Das Projekt „Unsere Deutschen“ wurde nach langen Jahren der Vorbereitung feierlich in Aussig (Ústí nad Labem) eröffnet.
Dem Erbe der deutschsprachigen Bevölkerung begegnet man in Tschechien auf Schritt und Tritt. Was bisher fehlte, war ein Ort der Auseinandersetzung und Erinnerung. Mit der Dauerausstellung im Stadtmuseum von Aussig (Ústí nad Labem) erinnert Tschechien nun erstmals an die deutsche Minderheit, die hier seit über 800 Jahren lebte und immer noch lebt.
„Ich bin froh, dass diese Ausstellung bewusst macht, welcher Reichtum von der deutschen Bevölkerung über Jahrhunderte geschaffen wurde“, sagte Kulturminister Lubomír Zaorálek bei der Eröffnung. „Das Zusammenleben verschiedener Identitäten haben unser Land erst interessant gemacht.“ Und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer erinnerte daran, dass Sachsen/Böhmen einst zu den stärksten Wirtschaftsregionen der Welt gehörten. „Wir sind auf einem guten Weg, da wieder hinzukommen.“
Genugtuung für alle, die hier lebten
Die innovative Wirtschaftskraft ist in der Ausstellung genauso ein Thema wie die reiche deutschsprachige Literatur mit Franz Kafka, Rainer Maria Rilke und Max Brod, ein typisches Biedermeierzimmer, Landschaftsmalerei und auch eine typisch deutsche Gaststätte. Breiten Raum nimmt die Zeit der nationalsozialistischen Annexion des Sudetenlandes und die nachfolgende Vertreibung ein. Nach 1945 wurde der Großteil der drei Millionen Deutschen vertrieben. Nur eine kleine Minderheit durfte unter der Bedingung fast vollständiger Assimilation bleiben.
Ministerpräsident Michael Kretschmer, Petra Ernstberger vom Zukunftsfonds, Kulturminister Lubomír Zaorálek und Oberbürgermeister Petr Nedvědický eröffnet die erste Dauerausstellung über die Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien. Foto: Steffen Neumann
„Diese Ausstellung ist eine Genugtuung für alle Menschen, die sich um den Aufbau dieses Landes verdient gemacht haben. Daran waren auch deutsche Pfarrer, Wissenschaftler, Handwerker und Architekten beteiligt, das wird von der heutigen tschechischen Gesellschaft allzuoft vergessen“, sagt Martin Herbert Dzingel, Präsident der Landesversammlung der deutschen Vereine.
Vom Mittelalter bis zur Vertreibung
Auf 1.600 Quadratmetern spannt die Ausstellung den großen Bogen von der Ankunft der deutschen Siedler im Mittelalter bis zur ersten Republik der Tschechoslowakei bis zur Vertreibung. Über 500 Exponate machen die Geschichte und Kultur erfahr- und sichtbar.
Die Ausstellung ist die erste ihrer Art in der Tschechischen Republik. Lange Zeit wurde das Projekt durch die unklare Finanzierung verzögert. Letztendlich unterstützte das tschechische Kulturministerium das Vorhaben mit rund 2 Millionen Euro. An dem inhaltlichen Konzept beteiligte sich ein international besetztes Expertenteam.
Ab dem 18. November ist die Ausstellung für Besucherinnen und Besucher geöffnet.