Der Prager Hauptbahnhof (Hlavní nádraží) befindet sich direkt im Herzen der Stadt. Heute feiert er seinen 150. Geburtstag.
Der Bahnhof, der seit dem 14. Dezember 1871 in Betrieb ist, feiert 2021 sein 150-jähriges Bestehen. An besagtem Dezembertag endete zum ersten Mal ein Zug aus Wien am heutigen Prager Hauptbahnhof und neun Passagiere verließen den Zug. Ursprünglich, von Erstnutzung bis 1919, trug der Bahnhof den Namen „Kaiser-Franz-Joseph-Bahnhof“ (Nádraží císaře Františka Josefa), da die Kaiser-Franz-Joseph-Bahn (von Wien nach Budweis) Richtung Norden über Prag verlängert wurde. Das historische Eingangsgebäude wurde 1876 nach den Ideen von Vojtěch Ignác Ullmann und Antonín Barviti im Stil der Neorenaissance erbaut. Die Anlage erhielt den Spitznamen „Schlossbahnhof“.
Da der Umfang des Gebäudes und die zugehörigen Gleise zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht mehr ausreichten, wurde der Hauptbahnhof vergrößert. Auch dachte man an eine Umgestaltung und rief zu einem Architekturwettbewerb auf, den schließlich der Architekt Josef Fanta gewann. Das Haupteingangsgebäude wurde nach seinen Vorstellungen im Jugendstil umgebaut und technische Fortschritte, wie unter anderem die Aufnahme des elektrische Betriebs im Jahr 1928, im Bahnhof integriert. Im gleichen Zeitraum wurden Unterführungen gebaut und zudem kam eine stählerne Bogenhalle über die Bahnsteige, die später durch eine rekonstruierte ersetzt wurde.
Nach dem Ersten Weltkrieg fand eine Umbenennung nach dem amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson in „Wilson-Bahnhof“ (Wilsonovo nádraží) statt. Diese Bezeichnung wechselte sich in der Geschichte mehrmals mit dem simplen Namen „Hauptbahnhof“ ab. Heute trägt der Prager Hauptbahnhof offiziell auch noch den Namen „Wilson-Bahnhof“, dessen klare Benennung aber selten auftritt.
Die Jugendstileingangshalle im historischen Bahnhofsgebäude. Foto: Wikipedia/ Thomas Ledl, Prag Jugendstil Hauptbahnhof 2, CC BY-SA 4.0
Das heutige Bild
1970 begann der Bau der Prager Metro und so erhielt der Bahnhof gleichzeitig eine neue große Eingangshalle, die unterhalb und einige hundert Meter vor dem ursprünglichen Eingang des historischen Gebäudes zu betreten ist. In der ausladenden, zweiteiligen Halle finden einige Cafés, Kleidungsläden und derzeit auch ein Impfzentrum Platz. Über kurze Rolltreppen gelangt man in den zweiten Teil der Halle und kurz darauf zu den drei Fußgängertunneln. Diese laufen unter den Gleisen entlang und ermöglichen es den Passagieren, die Plattformen zu erreichen. Über der großen Halle befinden sich Parkplätze und unmittelbar vor dem historischen Gebäude führt die Schnellstraße Wilsonova vorbei.
Die große zweiteilige Halle ist barrierefrei. Foto: Wikipedia/ Lynx1211, Podzemní vestibul Hlavního nádraží, CC BY-SA 4.0
Nicht zuletzt fand ab 2006 die Sanierung des historischen Eingangsgebäudes im Sinne des Jugendstils statt. Zudem wurde auch die Bahnhofshalle modernisiert.
Für Zukünftiges und Vergangenes
Erst im September dieses Jahrs ist einer der Fußgängertunnel des Hauptbahnhofs erweitert worden. Zuvor endete der Tunnel an Gleis 7 und die wenigen Meter ins Stadtviertel Žižkov waren oberirdisch durch Gleise versperrt. Die Anwohner des Stadtteils suchten sich deswegen teils gefährliche Wege über die Gleise, um sich den Weg zu verkürzen. Mit der Erweiterung des Tunnels wurde so eine direkte und kurze Verbindung zwischen den zwei Stadtteilen ermöglicht.
Derzeit ist die Schaffung einer Ruhezone auf dem Dach anstelle des heutigen Parkplatzes in Planung. Des Weiteren ist der Bau einer Kreuzung über die Hauptstraße Wilsonova zum historischen Gebäude und Stiländerungen im Inneren der Halle geplant. Im nächsten Jahr wird außerdem mit der Sanierung der anderen Unterführungen begonnen, die die Halle mit den Bahnsteigen verbinden. Ihr neues Erscheinungsbild basiert auf dem Gewinnerentwurf eines Wettbewerbs.
Das Winton-Denkmal steht auf dem Gleis 1. Foto: Thomas Ledl, Prag Jugendstil Hauptbahnhof 5, CC BY-SA 4.0
Aber auch künstlerischen Arbeiten wird Platz eingeräumt, darunter dem Denkmal von Nicholas Winton am ersten Gleis des Prager Hauptbahnhofs. Es erinnert an die Rettung von 669 tschechoslowakischen Kindern jüdischer Abstammung, einige darunter mit deutschen Wurzeln. Die Statuen zeigen Winton selbst mit einem Kind auf dem Arm, einem Kind an seiner Seite und einem Koffer.