Die Vyšehrad-Brücke (Vordergrund) gehört auch in Zukunft fest zum Erscheinungsbild Prags. Seit 2004 steht die Brücke unter Denkmalschutz.
Die Vyšehrad-Brücke (Vordergrund) gehört auch in Zukunft fest zum Erscheinungsbild Prags. Seit 2004 steht die Brücke unter Denkmalschutz. Credit: VisitCzechia

Im Streit um die Zukunft der Prager Vyšehrad-Brücke ist eine Entscheidung gefallen. Die historische Eisenbahnbrücke soll nicht abgerissen und ersetzt, sondern restauriert werden.

Verkehrsminister Martin Kupka (ODS) und Jiri Svoboda, Direktor der Eisenbahnverwaltung (SŽ), haben einem Neubau der Vyšehrad-Brücke vergangenen Woche eine endgültige Absage erteilt. Die historische Eisenbahnbrücke soll nicht abgerissen, sondern restauriert werden.

Große Sanierungspläne für Vyšehrad-Brücke

Die Restauration der Vyšehrad-Brücke soll Ende 2029 beginnen und drei Jahre dauern. Dabei werden die ursprünglichen Brückenteile von den Brückenpfeilern gehoben und am Ufer wieder instandgesetzt. Während dieser Zeit wird eine temporäre eingleisige Konstruktion anstelle der Brücke den Zugverkehr über die Moldau aufrechterhalten. Neben der Restauration der einzelnen Brückenelemente plant die SŽ zudem, die gesamte Vyšehrad-Brücke anzuheben. Der Grund dafür ist, dass das niedrige Brückendeck den Straßenbahnverkehr auf Höhe der Tramhaltestelle Výtoň behindert. Auch den Zugverkehr möchte die SŽ verbessern: Parallel zur historischen Vyšehrad-Brücke plant die Eisenbahnverwaltung in den nächsten Jahren eine zusätzliche Brücke mit einem dritten Gleis, inklusive einer neuen Zughaltestelle auf Výtoň-Seite. Für deren Planung wird die SŽ Ende nächsten Jahres einen Architektenwettbewerb ausschreiben, dessen Ergebnis bis Ende 2027 vorliegen soll.

Brückenreparatur sorgt für Kontroversen

Bürgerverbände begrüßen die Pläne, welche den Erhalt der historischen Vyšehrad-Brücke ermöglichen. Kritik kommt jedoch von Martin Kolovratník, dem stellvertretenden Verkehrsminister der ANO-Partei. Er hält die Entscheidung, die historische Vyšehrad-Brücke zu erhalten, zwar grundsätzlich für richtig, bemängelt aber, dass Verkehrminister Kupka eine entsprechende Entscheidung bereits 2023 hätte treffen sollen. So hätte sich die Eisenbahnverwaltung das Geld für einen Architekturwettbewerb zur Planung eines kompletten Brückenneubaus sparen können. Lange war nicht klar, ob die Vyšehrad-Brücke in ihrer historischen Substanz erhalten werden kann: „Es wird interessant sein zu sehen, ob einige ‚Experten falsch lagen und die Brücke doch irreparabel ist“, kommentierte Kolovratník gegenüber tschechischen Medien. 

Auch Pavel Štorch, Gründer der Initiative Nebourat.cz, begrüßt den Erhalt der historischen Eisenbahnbrücke, kritisiert jedoch die wirtschaftliche Effizienz der geplanten Arbeiten. Nach einer früheren Studie des Stiftungsfonds zur Rettung der Vyšehrad-Brücke hätte nur ein Element der dreiteiligen Brücke erneuert und durch eine provisorische Konstruktion ersetzt werden müssen. Nach dem aktuellen Plan der SŽ würden nun alle drei Elemente erneuert. „Das zeugt von großer Ineffizienz“, kommentierte Štorch gegenüber der tschechischen Presseagentur ČTK.

Denkmalschutz verhindert Neubaupläne

Die Eisenbahnbrücke über der Moldau wurde am 15. August 1872 in Betrieb genommen. Sie verbindet die Stadtteile Vyšehrad und Smíchov und stellt zugleich eine Verbindung zwischen dem Bahnhof Smíchov und dem Prager Hauptbahnhof dar. Mit ihrer historischen Nietkonstruktion gilt sie als bedeutendes technisches Kulturdenkmal. Deshalb wurde sie 2004 unter Denkmalschutz gestellt. In den vergangenen Jahren war der Zugverkehr aufgrund des schlechten Zustands der Brücke stark eingeschränkt. Daher stand lange Zeit ein Abriss und kompletter Neubau der Brücke im Raum.

Dieses Vorhaben stieß bei Stadtverwaltung, Denkmalschützern, Verbänden und auch beim UNESCO-Komitee auf Widerstand. Ausschlaggebend für den Kurswechsel zugunsten einer Reparatur war vor allem der Wunsch, das kulturelle Erbe zu erhalten. Vertreter der Firmen 2T engineering, SUDOP Praha und TOP CON SERVIS, die zuvor an einem SŽ-Wettbewerb für den Brückenneubau beteiligt waren, zeigten sich in einer gemeinsamen Stellungnahme enttäuscht: „Prag ist einzigartig und wertvoll durch die Vielfalt seiner Architektur. Jede historische Epoche hat ihre Spuren hinterlassen. Die derzeitige Praxis des Denkmalschutzes gibt der Gegenwart jedoch keine Möglichkeit, ihr Können zu zeigen und etwas Eigenes beizutragen. Unsere Generation habe in Prag nicht das Recht, etwas Zeitgenössisches zu schaffen.“ 

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