Einige wirken, als hätten sie keine Kontrolle, andere sind zu schnell, manche zu zweit unterwegs. Aber natürlich gibt es auch die Rücksichtsvollen. Die Rede ist von E-Scooterfahrern. In Deutschland gibt es sie erst seit wenigen Wochen, dafür aber bereits in fast 60 Städten, in Tschechien sind sie seit Herbst 2018 in Prag unterwegs.

 

1,6 Kilometer in neun Minuten, das legt der durchschnittliche E-Scooter Fahrer in Prag zurück. Das kostet 43 Kronen, also weniger als zwei Euro. 25 Kronen muss jeder Benutzer zunächst für die Freischaltung des E-Rollers bezahlen und jede weitere angebrochene Minute kostet zwei Kronen. In Deutschland müssen ein Euro, beziehungsweise 25 Cent bezahlt werden. Diese Zahlen gelten zumindest für den Anbieter „Lime“, der die 800 Roller in Prag stellt. In anderen europäischen, auch deutschen Städten, gibt es weitere Firmen, wie „Bird“ oder „Tier“ mit eigenen Tarifen.

E-Scooter in Berlin - Foto: Friederike AschhoffJederzeit mobil

Zugegeben, ein Geschäftsmann mit Anzug, Krawatte und Aktenordner sieht beim Rollerfahren wohl nicht gerade elegant und seriös aus. Oder positiver formuliert: Er sieht ungewohnt aus. Aber man kann damit „Bewegung erleben, deine Stadt hören, neue Wege erkunden, die Atmosphäre einatmen“, verspricht zumindest die US-amerikanische Firma „Lime“ ihren Kunden. Außerdem produziert man keine direkten Abgase und manchmal ist es schneller oder günstiger, als mit den Öffentlichen. War man bisher Autofahrer, spart man sich das Warten in Staus, die lästige Suche nach einem Parkplatz oder den günstigsten Spritpreisen.

Um die Scooter zu benutzen braucht man eine App, bei der man sich mit Kreditkarte anmeldet. Auf einer Karte kann man dann die Geräte in der Umgebung und deren Akkustand sehen. Letzteres kann das Gerät beim Starten oder Fahren bergauf verlangsamen. Hat man sich für ein Gerät entschieden, scannt man dessen QR-Code und fährt los. Nachts werden die Roller eingesammelt und der Akku aufgeladen. Dafür rekrutieren die Firmen mittels der App.

In Deutschland sind die E-Scooter seit Mitte Juni erlaubt. Da wurde die „Elektrokleinstfahrzeug-Verordnung“ erlassen. Und schon waren die Schlagzeilen voll von Unfällen mit E-Scootern. Trotzdem rollen sie dort schon in 57 Großstädten und scheinen beim Kunden gut anzukommen. Für Juli wurde das Angebot mancherorts schon erweitert. Deutschlandweit sind bisher circa 250 000 Roller unterwegs, dazu zählen auch private. Auf Prags Straßen gibt es etwa 800 Geräte. Ein Startup möchte die E-Roller nun auch in Olmütz (Olomouc) einführen.

Eingebaute Unfallgefahr

Mit ihren maximal 25 km/h haben die Fahrer von E-Scootern in Deutschland und Tschechien die gleichen Privilegien und Regeln, wie Radfahrer. Das heißt, es gibt meist keine Helmpflicht, maximal eine Person ist erlaubt und es gibt eine Promillegrenze. Wie Räder, müssen auch die Roller eine Klingel und funktionierende Lichter haben. Fahren dürfen die Roller überall, wo auch Fahrräder erlaubt sind. Abgestellt werden, dürfen sie nach der Nutzung nur in speziellen Zonen. In Prag wurden solche Zonen noch nicht in allen Stadtteilen festgelegt, deshalb sind beispielsweise in Stadtteil 2 keine E-Scooter erlaubt. Ähnliches gilt übrigens auch für die Budapester Innenstadt, wo die Stadtverwaltung abgestellte Scooter einsammeln lässt.

Aber an diese Regeln hält sich nicht jeder. Viele Passanten wünschen sich deshalb, die E-Roller würden wieder ganz verschwinden. Denn manche Fahrer stellen ihren Roller einfach irgendwo ab oder fahren nur knapp an anderen Verkehrsteilnehmern vorbei. Sanktionen für Nichteinhaltungen gibt es bereits. In Prag muss man bis zu 2000 Kronen für Verkehrsbehinderungen bezahlen. In Köln wurde schon ein Führerschein eines betrunkenen Fahrers eingezogen.

Wegen eines allgemeinen Anstiegs an Unfällen mit Straßenbahnen in Prag, hat sich die Stadt etwas Besonderes überlegt, nämlich die Initiative „Neskákej mi pod kola!“E-Scooter in Breslau (Wrocław) - Foto: Tomáš Randýsek (dt.: Komm mir nicht unter die Räder). Auf Trams klebt vorne ein Totenkopf, auf den Seiten Silhouetten der Opfer, hinten steht „Pomoz mi nezabíjet!“ (dt.: Hilf mir, niemanden zu töten).

Probleme mit Unfällen gibt es auch in Deutschland. Es greift keine private Haftpflichtversicherung. Auch Datenschutz-Experten wie Thilo Weichert, der ehemalige Datenschutzbeauftragte des Bundeslandes Schleswig-Holstein, machen sich Sorgen (hier im Interview mit dem WDR), weil die App sieht, wann und wohin die Nutzer fahren.

Insgesamt wird nur sehr selten kontrolliert, ob der Fahrer nüchtern und alleine auf dem Roller unterwegs ist. Und es gibt noch mehr Gefährdungen. Bei Überprüfungen hat der ADAC laut Deutschlandfunk festgestellt, dass die eher kleinen Reifen auf Kopfsteinpflaster, aber auch bei Spurrillen und Bordsteinkanten gefährlich sind. Geht es bergab, können die Roller auch schonmal auf 50 km/h kommen. Umgekehrt versagen sich manchmal beim bergauf fahren.

Die E-Scooter Firmen selbst möchten aber auch eine Regeleinhaltung durchsetzen und werden deshalb Mitarbeiter auf die Straße schicken, die überprüfen, ob die Roller richtig abgestellt wurden. Über das GPS-Signal der Geräte kann auch eingesehen werden, ob der Nutzer in Gebiete gefahren ist, in denen Roller nicht erlaubt sind.

Das Konzept E-Roller ist noch nicht ausgereift. Es gibt noch Unklarheiten, wo sie fahren oder stehen dürfen und wie es sich bei einem Unfall verhält. Andere Sicherheitslücken müssen noch geschlossen werden. Wenn alle Vorschriften erfüllt sind und Sicherheitsstandards herrschen, ist der Boden ja vielleicht geebnet die E-Scooter als Verkehrsmittel zu akzeptieren. Denn eigentlich, sind die Roller doch nicht viel anders als (Elektro-)Räder. Es kommt auf den Fahrer und die gesetzlichen Regelungen an.


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