Unsere Landesbloggerin Johanna hat das Luftfahrtmuseum in Prag-Kbely besucht und war begeistert. Aus diesem Grund gibt es in diesem Landesblog einen kleinen Rückblick auf die Geschichte der tschechischen und tschechoslowakischen Luftfahrt.
Wenn es etwas gibt, dass immer wieder meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen kann, dann sind das Flugzeuge. Besonders hier in Prag, wo sie ständig über die Stadt fliegen, richtet sich mein Blick oft gen Himmel. Ständig checke ich meine Flugradar-App, um zu schauen, von wo die Flugzeuge kommen und wohin sie fliegen. Warum, das kann ich gar nicht genau sagen. Aber als ich gehört habe, dass es in Prag ein Luftfahrtmuseum gibt, das auch noch kostenlos ist, wusste ich: Da muss ich hin.
In acht Hangars und auf mehreren Flächen im Außenbereich sind dort fast 300 Flugzeuge ausgestellt, was es zu einem der größten Luftfahrtmuseen Europas macht. Diese ganzen Flugzeuge aus nächster Nähe zu sehen, hat mich ins Staunen gebracht: Was für andere das Normalste der Welt ist, ist für mich jedes Mal etwas Besonderes. Mein persönliches Highlight des Besuchs war aber die Helikopterübung auf dem Flugplatz: 100 Meter, wenn nicht höher, flog der Helikopter steil in die Luft, nur um dann Kehrt zu machen und im Sturzflug im fast perfekten 90-Grad-Winkel auf die Erde zuzurasen. Knapp vor dem Boden zog der Pilot die Nase des Helikopters wieder hoch und flog in etwa drei Metern Höhe ein paar Kreise.
Das Museum wurde bereits Ende der 1960er-Jahre eröffnet, damals nur in einem Hangar. Die restlichen Hangars sowie der Flugplatz waren noch in Benutzung. Neben Informationen zu den ausgestellten Flugzeugen ist dort auch die Geschichte der tschechischen und tschechoslowakischen Luftfahrt vom Anfang bis heute niedergeschrieben.
Anfänge der militärischen Luftfahrt
Sie beginnt im Jahr 1918, genauer am 30. Oktober – nur zwei Tage nach der Gründung der Tschechoslowakei. Damals trafen sich Soldaten tschechischer Nationalität auf der Moldau-Insel Žofin in Prag. Unter dem Kommando von Jindřich Kostrba, der auch der österreichisch-ungarischen Luftwaffe angehörte, wurde dort die neue Luftwaffe der Tschechoslowakei etabliert.
Den ursprünglich 125 Mitgliedern der Luftwaffe fehlte allerdings das Wichtigste: Flugzeuge und Flugplätze. Zunächst nutzten sie ein kleines Feld in Straschnitz (Strašnice) und vier Flugzeuge der Bauart Hansa Brandenburg. Später übernahmen sie in einem militärischen Manöver den Flugplatz im deutschböhmischen Eger (Cheb) und flogen und transportierten die 41 Flugzeuge nach Prag. Weitere 115 Flugzeuge erhielten sie aus Frankreich. Ihren ersten Einsatz hatte die Luftwaffe bei den militärischen Auseinandersetzungen an der Grenze zu Ungarn und Polen, die auf die Gründung der Tschechoslowakei folgten.
Nation der Doppeldecker
1920 wurde das erste Prager Fliegerregiment etabliert. Im selben Jahr begann der Bau des Flugplatzes Kbely, wo Testflüge des ersten in der Tschechoslowakei hergestellten Flugzeuges Letov Š-1 durchgeführt wurden. Die zweite Hälfte der 20er-Jahre gilt als “Goldene Ära” der tschechoslowakischen Luftfahrt: Es wurden zwar keine revolutionären Neuerungen in der Technik entwickelt, allerdings wurde das bestehende Konzept des Doppeldeckers perfektioniert, besonders durch den in Prag ansässigen Flugzeugbauer Aero Vodochody.
Die tschechoslowakische Luftfahrt begann jedoch langsam, hinterherzuhinken: Im Rest der Welt fokussierte man sich zunehmend auf das Bauen von Flugzeugen mit nur einer Tragfläche, in der Tschechoslowakei wurde weiter an den Doppeldeckern gearbeitet.
