In Prag findet man viele Häuser mit Sgraffito – unser Autor von „Ahoj aus Prag!“ hat sich eines dieser Häuser auf der Prager Kleinseite einmal genauer angeschaut.
Dort, wo enge und verschlungene Gassen und uralte Häuser die Prager Kleinseite so romantisch und verwunschen aussehen lassen, wie kaum irgendwo sonst, ragt dieses Haus wie der Inbegriff feinster böhmischer Renaissancekunst noch einmal besonders heraus.
Dieser erste Eindruck täuscht allerdings, was das berühmte Kremlovský dům (Kremlov-Haus) in der Jánská 315/2 allerdings nicht im geringsten weniger entzückend erscheinen lässt. In Wirklichkeit wurde das Haus im 17. Jahrhundert (möglicherweise auf den Fundamenten eines früheren mittelalterlichen Gebäudes) zunächst einmal im Barockstil erbaut. Davon sieht man heute allerdings nur noch wenig.
Denn das heutige Aussehen verdankt das Haus einem Umbau Anfang des 19. Jahrhunderts im klassizistischen Stil und vor allen Dingen einer grundlegenden Renovierung im Jahre 1878, die den nicht vollständig umgesetzten Plänen des Baumeister František Liebl folgte. Die Neugestaltung wurde in dem damals geradezu modischen Stil der Neorenaissance durchgeführt, die sich besonders harmonisch zu der klassizistischen Gebäudestruktur verhält. Um dem Gebäude ein Flair von Renaissance zu verleihen, wurde die gesamte Fassade in einem Überschwang mit Sgraffiti überzogen. Das geschah selten so überbordend wie bei diesem Haus.
Dabei handelt es sich um eine Kratztechnik für Bilder, bei denen verschiedenfarbige Stuckschichten auf die Wand aufgetragen und anschließend in den für das Bild sinnvollen Schichten freigelegt werden. Das war in der Zeit der böhmischen Renaissance äußerst populär, etwa zu sehen beim Palais Schwarzenberg nahe der Burg, und wurde im späten 19. Jahrhundert in Prag gerne wieder aufgegriffen.
Die Sgraffiti greifen klassische Themen der Renaissance wieder auf – insbesondere antike Fabelwesen und Gryphen, aber auch pure Ornamentik. Und so steht das Haus heute in einer der schönsten Lagen der Stadt, direkt unterhalb des Palais Bretfeld und ist zu einem besonderen Blickfang für die vorbeikommenden Besucher der Stadt geworden, denen es nicht ausmachen dürfte, dass die Renaissance, die sie hier sehen, in Wirklichkeit „nur“ gut gemachte Neorenaissance ist.
Ahoj aus Prag! Seit September 2016 leben wir berufsbedingt in Prag. Wir – eigentlich Rheinländer – haben sie schon voll in unser Herz geschlossen, diese Stadt! Deshalb dieser Blog, in dem wir Fotos und Kurzberichte über das posten, was diese Stadt so zu bieten hat und was wir so erleben. Wir, das sind:
Lieselotte Stockhausen-Doering und Detmar Doering
… und unser Hund Lady Edith! Wer sich in Prag einmal umschauen möchte, wird auf diesem Blog nach einiger Zeit sicher Interessantes finden, was nicht jeder zu sehen bekommt, der die Stadt besucht. Viel Spaß beim Lesen!