Tschechiens neuer Präsident legte im Vladislav-Saal den Amtseid ab. Tausende feierten ihn anschließend im Innenhof der Prager Burg.

Der um das Jahr 1500 vom bayerischen Baumeister Benedikt Ried errichtete Vladislav-Saal der Prager Burg gilt als der bedeutendste Saalbau der Renaissance nördlich der Alpen. Er bietet den Rahmen für die feierlichsten Auftritte eines jeden tschechischen Präsidenten, inklusive seiner Amtseinführung. Wenn der den mit Hunderten Menschen gefüllten Saal mit seinem spätgotischen gerippten Deckengewölbe betritt, ertönen stets die Fanfaren aus der Smetana-Oper „Libuše“. Sie verbinden Fürstin Libuše – die erste Herrscherin der Tschechen – mit dem aktuellen Präsidenten und symbolisieren so tausend Jahre Kontinuität über alle Brüche hinweg.

So auch am Donnerstag, als der gewählte neue Präsident Petr Pavel vor den Mitgliedern des Abgeordnetenhauses und des Senats und vielen geladenen Gästen seinen Amtseid leistete. Der 61-jährige klar westlich ausgerichtete Pavel hatte die Stichwahl gegen den früheren Premier Andrej Babiš für sich entschieden.

Pavels Inthronisierung, draußen trotz durchwachsenen Wetters von Tausenden Menschen vor großen Bildschirmen verfolgt, zeigte aber nicht nur Kontinuität. Der neue Präsident brach auch bewusst mit einigen Gewohnheiten. Anders als seine Vorgänger verzichtete Pavel auf ein militärisches Zeremoniell, was bei einem früheren Nato-Militär wie ihm überraschte. Pavel wollte damit aber zeigen, dass er ein rein ziviles Amt antritt.

Nach der Ableistung des Amtseides für die kommenden fünf Jahre, bei der auch seine Vorgänger Václav Klaus und Miloš Zeman sowie Václav Havels Witwe Dagmar zugegen waren, hielt Pavel eine Ansprache. Danach erklang die Nationalhymne, begleitet von 21 Salutschüssen. In seiner Rede erinnerte Pavel an seine Verpflichtung, der Führung des Landes Würde, Respekt, Anstand und andere Werte zurückzugeben, die in den letzten Jahren verlorengegangen seien. Und er rief zu gemeinsamer Anstrengung auf, sich an die Arbeit zu machen. Seine Wähler wie seine Nichtwähler stünden vor denselben Problemen. „Nur gemeinsam können wir sie erfolgreich bewältigen“, sagte er.

Anschließend wurden Pavel und seine Ehefrau Eva auf einem Balkon von den Menschen, darunter auffallend vielen jungen, auf dem Hof der Prager Burg begeistert gefeiert. Pavel präsentierte dort als emotionalen Höhepunkt die Originalflagge des Präsidenten. Die war in der Amtszeit von Zeman aus Protest gegen dessen Anbiederung an Russland und China von Aktionskünstlern in einer Nacht- und Nebelaktion entfernt und durch eine überdimensionale rote Turnhose ersetzt worden. Pavel hatte sich erfolgreich um die Rückgabe der Flagge bemüht.

Am Denkmal für den Staatsgründer T. G. Masaryk legte Pavel anschließend Blumen nieder und schüttelte viele Hände. Im Spanischen Saal dann wieder eine Neuheit: mehrere tausend Menschen tranken dort ein Glas Wein auf das Wohl des neuen Staatsoberhauptes.

Die vielen Besucher waren teilweise schon in der Nacht auf die Burg gepilgert. Einige erlebten so, wie um Mitternacht die Präsidentenstarte über dem Amtssitz eingeholt und das Haupttor der Burg symbolisch geschlossen wurde. Begleitet von Beifall und lockeren Sprüchen, weil auf diesen Moment viele Tschechen gewartet hatten, die mit Zemans Amtsführung alles andere als glücklich gewesen waren.

Die große Anteilnahme der Bevölkerung an den Feierlichkeiten machte aber auch deutlich, welche hohen Erwartungen an den neuen Präsidenten gestellt werden. Dass sich die angesichts dessen eingeschränkter Vollmachten alle erfüllen lassen, ist ausgeschlossen.

Schon am Freitag wird mit Spannung erwartet, wie sich Pavel zum derzeit wichtigsten Vorhaben der Regierung verhalten wird. Die will eine von der Babiš-Regierung beschlossene populistisch übertriebene Erhöhung der Renten beschneiden, weil die aus ihrer Sicht das Staatsbudget überlasten würde. Pavel, der das neue Gesetz unterzeichnen muss, hat bereits Kritik daran angemeldet und will sich nächste Woche auch mit der Opposition kurzschließen. Wie immer sich Pavel entscheiden wird – er erlebt gleich zu Beginn seines Wirkens, dass er als Präsident häufig zwischen Baum und Borke stehen wird und nicht immer nur Beifall wie am Donnerstag erwarten darf.

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