Nach der Etablierung des Protektorats Böhmen und Mähren durch die Nationalsozialisten mussten sich die tschechoslowakischen Fabriken für die Luftfahrt dem Produktionsprogramm des Deutschen Reichs anschließen und standen unter dem Befehl deutscher Firmen wie Junkers AG und Arado Flugzeugwerke. Zudem befanden sich 15 Prozent aller deutschen Übungsplätze auf dem Gebiet des Protektorats, auch auf dem Flugplatz Kbely befanden sich zwei Flugzeugführerschulen. Knapp zwei Monate vor dem Ende des Krieges wurde der Stadtteil Kbely Opfer eines Luftangriffs, bei dem mehr als 100 Menschen getötet und fast 200 verletzt wurden sowie 88 Flugzeuge zerstört und 51 stark beschädigt wurden.
Wiederherstellung der Luftwaffe
Nach der Befreiung der Tschechoslowakei wurden die Gruppen der tschechoslowakischen Luftwaffe, die während des Kriegs in Großbritannien und der Sowjetunion gegründet wurden, zum Kern der wiederhergestellten Luftwaffe. Schnell wurden Materialien und Besatzungen von dort zurück in die Heimat gebracht. Im April 1946 wurde das Lufttransportregiment gegründet, das in Kbely ansässig war und unter dem Befehl der Tschechoslowakischen Luftwaffe stand. Nachdem die Kommunistische Partei im Februar 1948 an die Macht kam, gab es große Veränderungen in der Führungsetage der Luftwaffe: Viele Offiziere, die schon während des Kriegs an der Westfront gedient hatten, wurden aus dem Amt enthoben und ersetzt.
In den 1950er-Jahren erhielt die Luftwaffe viele neue sowjetische Flugzeuge, die die von den Deutschen übernommenen ersetzen sollten. Allerdings wurden auch eigene Flugzeuge gebaut, so zum Beispiel der L-29 Delfin. Aero Vodochody baute insgesamt 3.665 Exemplare – ein massiver Erfolg für die Tschechoslowakei – und die Staaten des Warschauer Paktes nutzten ihn als Trainingsjet.
Internationale Zusammenarbeit
Seit der Teilung der Tschechoslowakei hat die tschechische Luftfahrt weiterhin Fortschritte gemacht. Heute produzieren Unternehmen wie Aero Vodochody und Evektor moderne Flugzeuge und haben damit internationalen Erfolg. Tschechien ist Teil der NATO und arbeitet militärisch mit europäischen Ländern zusammen – so zum Beispiel bei der Militärübung „Air Defender 23“.
Die beginnt heute und ist nach Angaben der Bundeswehr die „größte Verlegeübung von Luftstreitkräften seit Bestehen der NATO“. 25 Nationen schicken mehr als 10.000 Soldaten und 250 Flugzeuge nach Deutschland, in dessen Luftraum die Übung stattfindet. Ein Teil der Nationen starten ihre Einsätze sogar vom Luftwaffenstützpunkt in Tschaslau (Čáslav).
Das Luftfahrtmuseum Kbely hat von Mai bis Oktober täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr und freitags bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist kostenlos. Weitere Informationen auf www.vhu.cz.
Moin und Ahoj, liebe Leserinnen und Leser! Ich bin Johanna, die neue Praktikantin beim LandesEcho und freue mich, die nächsten drei Monate die tschechische Kultur und das Leben in der Hauptstadt kennenzulernen.
Aufgewachsen bin ich in einem Dorf im Norden von Deutschland. Ich habe allerdings schnell gemerkt, dass es mich raus in die Welt zieht. Nach dem Abitur habe ich meine Koffer gepackt und mich auf Europa-Reise begeben. Der erste Stopp war Prag und es hat nicht lange gebraucht, bis ich mich in die Stadt verliebt habe. Die lebensfrohen und offenen Menschen genauso wie die beeindruckende Architektur und das große Angebot an Kultur haben es mir angetan. Ich wusste: Hier muss ich noch mal wieder hin!
Jetzt, wo ich beinahe am Ende meines Journalismus-Studiums an der Hochschule Magdeburg-Stendal angekommen bin, habe ich die Möglichkeit ergriffen und mich für ein Praktikum in der Stadt an der Moldau entschieden. Ich bin gespannt darauf, Prag nicht nur aus den Augen einer Touristin zu sehen, sondern herauszufinden, wie die Menschen hier leben und welche interessanten Geschichten sich verstecken.