Zeichnung: Jiří Bernard

Čauky mňauky, allerseits! Ich muss gestehen, dass mein Butler, der Herr Schmidt, mich zu Teilen zu einem deutschen Vierbeiner umgemodelt hat. Aber in fast allen entscheidenden Grundfragen bin ich nach wie vor ein tschechischer Kater und darauf auch sehr stolz.

Dass ich – anders als die tschechischen Zweibeiner – Suppe nicht als prinzipielle „Grundlage“ jedweder Ernährung anerkenne, hat mit meinem komplizierten Verdauungssystem zu tun. Nur wenn Herrn Schmidts Partnerin Anni mit sehr viel Können und einer großen Portion Liebe ihre welt- und sogar Prag-Michle berühmte Kulajda zubereitet, könnte ich schwach werden. Aber generell gilt bei mir: Büchsenfraß ist Büchsenfraß!

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Dass sich die deutschen Zweibeiner mit dem Humor schwertun, ist ein Hut, der dem Vernehmen nach deutlich älter ist als ich. Da lobe ich mir meinen tschechischen Zweibeiner. Die haben einen Humor, der mir allergrößte Freude bereitet. Vor allem dann, wenn besagter Humor so richtig giftig ist und andere bis in Mark und Bein trifft, dass die sich ärgern, bis sie platzen.

Mit anderen Worten möchte ich heute ein hohes Lied auf den tschechischen Erfindungsreichtum singen, andere bis zur Weißglut zu ärgern. Um nun endlich zum Punkt zu kommen: Ich finde es grandios, dass die Menschen in Tschechien den apokalyptischen Krieg des Irren Putin gegen die Ukraine nicht nur mit Trauer und Wut begleiten, sondern auch witzig. Zu Lasten von Putins Russland.

Ich denke dabei an die zielgerichtete Umbenennung von Straßennamen. Nicht immer nur mit behördlicher Genehmigung. So klebte jemand gleich nach Beginn des Krieges eine kleine, aber unübersehbare blau-gelbe ukrainische Fahne aus Papier auf das Straßenschild „Ruská“. Ein findiger Foto-Mensch einer Prager Zeitung hat das fotografiert und die Zeitung hat das veröffentlicht. Und mein Butler, der Herr Schmidt, hat das nicht nur gesehen und laut gelacht, sondern auch gleich als Titelfoto seiner Facebook-Seite benutzt. Es gab noch viel mehr Facebook-Nutzer, die so reagierten.

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Besonders grandios empfand ich Änderung von Straßennamen rund um die Russische Botschaft in Prag-Bubeneč. Mein Butler lebte in seinen ersten Jahren in Prag nur ein paar Hundert Meter von dieser Botschaft entfernt. Er parkte sein Auto immer in der Straße „Pod kaštany“ (dt. Unter den Kastanien), weil nur dort immer etwas frei war. In seinem ersten Prager Herbst merkte er dann auch, weshalb er dort zum Parken immer fündig wurde: Da warfen die Kastanienbäume doch tatsächlich ihre Früchte ab, die ihrerseits auf dem Dach des Butler-Autos vom tschechischen Typ „Favorit“ diverse schlimme Dellen hinterließen. Deren Beseitigung hat dann die Versicherung bezahlt. Oder Herr Schmidt mit seiner Versicherungs-Selbstbeteiligung. Das weiß er nicht mehr so genau.

In jedem Fall schlimmer war die Umbenennung der Straße für die Russische Botschaft. Die Stadt Prag widmete 2020 die Straße und den kleinen Platz vor dem Haupteingang der Botschaft dem ermordeten russischen Oppositionellen Boris Nemcov. Höchststrafe für den Kreml in Moskau. Die Russische Botschaft wollte das unterlaufen und benutzte dann als offizielle Adresse die eines Konsulatsgebäudes auf der „Korunovační“-Straße. Die wiederum ist jetzt nach dem Beginn des Krieges in „Straße der ukrainischen Helden“ umbenannt worden. Und da gibt es nun kein Vertun mehr. Die Straße heißt so und die Russische Botschaft muss neue, hochnotpeinliche Visitenkarten und Briefbögen drucken lassen.

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Der Spazierweg, der als letzte Art Straße die Russischen Botschaft oberhalb des Parks Stromovka umfasst, ist nämlich nicht als Ausweichadresse geeignet. Er heißt seit 2020 „Promenada Anny Politkovské“ (dt. Anna-Politikowskaja-Promenade). Die Journalistin Anna Politkowskaja hatte kritisch über die russischen Kriege in Tschetschenien und über Korruption in Russland berichtet und war 2006 feige von Putin-Getreuen erschossen worden.

Ich denke, jetzt verstehen Sie, weshalb ich ein sehr stolzer tschechischer Kater bin. Čauky mňauky!

? Schmidts Kater Loisl und sein Butler Hans-Jörg Schmidt ??


 Dieser Beitrag erschien in der LandesEcho-Ausgabe 4/2022.

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