Seit Mitte September erinnert in Schwarzwasser ein Stein an die komplizierte und schmerzhafte Vergangenheit des Ortes und seiner Region.
Zuallererst wurde am Vormittag des 14. Septembers in der Kirche Mariä Namen in Schwarzwasser (Černá Voda) die deutsch-tschechische Wallfahrtsmesse gefeiert. Den Gottesdienst zelebrierte in beiden Sprachen der Dekan aus Freiwaldau (Jeseník), Stanislav Kotlář. Die Idee sowie die finanziellen Mittel zur Errichtung des Steins der Versöhnung stammte vom Heimatkreis Schwarzwasser. Die Bläsergruppe Zlatohorka aus Zuckmantel (Zlaté Hory) eröffnete den feierlichen Akt am Gedenkstein mit der tschechischen Nationalhymne. Danach begrüßte Bürgermeister Zdeněk Beťák die Gäste. Er erinnerte daran, dass Schwarzwasser und die gesamte Region im letzten Jahrhundert komplizierte und schmerzhafte Ereignisse durchgemacht hatten: „Dieser Stein soll an all jene erinnern, die hier ein Stück ihres Lebens zurückgelassen haben – ob gebürtige Deutsche oder Neubürger, die nach dem Krieg hier ihre Heimat fanden. Versöhnung heißt nicht vergessen. Versöhnung ist der Mut, auf die Vergangenheit zu blicken und zu entscheiden, dass sie uns nicht trennt, sondern verbindet.“ Den Deutschen dankte er herzlich, dass sie gekommen waren und den Bürgern von Schwarzwasser, dass sie diesen Moment mit Offenheit und Verständnis annahmen.
„Ein Ort, der zeigt, was möglich ist, wenn Menschen aufeinander zugehen“
Anschließend sprach Hermann Baur für die Ortsbetreuung Schwarzwasser: „In Schwarzwasser ist mit der Zeit etwas gewachsen, das hier in diesen Stein gemeißelt ist. Gemeinsam haben wir ein Zeichen gesetzt. Möge dieser Gedenkstein ein Ort der Begegnung werden. Ein Ort, an dem nicht Schuld verteilt, sondern Verständnis gesucht wird. Ein Ort, der erinnert – aber nicht anklagt. Ein Ort, der zeigt, was möglich ist, wenn Menschen aufeinander zugehen, einander zuhören und gemeinsame Wege finden.“ Es folgte die Niederlegung eines Blumengebindes mit Schleifen in den Farben der tschechischen und deutschen Nationalflagge und die Enthüllung des Gedenksteins durch Bürgermeister Zdeněk Beťák gemeinsam mit Wilhelm Rubick. Danach sprach Steffen Hörtler, Vorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft (SL), Landesgruppe Bayern und Stiftungsdirektor der Bildungsstätte Der Heiligenhof, der eigens zu den Feierlichkeiten angereist war, ein Grußwort. Anschließend erteilte Dekan Kotlář dem Stein den kirchlichen Segen. Mitfahrer Otto Ranger spielte am Flügelhorn einen erhebenden Choral und das Danklied Großer Gott wir loben Dich, letzteres begleitet vom Gesang der Teilnehmer.

Segensfeier bewegt Teilnehmer
Zum Schluss intonierte die Bläsergruppe aus Zuckmantel die deutsche Nationalhymne. Die emotionale Segensfeier ging unter die Haut. Ein absolutes Novum war, dass neben der tschechischen Nationalhymne auch die deutsche Nationalhymne dargebracht wurde. Neben den Reisenden aus Deutschland waren auch anwesend die Gemeinderäte von Schwarzwasser, die Bürgermeister der Nachbarorte, Vertreter des Verbandes der Deutschen Nordmähren und Adlergebirge aus Mährisch-Schönberg (Šumperk) und Freiwaldau (Jeseník), die Steinmetze Pelc aus Saubsdorf (Supíkovice) und Dorotík aus Schwarzwasser, die den Stein anfertigten, sowie Freunde aus Tschechien und die Ortsbevölkerung. Unter den Gästen befand sich auch Hannelore Heller, Mitglied im Vorstand der Landesgruppe Bayern und Mitglied der Bundesversammlung der SL. Im Anschluss an die Feier äußerte eine Teilnehmerin: „Das, was in Schwarzwasser gelungen ist, ist wirklich großartig! Es freut mich sehr, dass genug Mut und Ausdauer herrschte und die Idee vom Stein der Versöhnung realisiert werden konnte.“
Rückblick auf 35 Jahre Zusammenarbeit
Im Anschluss an die Segensfeier trafen sich die geladenen Gäste und die Bewohner von Schwarzwasser zum Mittagessen im Kulturhaus. Dazu spielte die Bläsergruppe Zlatohorka Volksweisen. Die ungezwungene Atmosphäre bot Raum für Gespräche und die Vertiefung der Freundschaften mit den Bewohnern von Schwarzwasser. Ortsbetreuer Wilhelm Rubick bedankte sich nach dem Mittagessen in einer Rede für die langjährige und angenehme Zusammenarbeit mit Bürgermeister und Gemeinderat. „Die heutige Segnung des Gedenksteins ist ein weiterer Meilenstein, an dem wir gemeinsam Anteil haben. Darauf können wir stolz sein.“ Dazu gab er einen Überblick über 35 Jahre Zusammenarbeit mit der Gemeinde Schwarzwasser. Als kleines Geschenk überreichte er Bürgermeister Beťák in einen Rahmen gefasste historische Bilder von Schwarzwasser.
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