Touristenfalle oder luxuriöse Wellnessbehandlung? Unsere LandesBloggerin Lena nimmt diese Woche eine ganz besondere Spa-Behandlung unter die Lupe und erkundet die Welt der Prager Bierspas.
Regelmäßig schlendere ich durch die verwinkelten Gassen der Prager Innenstadt. Meistens ziellos und mit einem Kaffee in der Hand lasse ich mich gerne durch den Trubel tragen. Schon oft sind mir dabei Reklametafeln und Broschüren für eine ganz besondere Wellness-Behandlung aufgefallen: Das „erste Bierbad”, das „älteste Bierbad” oder auch das „größte Bierbad in Prag”, werben mit Wellness und Bier, klingt für mich erstmal großartig. Trotzdem hat mich irgendwas lange davon abgehalten, einen Termin zu buchen. Die grüne Leuchtreklame und die auf acht Sprachen erhältlichen Flyern vermittelten mir ein Gefühl von Touristenfalle. Prag ist eine wunderschöne historische Stadt mit einer reichen Kultur und einer Vielzahl an Möglichkeiten zum Zeitvertreib. Doch wie in jeder anderen Metropole auch findet man vor allem in der Innenstadt und Umgebung lieblos gestaltete Orte mit überhöhten Preisen, die nur dazu da sind, unwissenden Touristen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Auch das Bierbad wirkte für mich lange wie eine solche Falle, aber als regelmäßige Saunagängerin und Wellnessenthusiastin entwickelte ich eine stetig wachsende Neugier für diesen Ort.
Eine Stunde im Hopfenwasser
Ich fing also an, mich etwas mehr mit dem Konzept „Bierbad” zu beschäftigen und beschloss, eine Stunde zu buchen. Auch beim Buchungsprozess beschlichen mich kurzzeitig Zweifel. In Prag allein befinden sich 15 Bierbad-Standorte von verschiedenen Anbietern, deren Websites und Räume alle verdächtig gleich aussehen. Am Ende buchte ich eine Stunde Wellness beim „Original Beer Spa” in der Rybná 3. Meine Entscheidung für gerade diesen Anbieter wurde stark von den verfügbaren Terminen beeinflusst. Gebucht wird online über den jeweiligen Anbieter. Kostenpunkt für eine Stunde Bierbad liegt bei 120 Euro und ist damit sicherlich keine günstige Angelegenheit. Die Website ist in acht Sprachen vorhanden, unter anderem auch Deutsch. Dort kann ausgewählt werden, ob eine oder zwei Stunden gewünscht sind. Die Räumlichkeiten des Bierspas unterscheiden sich je nach Gruppengröße, für 1-20 Personen können Räume gebucht werden. Für Gruppen ab zehn Personen auch mit zusätzlicher Sauna.
Rundumheilung im Bierbad
Ich machte mich also mit meinem skeptischen Freund im Schlepptau auf den Weg zum Spa. Dort angekommen, begrüßte uns eine freundliche Mitarbeiterin direkt auf Englisch, es scheint, als würden nicht viele Einheimische zu den Gästen gehören. Wir wurden direkt in unseren Raum geführt und nach einer kurzen Einweisung zum Bierzapfen hatten wir den Spa-Raum auch schon für uns. Die Behandlung besteht aus zwei Komponenten, einem Bier-Whirlpool mit Bierhefe und Hopfen mit anschließender Entspannung auf einem Strohbett. Laut der Website des „Original Beer Spa” sei vor allem die Bierhefe für Wohlbefinden und körperliche Gesundheit förderlich. Sie soll Falten glätten, Feuchtigkeit spenden, aber auch bei der Heilung von Leberentzündungen behilflich sein. Nicht zuletzt unterstützen die in der Bierhefe enthaltenen B-Vitamine die Verdauung und den Stoffwechsel. Sozusagen eine Rundumheilung. Aber mit der Bierhefe hört es nicht auf, auch Hopfen wird als Badezusatz hinzugefügt, dieser soll ebenfalls strapazierte Haut beruhigen und Hauterkrankungen vorbeugen. Zusätzlich findet sich auf der Website des Spas der Vermerk, dass das Trinken von Bier während der Behandlung auch noch für mentale Entspannung sorge.
Bier, Brot und Entspannung
Wir stiegen also in unseren Bottich für zwei, der direkt neben der Zapfanlage positioniert ist. In den Prager Bierbädern wird Krušovice getrunken, dabei kann zwischen einem hellen desítka (ležák) und dunkel (černý) ausgewählt werden. Als ich so von Blubberbläschen umgeben und mit einem Bier in der rechten und Bierbrot in der linken Hand durch den Raum schaute, fühlte ich mich tatsächlich entspannt. Nach ca. 30 Minuten verließen wir unsere Eichenwanne und verbrachten die verbleibende Zeit im Strohbett. Natürlich mit einem weiteren frisch gezapften Bier. Ein guter Zeitpunkt, um sich etwas über die Geschichte des Bierspas zu informieren. Leider findet sich online nur wenig zur Praktik, außer natürlich auf der eigenen Website des Bierspas. Dort lernte ich, dass das erste Bierspa vor ca. 2000 Jahren entstand und die wohltuenden Auswirkungen auch damals schon bekannt waren. Das Baden in Bier, einschließlich seines Konsums, habe in der Volksmedizin eine lange Geschichte und die Bierhefe selbst würde seit der Antike für medizinische Zwecke verwendet werden.
Als ich so in meine Lektüre vertieft war, klingelte auch schon ein kleiner Wecker auf dem Kamin. Unsere letzten zehn Minuten waren angebrochen und es wurde langsam Zeit aufzubrechen. Auf dem Weg nach draußen gab es noch die Möglichkeit, verschiedene Bierprodukte zu erwerben. Von Shampoo über Handcreme und Hopfenbadesalz war alles dabei, sodass auch dem Bierbad in den eigenen vier Wänden nichts im Weg steht. Als ich dann wieder zu Hause war und den Abend an mir verstreichen ließ, merkte ich durchaus eine innere Entspannung, ob diese durch das Bier, den Hopfen oder einfach einen netten, stressfreien Abend kam, kann ich nicht sagen. Trotzdem würde ich das Bierspa weiterempfehlen, auch wenn es sicherlich nicht typisch tschechisch ist und ganz eindeutig für Touristen ausgelegt ist, schön war es trotzdem und sicherlich etwas, was man nicht überall findet.
Ahoj všem! Ich bin Lena Pierskalla und absolviere für drei Monate ein Praktikum beim LandesEcho im Herzen von Prag. In den kommenden Monaten hoffe ich, die deutsche Minderheit in Tschechien besser kennenzulernen und die vielfältige Kultur der Landeshauptstadt zu entdecken. Ich selbst komme aus dem grünen Bielefeld (das gibt’s doch gar nicht!). Für mein Bachelorstudium verschlug es mich dann aber auf die andere Seite Deutschlands nach Leipzig. Dort fing ich an, Tschechisch zu lernen und während eines Auslandsjahrs an der Karls-Universität verliebte ich mich vollkommen in die goldene Stadt an der Moldau. Nun habe ich die Möglichkeit, meine Begeisterung für Tschechien mit meiner Liebe zum Schreiben zu verbinden. Ich interessiere mich vor allem für gesellschaftliche Themen, Politik und Kultur und freue mich, dass ich diese Themen den Leserinnen und Leser des LandesEchos näherbringen darf. Bis dahin, zatím!