Am 24. April fand in Prag der „Glühwürmchenlauf“ (Noční běh pro Světlušku) statt – ein nächtlicher Benefizlauf zugunsten blinder und sehbehinderter Menschen. Unser Landesblogger Luis war dabei.
Ein leuchtender Strom aus Stirnlampen, Regen auf der Jacke und das Gefühl, gemeinsam etwas Sinnvolles zu tun: Der „Glühwürmchenlauf“ (Noční běh pro Světlušku) ist keine gewöhnliche Laufveranstaltung. Da bildete auch die diesjährige Ausgabe am Donnerstag, den 24. April, keine Ausnahme. Bei diesem Nachtlauf durch den Prager Stromovka-Park starten jedes Jahr hunderte von Menschen – blinde und sehende, junge und alte – für eine gemeinsame Sache: mehr Sichtbarkeit und Unterstützung für Menschen mit Sehbehinderung. Die Veranstaltung wird von der Stiftung Světluška („Glühwürmchen“) des Tschechischen Rundfunks organisiert, die sich seit 2003 in Tschechien für blinde und sehbehinderte Menschen einsetzt. Mit den Startgeldern und Spenden werden Assistenzdienste, die Ausbildung von Blindenhunden und barrierefreie Studienangebote finanziert. Doch mindestens genauso wichtig ist das Zeichen, das dieser Lauf mit dem Motto „Du siehst, du siehst nicht, du läufst“ setzt: Der „Glühwürmchenlauf“ symbolisiert die Herausforderungen, mit denen blinde und sehbehinderte Menschen täglich konfrontiert sind und ruft zur Solidarität und Unterstützung auf.
Ankunft auf dem Messegelände
Für mich ist es das erste Mal, dass ich an einem solchen Lauf teilnehme. Ich fahre mit der Straßenbahnlinie 6 bis zur Endhaltestelle Výstaviště. Schon in der Bahn sehe ich weitere sportlich gekleidete Teilnehmer. Auch sie tragen meistens ähnlich wie ich eine lange Sporthose und eine dünne Sportjacke, denn leider spielt das Wetter an diesem Abend nicht mit. Typisches Aprilwetter hat die Sonne und die angenehmen 17 Grad des Vortages gegen leichten Regen bei frischen 13 Grad eingetauscht. Kaum ausgestiegen, bietet sich mir ein lebendiges Bild: Zahlreiche Menschen bewegen sich über das Prager Messegelände (Výstaviště) im Stadtteil Holešovice, wo die Veranstaltung stattfindet. Als Erstes gehe ich zur Anmeldung. Dort bekomme ich mein Armband zur Registrierung, einen Magneten zur Erinnerung sowie eine Stirnlampe, die bei diesem besonderen Nachtlauf zur Pflichtausstattung gehört. Das Ticket kostet 500 Tschechische Kronen (ca. 20 Euro) und der Erlös kommt direkt der Stiftung Světluška zugute.
Begleitveranstaltung mit Konzert
Bevor es losgeht, mische ich mich unter die Menge. An zahlreichen Ständen der Lauf-Sponsoren gibt es Snacks und Getränke. Trotz des Wetters ist die Stimmung ausgelassen. Kinder rennen umher, Erwachsene und Jugendliche plaudern angeregt. Um 20.00 Uhr beginnt das kleine Begleitprogramm mit einem Auftritt der tschechischen Sängerin Martina Pártlová. Sie bringt das Publikum mit Songs wie „Si to udělám sama“ zum Mitsingen und Tanzen. Danach animiert eine Moderatorin auf der Bühne die Teilnehmer zu einfachen Aufwärmübungen. Kurz vor dem Start um 21.00 Uhr mischen sich Trommler unter die Menge. Ihr Rhythmus kündigt an, dass es gleich losgeht. Langsam setzt sich die Gruppe in Bewegung, alle in Richtung des Ausgangs des Messegeländes. Es ist inzwischen dunkel geworden, nach und nach schalten die Teilnehmenden ihre Stirnlampen ein. Um mich herum sehe ich nur noch helle Lichtpunkte. Wir bilden eine leuchtende Schlange, die sich durch das Eingangstor nach draußen und in den Stromovka-Park schlängelt. Hier beginnt der Lauf und ich bin mittendrin.

