Das Grömling Palais am Kleinseitner Ring gehört zu den schönsten Rokokopalästen Prags. Einst befand sich hier das berühmte Café Radetzký.
Es ist schon ein faszinierender Anblick, wie die klassischen Statuen auf dem Dachsims des Hauses mit den Heiligenstatuen der St. Nikolauskirche direkt dahinter optisch korrespondieren – auch wenn das vielleicht den vielen Touristen, die hier vorbeiströmen, verborgen bleibt.
Die Rede ist vom Grömling Palais (Palác Grömlingovský), der zentral am Kleinseitner Ring (Malostranské náměstí 5/28) gelegen ist. Der gehört zu den hübschesten Rokokopalästen Prags. Ursprünglich standen hier fünf ältere Häuser, deren Ursprung bis ins Mittelalter zurückverfolgbar ist. In den Jahren 1764 bis 1785 wurden sie Stück für Stück vom dem Advokaten Karl von Grömling erworben, der sie dann 1786 vom Architekten Josef Jäger zu einem neuen Palais zusammenfügen ließ.
Eine ästhetische Einheit mit der St. Nikolauskirche
Das Gebäude zeichnet sich von außen durch viele typische Elemente des Rokokos aus, wie etwa Muschelverzierungen, Girlanden und Rocaillen, ist jedoch recht zurückhaltend dekoriert und dafür bei der Fassade klar strukturiert, so dass es oft als ein Übergangswerk zum Klassizismus eingestuft wird. Ästhetisch bildet es trotzdem mit der barocken Kirche, an die es direkt angebaut ist, fast so etwas wie eine Einheit.
Das Grömling Palais ist einer der schönsten Rokoko-Paläste in Prag – Foto: Detmar Doering
Die Vasen und die klassisch antiken Allegorien, die sich auf dem Dach befinden, sind übrigens ein Werk des böhmischen Barockbildhauers Ignaz Franz Platzer, der sie 1787 erschuf. Das Gebäude wurde Ende des 19. Jahrhunderts noch einmal vom Architekten Jan Belský sehr behutsam renoviert.
Café Radetzký
Bemerkenswert ist, dass es nie nur als Palast (im Sinne von herrschaftlichem Sitz) genutzt wurde. Von Anbeginn befanden sich im Erdgeschoss Läden und Kaffeehäuser. Das berühmteste davon war das mondäne Café Radetzký, das hier 1874 eröffnet wurde. Benannt wurde es nach dem berühmten Feldmarschall Radetzky, der dem allbekannten Radetzky-Marsch den Namen gab. Der hatte seine Kindheit im gegenüber gelegenen Kaiserstein Palast verbracht und vor dem Café stand damals sein Denkmal, das aber nach der Unabhängigkeit der Tschechoslowakei (1918) abgetragen wurde. Seither steht es eher versteckt im Lapidarium des Nationalmuseums und es wird alle Jahre wieder diskutiert, ob es nicht vielleicht doch wieder vor dem Grömling Palais aufgestellt werden sollte.
Im Erdgeschoss befindet sich heute ein Café einer amerikanischen Kafffeehauskette – Foto: Detmar Doering
Das alte Cafe Radetzký gibt es natürlich schon lange nicht mehr. Seither hatte das Palais so seine Höhen und Tiefen erlebt. Zu letzteren gehörte die Verstaatlichung in den Zeiten des Kommunismus (1948). Die ist natürlich inzwischen rückgängig gemacht und unten im Erdgeschoss befindet sich wieder ein Café, wenngleich kein exklusives wie das Café Radetzký, sondern nur die Filiale einer amerikanischen Café-Kette. Der Ästhetik des Hauses mit seiner Lage zu Füßen der Nikolaus-Kirche tut das aber optisch keinen Abbruch.
Der Beitrag ist zuerst auf dem Blog „Ahoj aus Prag!“ erschienen.
Ahoj aus Prag! Seit September 2016 leben wir berufsbedingt in Prag. Wir – eigentlich Rheinländer – haben sie schon voll in unser Herz geschlossen, diese Stadt! Deshalb dieser Blog, in dem wir Fotos und Kurzberichte über das posten, was diese Stadt so zu bieten hat und was wir so erleben. Wir, das sind:
Lieselotte Stockhausen-Doering und Detmar Doering
… und unser Hund Lady Edith! Wer sich in Prag einmal umschauen möchte, wird auf diesem Blog nach einiger Zeit sicher Interessantes finden, was nicht jeder zu sehen bekommt, der die Stadt besucht. Viel Spaß beim Lesen!