In dieser Woche hat das Abgeordnetenhaus dem umstrittenen Gesetzesentwurf Lex Ukraine 7 zugestimmt. Demnach sollen in Tschechien lebende Russen ihre russische Staatsbürgerschaft aufgeben, um die tschechische Staatsbürgerschaft zu erhalten.

Das Hauptziel von Lex Ukraine 7 ist die Ausweitung des vorübergehenden Schutzes ukrainischer Flüchtlinge. Dabei legt das Gesetz auch neue Bedingungen für aus Russland stammende Bewerber für den Erhalt der tschechischen Staatsbürgerschaft vor. Der dauerhafte Aufenthalt in Tschechien setzt zukünftig voraussichtlich den Verzicht auf die russische Staatsbürgerschaft voraus. Die Opposition kritisierte diesen Teil der Novelle als diskriminierend gegenüber der russischen Minderheit. Ein solcher Antrag bedarf außerdem auch der Zustimmung von russischer Seite. Der Innenminister und Vorsitzende der Bürgermeisterpartei STAN, Vít Rakušan, bezeichnete die geplanten Maßnahmen hingegen als Notwendigkeit. „Die Beseitigung dieser Bedrohung ist keine Diskriminierung, sondern eine Verpflichtung“, gab er gegenüber Journalisten an.

Opposition will Berufung einlegen

Wie der STAN-Abgeordnete Martin Exner erklärte, hätten die meisten in Tschechien lebenden Russen eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Damit kämen ohnehin die meisten Rechte einher, die sie im Alltag bräuchten. „Wir wollen hier keine Gemeinschaft schaffen, die die russische Staatsbürgerschaft und russische Verpflichtungen hat, also zum Beispiel in die Armee einzutreten, und gleichzeitig die Verpflichtung hat, der Tschechischen Republik gegenüber loyal zu sein“, fügte er hinzu.

Die Änderungen zu Lex Ukraine 7 liegen aktuell dem Senat vor. Anschließend wird Präsident Petr Pavel die Novelle unterzeichnen. Wie Vertreter von ANO und von der Piraten-Partei jedoch ankündigten, will die Opposition beim Verfassungsgericht Berufung gegen das Gesetz einlegen. „Wir glauben nicht, dass das Prinzip der Kollektivschuld auch gegenüber den Russen gelten sollte“, erklärte der Piraten-Abgeordnete Jakub Michálek. Ihm zufolge urteile die Regierung mit dieser feindseligen Politik übertrieben und pauschal.

Reaktion der russischen Minderheit

Innerhalb der in Tschechien lebenden russischen Minderheit stößt die Novelle ebenfalls auf Kritik. Da die Änderung jedoch Teil von Lex Ukraine 7 ist und damit der Unterstützung der Ukraine dient, würden sich die Menschen verpflichtet fühlen, dem Gesetz zuzustimmen, wie Mikhail Urvantsev, ein Vertreter der russischen Minderheit, berichtet. In Urvantsevs Fall würde die russische Regierung dem Antrag zur Auflösung seiner russischen Staatsbürgerschaft allerdings nicht zustimmen, da er den obligatorischen Militärdienst nie abgeleistet hat. Damit bleibt er aus staatlicher Sicht ein Schuldner, bis er dieser Verpflichtung nachgekommen ist. Ebenfalls ungewiss ist, ob die Russische Föderation seinen Reisepass nach Ablauf verlängern würde. Ohne die tschechische Staatsbürgerschaft könnte Urvantsevs wie auch andere der etwa 40.000 Vertreter der russischen Minderheit bald ohne Papiere dastehen.

Neben dem Änderungsantrag der Aufenthaltsbedingungen für russische Staatsbürger hat das Abgeordnetenhaus ebenfalls einem verlängerten Aufenthalt ukrainischer Flüchtlinge zugestimmt. Demnach können ukrainische Staatsbürger, die keinen Schutz benötigen, zukünftig einen besonderen Langzeitaufenthalt beanspruchen.

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