgeblich beteiligt. Der ursprüngliche industrielle Charakter soll beim Bau beibehalten werden. Außerdem werden Maternas Bilder die Empfänge der Wohnhäuser schmücken.

Ein metallener Mittelfinger zeigt von der Terrasse in Richtung Innenstadt.

Auf der Terrasse stehen zwei Metallskulpturen: ein Kopf aus Stäben, durch die man das Gehirn sehen kann und direkt daneben ein großer Mittelfinger. Dieser zeigt über die Moldau hinweg in Richtung Innenstadt. Vor zehn Jahren schwamm die Skulptur, damals noch lila, auf der Moldau und zeigte auf die „scheiß Kommunisten auf der Burg“. Damit meinte Černý wohl den damaligen Präsidenten Miloš Zeman, der seinen Amtssitz auf der Prager Burg hatte. Wohin genau der Finger heute zeigt, das müsste man den Künstler fragen. Wer Glück hat, kann das im „Musoleum“ tun, denn von Zeit zu Zeit ist er dort im hauseigenen Café anzutreffen.

Das „Musoleum“ hat von montags bis freitags von 13 bis 19 Uhr geöffnet, samstags und sonntags ist es von 10 bis 18 Uhr offen. Der Eintritt kostet regulär 250 Tschechische Kronen (10,75 Euro). Aber auch bei der Preispolitik hat sich der Ausnahmekünstler einen „Spaß“ erlaubt. Kunst- und links orientierte Studenten müssen bei der Buchung eines Tickets über die Website www.musoleum.cz angeblich 300 (12,89 Euro) beziehungsweise 500 Tschechische Kronen (21,48 Euro) für ein Ticket zahlen.

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