Das Haus der deutsch-tschechischen Verständigung in Gablonz (Jablonec nad Nisou) hat ein neues Buch herausgegeben. Darin werfen Petra Laurin und Jan Šebelka einen neuen Blick auf Rübezahl, den sagenhaften Herrn der Berge, mit liebevollen Illustrationen von Monika Hanika. Im Reichenberger Liebieg-Palais ist nun auch eine Ausstellung über die beliebte Sagenfigur zu sehen.
Eine neue zweisprachige, deutsch-tschechische Buchveröffentlichung erweckt den legendären Herrscher des Riesengebirges, Rübezahl (auf Tschechisch Krakonoš und auf Polnisch Liczyrzepa), zu neuem Leben. Mit der Veröffentlichung von „Krakonoš, Pán hor / Rübezahl, der Herr der Berge“ bieten die Autoren Petra Laurin und Jan Šebelka sowie die Illustratorin Monika Hanika eine faszinierende Neuinterpretation einer Gestalt, die tief in den Geschichten und der Folklore der Region verwurzelt ist.
Das Buch erschien Ende November 2024 und wird vom Haus der deutsch-tschechischen Verständigung im Gablonzer Stadtteil Reinowitz (Rýnovice) herausgegeben. Es knüpft in Format, Gestaltung und künstlerischer Umsetzung an den Erfolg des Vorgängers „Sagen und Märchen der Deutschen aus dem Isergebirge“ (2023) an. Mit 22 Sagen und Legenden über den mystischen Berggeist entführt das Werk die Leser in die raue, geheimnisvolle Welt des Riesengebirges.
Ein dunkler und facettenreicher Rübezahl
Im Gegensatz zum sanften und gütigen Rübezahl, der in Tschechien aus den Märchen von Marie Kubátová und der tschechischen Fernsehserie „Märchen aus dem Riesengebirge“ (tsch. Krkonošské pohádky) bekannt ist, zeichnet das neue Buch ein weitaus ambivalenteres Bild des Berggeistes. „Mir wurde klar, dass er für die Bewohner des Riesengebirges in früheren Zeiten genauso war wie ihre Berge: unzugänglich, geheimnisvoll, gefährlich, so launisch wie das Wetter“, erklärt Mitautor Jan Šebelka.
Die Autoren greifen auf alte Sagen zurück, die Ludmila Grossmannová-Brodská bereits 1907 sammelte. Hier wird Rübezahl als unberechenbarer Herrscher dargestellt, dessen Humor zwischen schelmisch und grausam schwankt. Seine Launen können Menschen zum Lachen bringen, aber auch in den Tod treiben.
Erinnerung an gemeinsames kulturelles Erbe
Besonders spannend ist die Herkunft seines deutschen Namens Rübezahl. Dieser soll auf eine Episode zurückgehen, in der eine kluge Prinzessin den Berggeist überlistete, indem sie ihn zwang, Rüben zu zählen, um mit ihrem Geliebten zu entkommen. Aus den deutschen Wörtern „Rübe“ und „zählen“ entstand der Name Rübezahl, der im Tschechischen als „Rýbrcoul“ überliefert wurde.
Die Veröffentlichung des Buches ist mehr als nur eine literarische Bereicherung. Es steht symbolisch für die Bemühungen des Hauses der deutsch-tschechischen Verständigung in Reinowitz, die gemeinsame Vergangenheit von Tschechen und Deutschen lebendig zu halten. „Wir wollen mit unserem Buch nicht in Konkurrenz zu den etablierten Ansichten über den Herrn des Riesengebirges treten. Wir bieten einen Vergleich an, und es bleibt jedem Leser überlassen, zu entscheiden, welcher Rübezahl ihm näher am Herzen liegt“, betont Mitautorin Petra Laurin.
Rübezahl-Ausstellung in Reichenberg
Über die vielen Facetten der sagenhaften Figur Rübezahl informiert ab 28. November bis 11. Januar 2025 eine Ausstellung des Kulturforums Östliches Europa im Liebieg-Palais in Reichenberg. Die von Ralf Pasch konzipierte Ausstellung wurde am 27. November in Anwesenheit von zahlreichen Gästen, der beteiligten Projektpartner (neben dem Deutschen Kulturforum Östliches Europa auch der Adalbert Stifter Verein, das Haus der deutsch-tschechischen Verständigung Reinowitz, das BGZ Trautenau/Trutnov und das Gemeindezentrum KONTAKT Liberec) und im Beisein des Berggeists Rübezahl persönlich feierlich eröffnet.
Zur Ausstellung ist außerdem ein Begleitprogramm geplant: Die nächste szenische Lesung (geeignet für Kinder ab 10 Jahren) findet am Mittwoch, den 4. Dezember 2024, um 17 Uhr im Liebieg-Palais statt.
Ein weiterer literarischer Tribut an die Schönheit der Berge
Neben dem Buch über Rübezahl präsentiert das Haus der deutsch-tschechischen Verständigung in diesem Jahr ein weiteres beeindruckendes Werk: „Vyznání Jizerským horám“ (dt. „Bekenntnis zum Isergebirge“). Dieses reich bebilderte Buch von Petra Laurin und Jan Šebelka mit 232 Seiten ist eine Hommage an das nördlichste Gebirge Tschechiens und die Menschen, die hier leben und arbeiten.
In sieben Kapiteln versammelt das Werk persönliche Erinnerungen, literarische Texte und historische Einblicke von über 50 Autoren, die eine enge Bindung zum Isergebirge haben. Dabei kommen sowohl bekannte Persönlichkeiten als auch zeitgenössische Schriftsteller und Künstler, die das kulturelle Erbe und die landschaftliche Schönheit der Region beleuchten, zu Wort. „Wir widmen das Buch Míla Nevrlý, Siegfried Weiss und Gustav Ginzel, drei Männern, die das Isergebirge in die Herzen der Menschen gebracht haben“, sagt Petra Laurin, eine der Autorinnen des Buches. „Sie waren es, vor allem Míla Nevrlýs Buch vom Isergebirge, die nach dem Krieg das Interesse der Öffentlichkeit an dieser vergessenen Region geweckt haben. Ihre Texte dürfen in unserem Buch natürlich nicht fehlen.“
Ergänzt wird der Textteil durch zahlreiche historische und aktuelle Fotografien, darunter bisher unveröffentlichte Aufnahmen aus dem Archiv des Nordböhmischen Museums in Reichenberg.
Das großformatige Buch, das Ende November 2024 erschienen ist, richtet sich an Leser, die sich für Natur, Kultur und Geschichte des Isergebirges interessieren. Es steht sinnbildlich für die tiefe Verbindung zwischen Mensch und Landschaft und lädt dazu ein, diese Region neu zu entdecken. Ab 3. Dezember zeigt das Haus der deutsch-tschechischen Verständigung ebenfalls eine Ausstellung zum Buch, die 2025 auch im Isergebirgsmuseum in Neugablonz zu sehen sein wird.
Die Bücher sind erhältlich in den Infozentren der Region, im tschechischen Buchhandel über www.kosmas.cz und in Deutschland per Bestellung an satz-druckvermittlung@gmx.de.