Die Strecke durch den Stromovka-Park
An wirkliches Laufen ist beim Eintritt in den dunklen Park erstmal nicht zu denken. Es ist eher ein gemeinsames Gehen. Das Teilnehmerfeld ist bunt gemischt: Neben mir laufen ältere Menschen, Jugendliche und Eltern mit kleinen Kindern. Aber auch mehrere blinde Teilnehmer sind dabei, zum Teil mit Begleitpersonen. Sogar ein paar Hunde trippeln zwischen den Beinen der Menschen herum. Es ist ein gemischtes Feld, was den Lauf neben der Tatsache, dass er in der Nacht stattfindet, besonders macht. Die ersten Meter führen über breite Wege mit leichtem Anstieg am Planetarium vorbei und weiter in den Park hinein. An vielen Stellen stehen freiwillige Helfer, die uns den Weg zeigen. Durch den asphaltierten Boden stört die Nässe zum Glück nicht. Nach und nach komme ich dann gut ins Laufen, da sich das Feld etwas auseinandergezogen hat. Während des Laufs drehe ich mich ab und zu für einen Blick auf das Teilnehmerfeld hinter mir um. Überall blinken die Stirnlampen. Es sieht aus, als würden hunderte kleine Lichter durch den Park schweben, wie Glühwürmchen.

Gemeinsam für mehr Sichtbarkeit
Der „Glühwürmchenlauf“ (Noční běh pro Světlušku) findet 2025 bereits zum 14. Mal statt und wird in sieben Städten in ganz Tschechien durchgeführt. Seit der ersten Veranstaltung haben bereits mehr als 68.500 Teilnehmer mitgemacht. Dabei kamen über die Jahre insgesamt 30,4 Millionen Tschechische Kronen (ca. 1,2 Millionen Euro) an Spenden zugunsten von Projekten für blinde und sehbehinderte Menschen zusammen. Während des Laufs fühlt man sich nicht als Fremder, sondern als ein Teil der Gruppe. Ich genieße die Ruhe im Wald nach dem lauten Konzert und auch der Regen stört mich nicht mehr. Ganz im Gegenteil: Beim Laufen ist er sogar ganz angenehm. Die Strecke führt in einem großen Bogen um die Teiche des Parks wie beispielsweise den größeren Rudolfsteich (Rudolfův rybník) oder den Grünen Teich (Zelený rybník) herum. Auf der anderen Seite des Parks angekommen, geht es in einen breiten und gut beleuchteten Abschnitt, der mir besonders gefällt, weil man hier mehr Platz zum Laufen hat und die Natur trotz der Dunkelheit besser wahrnimmt. Nach dem geraden Abschnitt laufe ich am Steinbrunnen (Kamenná kašna) vorbei. Von hier aus ist es nicht mehr weit bis zum Ziel. Einen letzten Anstieg gilt es zu absolvieren, ehe ich kurz vor dem Ende wieder das Planetarium auf der linken Seite erkenne. Vor dem Ziel haben sich ein paar Schaulustige versammelt, die uns Läufer anfeuern. Nach insgesamt rund 2,8 Kilometern endet der Rundkurs wieder dort, wo er begonnen hat: auf dem Prager Messegelände. Hier gibt es für jeden noch eine Flasche Wasser nach dem letztendlich durchaus anstrengenden Lauf durch die Nacht.
Laufen und helfen
Um 22 Uhr machen sich die meisten Menschen wieder auf den Heimweg. Was bleibt, ist das Gefühl, sportlich aktiv gewesen zu sein und gleichzeitig etwas Sinnvolles getan zu haben. Der Nachtlauf für Světluška verbindet körperliche Herausforderung mit dem guten Zweck, Menschen mit Sehbehinderung zu unterstützen. Es ist ein Abend, an dem man nicht nur für sich selbst läuft, sondern auch für eine Gemeinschaft, die dringend auf Hilfe angewiesen ist.
Neben dem Lauf in Prag wird der „Glühwürmchenlauf“ (Noční běh pro Světlušku) 2025 auch in Budweis (České Budějovice) am 6. Mai und am 15. Mai in Pilsen (Plzeň) stattfinden. Weitere Informationen sowie die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie auf der offiziellen Website der Veranstaltung unter behprosvetlusku.cz.

Liebe Leserinnen und Leser, mein Name ist Luis Delport, ich komme aus Chemnitz in Sachsen und habe Anfang des Monats mein dreimonatiges Praktikum beim LandesEcho begonnen. Aktuell studiere ich Journalismus an der Hochschule Magdeburg-Stendal und habe bereits Erfahrungen im Printjournalismus gesammelt – beispielsweise in der Sportredaktion der Freien Presse, wo ich unter anderem über die Spiele des Fußballdrittligisten FC Erzgebirge Aue berichtet habe. In meiner Freizeit treibe ich gern Sport. Am liebsten bin ich auf dem Fußball- oder Basketballplatz mit Freunden unterwegs oder im Fitnessstudio aktiv. Nun wartet eine spannende Herausforderung auf mich: ein neues Land, eine fremde Stadt und eine andere Kultur. Ich werde in einer Redaktion mit neuen Arbeitsweisen tätig sein und meine journalistischen Fähigkeiten in einem internationalen Umfeld weiterentwickeln. Gleichzeitig bin ich gespannt darauf, die deutsche Minderheit in Tschechien besser kennenzulernen und Prag in all seinen Facetten zu entdecken. Ich freue mich darauf, meine Erlebnisse mit Ihnen zu teilen!