In seinem ersten Interview mit internationalen Medien sprach sich der am vergangenen Wochenende neu gewählte tschechische Präsident Petr Pavel für einen Beitritt der Ukraine zur NATO aus. Auch durch ein Telefonat mit der taiwanesischen Präsidentin sorgte Pavel bereits für internationale Schlagzeilen.
Der noch amtierende tschechische Präsident Miloš Zeman pflegte eine besondere Nähe zu Russland und China. Mit der Wahl des ehemaligen NATO-Generals Petr Pavel zum tschechischen Präsidenten am vergangenen Wochenende wird sich auch der außenpolitische Ton der Prager Burg gegenüber diesen Staaten ändern. Pavels offizielle Einführung in das Amt des tschechischen Staatsoberhauptes ist zwar erst für den 9. März vorgesehen, doch schon jetzt sorgen die ersten Handlungen des gewählten Präsidenten für Aufsehen und lassen erahnen, welche Politik Pavel als tschechisches Staatsoberhaupt verfolgen wird.
Sein erstes Interview gegenüber einem ausländischen Medium gab Pavel am Mittwoch der BBC. Das Thema war vor allem der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. In dem Interview, das er vom Harras-Palais (Hrzánský palác) aus führte – seinem offiziellen Sitz bis zur Inauguration – , sprach sich Pavel wiederholt für die militärische Unterstützung der Ukraine aus, es dürfe „fast keine Grenzen“ geben, was westliche Waffenlieferungen angeht. „Ich bin stolz, dass mein Land eines der ersten war, das der Ukraine bedeutende militärische Hilfe leistete“, so Pavel. Tschechien war im vergangenen Frühjahr das erste Land, das der Ukraine Panzer schickte – aus sowjetischer Produktion. Auch die Lieferung von Kampfflugzeugen, wie etwa F-16 Kampfjets, schließt Pavel nicht aus, bezweifelt aber, wie sinnvoll dies aktuell für die Verteidigung gegen Russland sei. Bedenken, dass westliche Waffenlieferungen den Krieg weiter eskalieren ließen oder NATO-Staaten zu direkten Konfliktparteien macht, sieht Pavel nicht. „Wir haben keine Alternative“, sagte Pavel der BBC und fügte hinzu: „Wenn wir die Ukraine ohne Hilfe lassen, dann wird sie höchstwahrscheinlich diesen Krieg verlieren. Und wenn die Ukraine verliert, dann verlieren wir alle.“ Behauptungen, dass er die Tür zur Diplomatie schließe, wie dies etwa sein Konkurrent in der Stichwahl um die tschechische Präsidentschaft, Andrej Babiš, äußerte, widersprach Pavel. „Sobald es auch nur die geringste Chance für Friedensverhandlungen gibt, dann lasst uns das unterstützen. Doch von der russischen Seite gibt es dafür keine Anzeichen.“ Letztendlich liege die Entscheidung über ein Ende des Krieges allein in russischer Hand, so Pavel. Wenn der Krieg vorbei ist, hält Pavel einen Beitritt der Ukraine zur NATO schließlich für möglich. „Sie haben es wirklich verdient.“
China protestiert gegen Taiwan-Telefonat
Für Schlagzeilen hatte Pavel bereits gesorgt, nachdem er am Montag mit der taiwanesischen Staatspräsidentin Tsai Ing-wen telefonierte. Durch das Gespräch zog Pavel den Unmut Chinas auf sich, das Taiwan als sein Staatsgebiet betrachtet. „Das Telefonat stellt eine ernsthafte Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas dar und hat die Gefühle der Chinesen verletzt“, kritisierte Mao Ning, Pressesprecher des chinesischen Außenministeriums, und forderte Prag auf, Maßnahmen zu ergreifen, um „negative Auswirkungen und eine dauerhafte Beschädigung des tschechisch-chinesischen Verhältnisses zu vermeiden“.
Tschechien verfolgt zwar offiziell die sogenannte Ein-China-Politik, wonach es nur ein China gebe, das neben dem Festlandchina und Hongkong auch Taiwan umfasst. Tschechien unterhält aber auch diplomatische Beziehungen zu Taiwan, das sich als „Republik China“ bezeichnet. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter verteidigte der künftige Präsident Pavel das Telefonat: „Ich verstehe, dass China Vorbehalte gegenüber meinem Gespräch mit Taiwan hat. Wir sind aber ein souveräner Staat und tun das, was wir für richtig halten.“ Mit Taiwan verbinde Tschechien gemeinsame Werte sowie ein bedeutsamer gemeinsamer Handel. Auch von Tschechiens Regierungschef Petr Fiala (ODS) erhielt Pavel rhetorische Rückendeckung: „Die tschechische Politik gegenüber China wird sich nicht ändern und entspricht der Politik unserer Verbündeten. Tschechien respektiert und hält seine eigene Ein-China-Politik aufrecht. Als souveräner Staat entscheiden wir selbst, wen wir anrufen und wen wir treffen“, so Fiala.
Unterdessen kündigte am Mittwoch die Präsidentin des tschechischen Abgeordnetenhauses, Markéta Pekarová Adamová (TOP 09), für kommenden März einen Besuch in Taiwan an. Zuletzt hatte 2020 mit Senatspräsident Miloš Vystrčil (ODS) ein tschechischer Spitzenpolitiker Taiwan besucht.