Einige können sich vielleicht noch schwach erinnern, aber es soll auch mal eine Zeit vor Corona gegeben haben. Eine Zeit, in der es selbstverständlich war, sich jederzeit mit Freunden zu treffen und ohne Beschränkungen in andere Länder zu reisen. Als unser LandesBlogger Anfang März nach Prag fuhr, machte er ein paar Entdeckungen. Es folgt ein kleiner Blick in die Vergangenheit.
Mein Vater hat mir einiges für mein Leben vererbt: meinen Nachnamen, meine Schuhgröße und auch meinen Fanatismus für die Fußballclubs aus Magdeburg und Stuttgart. Eine Sache hat er mir jedoch nicht mitgegeben: seine große Leidenschaft für Autos, Oldtimer und Ostfahrzeuge im Besonderen. Er selbst ist stolzer Besitzer mehrerer „Trabis“ und zweier „Simson“-Mopeds. So rollen meine Mutter und ich schon manchmal mit den Augen, wenn mein Vater bei einem gemeinsamen Ausflug ein altes Fortbewegungsmittel entdeckt, direkt sein Smartphone zückt und ein Foto davon macht, ehe er uns seine Begeisterung direkt in Form von zahlreichen wissenswerten Fakten über das Modell mitteilt. Das habe ich dann einmal zum Anlass genommen, meinen doch sehr begrenzten Wissenshorizont in Bezug auf alte Autos etwas zu erweitern.
Zweirad aus Karl-Marx-Stadt
So geschehen Anfang März in Prag. Unweit meiner neuen Unterkunft, die ich aufgrund der besonderen Umstände nur für zwei Wochen bezog, gingen wir zum Mittag in ein kleines Restaurant. Auf dem Weg dorthin entdeckte mein Vater ein erstes gutes Stück. Ein Fahrrad der Marke „Diamant“ stand angeschlossen an einem Baum. Auf einem Schild unterhalb des Lenkers war neben dem Markennamen auch der Herstellungsort zu sehen. Gebaut wurde das Zweirad im VEB Fahrradwerke Elite Diamant in Hartmannsdorf in der Nähe von Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz). Auf Rennrädern der Marke Diamant gewannen die DDR-Sportler Gustav „Täve“ Schur und Bernhard Eckstein in den Jahren 1959 und 1960 die Straßen-Weltmeisterschaften. Natürlich nicht mit so einem Rad wie es dort vor mir stand. Auch heute noch produziert „Diamant“, nach eigenen Angaben der älteste produzierende Fahrradhersteller in Deutschland, fast 200 000 Räder pro Jahr.
Dafür, dass das Gefährt am Baum schon einige Jahrzehnte und wahrscheinlich unzählige Kilometer auf dem Buckel hatte, befand es sich aber noch in einem relativ guten Zustand. Grund genug für meinen Vater, seine Entdeckung erst einmal in Bildform festzuhalten.
Fahrendes Aushängeschild der DDR
Ein Fahrzeug, welches das Straßenbild in Ostdeutschland maßgeblich geprägt hat, war zweifelsfrei der Trabant. Natürlich war auch ein solches Exemplar im ehemaligen „sozialistischen Bruderstaat“ Tschechien zu finden. Geparkt zwischen neueren Modellen der verschiedensten Automarken wirkte der „Trabi“, wie das Fahrzeug liebevoll genannt wird, regelrecht wie aus der Zeit gefallen. Ein analoges Auto zwischen fahrenden Computern mit neuester Technik. Ein paar Vorkenntnisse und nicht zuletzt das Typenschild am Heck verrieten mir, dass es sich hierbei um eine Limousine des Modells „601“ handelte. Es würde sich um eine Version aus einem früheren Abschnitt der Bauzeit handeln, stellte mein Vater fest.
Produziert wurde der „Trabant 601“ in den Ausführungen Limousine, Kombi und Kübelwagen ab 1964 in Zwickau. In den Folgejahren blieben Karosserie und Fahrzeugtechnik im Wesentlichen unverändert. Circa 2,8 Millionen dieser Modellreihe mit Duroplast-Karosse, die im Volksmund oft „Pappe“ genannt wurde, liefen bis 1990 im VEB Sachsenring vom Band. Auch hieran kam mein Vater natürlich nicht vorbei, ohne per Smartphone mehrere Bilder zu sichern.
Eine einheimische Transportmöglichkeit
Ein paar Straßen weiter erspähte mein Vater noch ein weiteres Fahrzeug, das mit Sicherheit schon einige Dienstjahre vorzuweisen hatte. Diesmal genoss das Mobil sogar Heimvorteil, denn es handelte sich um ein Modell der tschechischen Firma Škoda. Genauer gesagt um das Modell „1203“.
Wurde bereits 1956 mit der Entwicklung begonnen, startete die Produktion erst zwölf Jahre später. Das Modell wurde ursprünglich von Škoda entwickelt. Jedoch wurde die Herstellung noch in sozialistischen Zeiten zum volkseigenen Betrieb TAZ ins das slowakische Trnava verlegt. Als einziger Transporter in der ehemaligen ČSSR, kam der „1203“ in vielen Bereichen zur Anwendung. So wurde er u.a. als Krankenwagen, Feuerwehrwagen, Transporter oder Kleinbus eingesetzt. Natürlich blieb auch bei diesem Fahrzeug das Smartphone nicht ohne Bedienung der Kamerafunktion in der Tasche.
Eines kann ich mit großer Sicherheit sagen: Ein großer Autofreak werde ich wahrscheinlich nicht mehr. Jedenfalls kann ich es mir nicht vorstellen. Trotzdem ist es immer mal wieder eine schöne Abwechslung, sich interessante Fakten zu alten Fahrzeugen anzuhören. Im Zeitalter von High-Tech-Autos, die weit mehr als 200 Kilometer pro Stunde schaffen, hat eine Fahrt im Trabant schon nahezu etwas von Entschleunigung, was gerade in diesen hektischen Zeiten und bei der aktuellen Entwicklung des Weltgeschehens auch nicht gerade das Schlechteste ist.