Das Technikmuseum Isergebirge in Weißbach (Bíly Potok) stellt Flugzeug- Textil und Militärtechnik aus dem frühen 20. Jahrhundert aus.
Pavel Šercl steigt über die Kordel und stellt sich breitbeinig zwischen den Exponaten auf. Er beginnt an der Starterkurbel zu drehen. Ein sirrendes Geräusch schraubt sich lauter und lauter in die Höhe, bis ein ohrenbetäubendes Dröhnen die Fabrikhalle erfüllt. Pavel lässt die Kurbel los und legt mit einem schnellen Handgriff den Hebel am Motorgehäuse um.
Ein lautes Knirschen platzt aus den acht Zylindern des Flugzeugmotors, die sich mit einem Ruck in Bewegung setzen. Durch einen großen Schnitt im Motorblock sieht man die kiloschweren Kolben in den Zylindern auf- und niedersausen. Sie vollenden zwei bis drei Zyklen, dann erstirbt ihre Bewegung so schnell, wie sie eingesetzt hat, unter dem Eigengewicht der beweglichen Teile.
„20.000 Umdrehungen“, sagt Pavel. So schnell drehen sich die Zahnräder im Inneren des Starters, während er selbst die Kurbel mit maximal zwei Umdrehungen pro Sekunde dreht. Das erfordert einige Kraft, insbesondere, wenn vorne am Motor noch die Propeller montiert sind.
Vier Ausstellungen auf dem Gelände
Der Flugzeugmotor, den Pavel und sein Vater Ilja selbst präpariert haben, ist nur eines von hunderten aufwendig restaurierten Exponaten im Technikmuseum Isergebirge (Jizerzkohorské technické muzeum). Das Museum in den ehemaligen Fertigungshallen der Textilfabrik von Weißbach (Bíly Potok) bietet gleich vier verschiedene Ausstellungen: Gezeigt werden Energietechnik, Flugzeugmotoren, Überreste von Flugzeugunglücken und restaurierte Maschinen aus der Textilfabrikation. Die Ausstellungen sind reich bestückt. Zu ihren Höhepunkten zählen ein Amphibienfahrzeug, eine Druckluftkammer, zwei Flugzeuge und eine große Zahl aufwendig restaurierter Flugzeugmotoren. Jedes einzelne Exponat zeigt: Die Šercls haben eine ungeheure Arbeit in ihr Museum gesteckt. Man kann die Liebe zum Detail spüren, die sie in die Restaurierung der Stücke gesteckt haben. Besonders die aufwendige Präparierung mancher Exponate, die das Innenleben der Motoren sichtbar macht, ist ein didaktisches Meisterstück.
Ein Museum in stetem Umbau
„Wir sind jetzt schon über zwanzig Jahre hier“, sagt Šercl. Gekauft haben die beiden die ehemalige Textilfabrik im Jahr 2002. Ursprünglich diente die Fabrik zur Erweiterung ihrer Werkstatt in Reichenberg (Liberec), die allmählich zu klein wurde. Vater und Sohn arbeiten schon seit mehreren Jahrzehnten als Maschinenbauer, hauptsächlich restaurieren sie historische Verbrennermotoren. Von da lag die Idee des Technikmuseums nicht fern. Im Jahr 2011 ließen sie das Gebäude unter Denkmalschutz stellen. Dessen aufwendige Restaurierung, die sie unter enger Absprache mit den Denkmalschutzbehörden durchführten, ist noch immer nicht vollständig abgeschlossen.
Wer das Technikmuseum Isergebirge vor einigen Jahren besucht hat, der kann deshalb bei einem neuerlichen Besuch zahlreiche Veränderungen erwarten. Die Zahl der Exponate ist beständig gewachsen. Inzwischen hat das Museum auch ein eigenes, sympathisch eingerichtetes Café und zahlreiche Teile des Fabrikkomplexes sind für das Publikum zugänglich. Die Ausstellung von Textilmaschinen im dritten Stock des ehemaligen Hauptgebäudes der Fabrik kam erst vor einigen Jahren in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Textil der Universität Reichenberg zustande. Die Sammlerin Pavlína Cvrčková stellte außerdem ihre umfangreiche Sammlung von Nähmaschinen zur Verfügung. Einige der Textilmaschinen sind in betriebsbereitem Zustand und können bei Besuch des Museums in Aktion besehen werden. Manche von ihnen verwenden zum Weben von Mustern sogar ein Lochkartensystem, einen mechanischen Vorläufer späterer Computertechnologie.
Auf der Suche nach der „Reichenberg“
Das Technikmuseum Isergebirge arbeitet außerdem eng mit dem Historischen Militärinstitut in Prag zusammen, das einige der Exponate bereitgestellt hat. Ein weiteres gemeinsames Projekt verbindet das Museum mit dem Nordböhmischen Museum in Reichenberg: Die beiden Einrichtungen planen die Lokalisation und Dokumentation des Wrackes der „Reichenberg“, eines deutschen U-Boots aus dem Zweiten Weltkrieg, das unter dem Patronat der gleichnamigen Stadt stand. Das Boot sank vermutlich am 29. November 1941 im Golf von Biskaja vor der Küste Frankreichs. Mithilfe von Archivdaten soll das Wrack nun lokalisiert werden. „Es dürfte nicht weiter als zweihundert Kilometer vor der Küste liegen“, sagt Pavel Šercl, der sichtlich begeistert von dem Projekt ist.
Wer das Technikmuseum Isergebirge besuchen will, der kann sich an den Wochenenden der Nebensaison von April bis Juni und September bis Oktober auf der Website des Museums eine Führung reservieren. Dort sind auch die Eintrittspreise für den Komplex zu finden. In der Hauptsaison vom 18. Juli 2023 bis zum 31. August 2023 ist das Museum außer montags täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet und veranstaltet durchgängig Führungen. Jedem, der sich für die technologischen Errungenschaften des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts interessiert, sei das Museum ans Herz gelegt.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der Landesecho-Ausgabe 7/2023
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